Eigentlich, ja eigentlich hatten wir von der Piratenfraktion vor, erst nach unserer Sonderfraktionssitzung am Freitag, den 27.09. öffentlich zum Fraktionsaustritt von Robert Stein Stellung zu nehmen.
Aber nun hat Robert Stein mit Vorwürfen gegen die Fraktion und gegen meine Person im Besonderen im Kölner Stadtanzeiger vom 25.09. nachgelegt.
Er könne “nicht mehr widersprechen, wenn FDP-Fraktionschef Christian Lindner von einer Linkspartei mit Internetanschluss spricht”, die Verantwortung dafür sehe er bei mir und bei anderen, die diesen Kurs stützen oder sich raushalten, so Robert Stein. Darüber hinaus sagt er, dass sich nur wenige Abgeordnete in der Fraktion an den inhaltlichen Debatten beteiligen.
Das darf nicht unwidersprochen bleiben, obwohl etwas daran wahr ist.
Robert Stein selbst hat mit uns nicht inhaltlich diskutiert. Beispielsweise in einer seiner Reden im Plenum des Landtags bezeichnete er einmal die Finanzpolitik des Finanzministers als “linke Finanzpolitik” und das SPD-Bundestagswahlprogramm als links.
Ich habe ihn daraufhin, da er bei der seiner Rede folgenden Fraktionssitzung nicht anwesend war, auf einer öffentlichen Fraktionsmailingliste, wiederholt! gefragt, was er denn allgemein unter “links” und unter “linker Finanzpolitik im Besonderen” verstehe. Auf seine Antwort warte ich bis heute. Das spricht für sich.
In der vorletzten Fraktionssitzung vor der Bundestagswahl sprach ich ihn an, um einen Termin für ein Vier-Augen-Gespräch zu finden. Aufgrund voller Kalender einigten wir uns auf einen Zeitpunkt nach der Wahl. Sein Austritt kam dem zuvor. Ich erfuhr davon von einem Journalisten per Handy auf der Fahrt zur Wahlparty nach Düsseldorf.
Robert Stein äußerte zudem den Vorwurf “marxistischer Positionen” in der Fraktion, die seinem bürgerlich-liberalen Ansatz widersprechen.
Martin Delius bezeichnete die Piratenpartei gegenüber Frau Schausten im TV einmal als “zum linken Spektrum gehörig”. Das kann man machen, und es steht jedem Piraten frei, das zu tun, etwa um unsere sozialen Programmpunkte zu betonen. Aber ich bin nach wie vor der Ansicht, dass eine Einordnung im eindimensionalen Links-Rechts-Schema für die Piratenpartei als innovative Bewegung der Informations- und Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts nicht zielführend ist. M.E. sollte es unsere Aufgabe sein, einen neuen Weg zu beschreiten, der nicht mit Begrifflichkeiten des 19. Jahrhunderts spielt.
Wir haben programmatisch beschlossen, eine Partei zu sein, die insbesondere den Aspekt der Nachhaltigkeit und seine drei Säulen, die ökologische, die ökonomische und die soziale, betont.
Wenn dabei im Programm die Forderungen nach Steuern, etwa nach der Vermögenssteuer und der Finanztransaktionssteuer zu Gegenfinanzierungen und zur Bedämpfung der Finanzmärkte auftauchen, muss dies nicht zwingend als “links” bezeichnet werden. Und wenn die Linken Ähnliches im Programm haben, bitteschön, was soll uns das kümmern?
Ich lehne wie viele Piraten linken Dogmatismus und oligarchische Parteistrukturen jedenfalls ebenso ab, wie jedwede Formen des Staatsdirigismus. Staat ist der demokratisch bestimmte Gewährsträger für Gemeinwohl und Regeln für Märkte.
Auch lehne ich jedwede “Ismen” als zu dogmatisch ab. Das politische Geschäft zwingt uns jedoch oft zur kritischen Auseinandersetzung mit Ismen gleich welcher Art.
Es sei mir noch ein Satz zur politischen Ausrichtung meiner Person gestattet. Seit Mitte der Achtziger Jahre bin ich sehr positiv eingestellt gegenüber Philosophiekonzeptionen, die weder rein idealistisch noch rein materialistisch – wie der Marxismus – sind und nach meiner persönlichen Auffassung besonders gut zu den Piraten passen. Dies ist durch Veröffentlichungen meinerseits auch schriftlich belegt, hier und hier.
Wer mich einen Marxisten nennt, liegt also erstens definitiv falsch und tut dies zweitens von einem nicht zukunftsfähigen Standpunkt im alten politischen Spektrum aus.
Und wer etwa den keynesianischen oder auch postkeynesianische Ansätze der Wirtschaftspolitik als “links” bezeichnet, hat klar ein Bildungsproblem und zeigt stereotype politische Beißreflexe.
Ja, ich liebe Marx, und zwar Groucho Marx und seine Brüder.
Nick H. aka Joachim Paul