Folgenden Text habe ich als Antrag Drucksache 16/7150 für die kommenden Plenartage eingereicht. Er wird am Donnerstag, den 06.11., etwa gegen 14:30 Uhr im Landtag NRW debattiert und abgestimmt werden. Das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) steht nach fünfjähriger Beratungszeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit kurz vor seinem Abschluss. Am 26. September 2014 wurde von den Vertragsparteien eine Erklärung zum Abschluss der Verhandlungen unterzeichnet. CETA gilt auch als Blaupause für das sich in den Beratungen befindliche Freihandelskommen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Europa, TTIP. An CETA ist vielfache Kritik laut geworden. Es heble demokratische Kontrolle aus und bevorzuge einseitig die Interessen internationaler Großkonzerne. Die Vereinbarungen sind den Parlamentariern von Bund und Ländern nicht zur Verfügung gestellt worden. Eine transparente öffentliche Debatte fand bisher ebenso wenig statt. Wegen unklarer Rechtsbegriffe im Abkommen und der fehlenden institutionellen Unabhängigkeit privater Schiedsgerichte könnten Maßnahmen und Auflagen des Landes zum Grundrechts-, Menschenrechts-, Sozial-, Arbeits-, Verbraucher-, Natur- oder Umweltschutz dem Risiko unüberschaubarer Schadensersatzforderungen ausgesetzt werden. Die privaten Schiedsgerichte, die internationale Unternehmen zur Durchsetzung ihrer Interessen anrufen können, werden ad-hoc gebildet, wobei die Verdienstmöglichkeiten der Schiedsrichter mit der Zahl der Verfahren steigen. Es gibt keine Rechtsmittel gegen einen Schiedsspruch. Selbst wenn der Staat obsiegt, ist eine vollständige Erstattung seiner Rechtsverteidigungskosten nicht gewährleistet, so dass alleine schon das hohe Kostenrisiko eine Kommune oder ein Land veranlassen kann, auf ihr Regulierungsrecht zu verzichten. Schiedsverfahren zwischen demokratischen Rechtstaaten etablieren unnötigerweise eine doppelte Gerichtsbarkeit, da ausländische Konzerne gegen Beschränkungen gleichzeitig vor staatlichen Gerichten vorgehen und vor dem privaten Schiedsgericht Entschädigung fordern können. Auch die kommunalen Spitzenverbände wenden sich in einem gemeinsamen Positionspapier zu internationalen Handelsabkommen und kommunalen Dienstleistungen vom Oktober 2014 gegen eine solche Schiedsgerichtsbarkeit. Sie sehen in den transatlantischen Freihandelsabkommen eine Gefährdung der kommunalen Rechte. Weiter besteht die Ansicht, dass CETA die demokratischen Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern vielfach beschränken. So sollen staatliche Genehmigungsverfahren laut CETA „so einfach wie möglich“ und ohne „unangemessene Verzögerung oder Verkomplizierung“ zu gestalten sein. Bei so unbestimmten Rechtsbegriffen könnte schon eine Beteiligung der Öffentlichkeit oder Umweltverträglichkeitsgutachten als „unangemessen“ oder „kompliziert“ angesehen werden. Auch dort wo das Abkommen den bestehenden Standards entsprechen soll, könnte es die gewählten Volksvertretungen an zukünftigen Änderungen hindern, etwa wenn Umwelt oder Verbraucher auf der Grundlage neuer Erkenntnisse oder einer neuen Bewertung besser geschützt werden sollen. Es ist zudem vollkommen unklar, ob das Tariftreue- und Vergabegesetz NRW als „ungerechtfertigte Diskriminierung“ oder „unnötige Handelsbeschränkung“ im Sinne von CETA verworfen würde. Im Kapitel über „Rechte am geistigen Eigentum“ finden sich zahlreiche Ansätze des von der europäischen Öffentlichkeit und vom Europäischen Parlament mehrheitlich abgelehnten ACTA-Abkommens wieder. So soll etwa privaten Internetprovidern die Durchsetzung von Urheberrechten aufgebürdet werden, wodurch die Interpretation von Gesetzen privatwirtschaftlichen Firmen überlassen würde. Bestimmte Urheberrechtsverstöße könnten sogar unter das Strafrecht fallen. CETA würde die Spielräume bei der für die laufende Legislaturperiode anvisierte und mittlerweile auch seitens der Kommission geforderte EU-Urheberrechtsreform massiv einschränken. CETA geht über bestehende Freihandelsabkommen nicht nur insofern hinaus, als es neben Handel und Dienstleistungen erstmals für jegliche „wirtschaftliche Tätigkeit“ gelten soll, beispielsweise auch für den … Weiterlesen →