Plenarrede: Dietmar Schulz zu Gemeindefinanzierungsgesetz 2014

Mittwoch, 25. Septmeber 2013

 

TOP 2. Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das  Haushaltsjahr 2014 (Haushaltsgesetz 2014)

Gesetzentwurf der Landesregierung
Überweisung des Haushaltsgesetzes 2014, Drucksache 16/3800
Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 16/3801
Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 16/4000
Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 16/3802
Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 16/4024
Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 16/3966
1. Lesung

Unser Redner: Dietmar Schulz
Unsere Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung

 

 

 

 

Audiomitschnitt der Rede von Dietmar Schulz

Wortprotokoll zur Rede von Dietmar Schulz:

Dietmar Schulz (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Die Landesregierung bringt heute den Entwurf zum Gemeindefinanzierungsgesetz 2014 ein. Der große Wurf – so wurde es Anfang dieses Jahres bei den Beratungen zum GFG 2013 noch verlautbart – sollte es werden.

Dann aber kam das FiFo-Gutachten. Anscheinend fiel es nicht so gut wie geplant aus. Es musste natürlich ausgiebig geprüft werden. Gleichzeitig klagt jedes Jahr – fast ritualisiert – eine immer größere Anzahl an Kommunen gegen das GFG. Herr Minister Jäger sieht aber keine Spielräume zur Sanierung der Haushalte in NRW – außer durch Steuererhöhungen auf kommunaler Ebene. Der Stärkungspakt, über den wir später noch sprechen werden, zeigt eindeutig, dass der Zenit des Handlungsspielraums auf der Ebene der Kommunen längst erreicht und in manchen Bereichen bereits weit überschritten ist.

Dieses Jahr konnten wir zum ersten Mal miterleben, wie der Herr Minister die in der Verfassung festgeschriebene kommunale Selbstverwaltung durch einen Sparkommissar aushebeln ließ. Allerdings suggeriert der Begriff „Sparkommissar“ auch einen falschen Eindruck. Bisher fehlt nämlich der Beweis, dass in Nideggen ernsthaftes Sparpotenzial gefunden werden konnte. Das Gegenteil ist der Fall. Nur die Steuern wurden kurzerhand angehoben.

(Vorsitz: Präsidentin Carina Gödecke)

Aber zurück zum eigentlichen Thema: Im FiFo-Gutachten wurden einige Änderungen an der bestehenden Praxis vorgeschlagen. Wir Piraten haben bei den Beratungen des GFG 2012 auch einmal die Alternative einer Verbundquotenerhöhung vorgeschlagen. Aber fast alle Änderungen, egal aus welcher Richtung sie kamen, sind von Herrn Minister Jäger und der Landesregierung sträflich ignoriert worden – im Übrigen auch von den die Regierung tragenden Fraktionen.

Eines könnte dem Land NordrheinWestfalen und damit auch den Kommunen hier im Lande wirklich helfen: Handeln. Die Mittel der Kommunen sind weitestgehend ausgeschöpft. Die Gesetzgebungskompetenzen liegen im Land und im Bund. Hier muss in einem vertikalen Prozess etwas umgesetzt werden, was wir in NRW nicht nur durch einen horizontalen Ausgleich erreichen können. Der horizontale Ausgleichskampf wirkt an dieser Stelle eher kontraproduktiv.

Da hilft auch keine Beschönigung, wie sie in einer Pressemitteilung von Herrn Kollegen Hübner zu lesen ist, der erklären will, dass es bei der Abundanzumlage nicht ans Eingemachte der vielleicht etwas besser gestellten Kommunen in NordrheinWestfalen gehe. Natürlich reicht die gleich zu behandelnde Gesetzesvorlage nicht an bestehendes Vermögen der Kommunen heran. Dieses Vermögen, sofern es überhaupt vorhanden sein sollte, schmilzt aber dadurch, dass diesen Kommunen in Zukunft einfach weniger Geld zur Verfügung steht.

Die Auswirkung dieser Gesetzgebung ist, dass Kommunen sich ernsthaft überlegen müssen, Steuersätze zu erhöhen – gerade wenn sie wissen, dass die Mehreinnahmen anschließend ohnehin abgeführt werden sollen. Denken wir nur an den Kommunalsoli, über den gleich auch noch zu reden sein wird.

Wir von der Piratenfraktion werden diesen Prozess auf jeden Fall sehr kritisch begleiten. Herr Minister Jäger und Herr Hübner müssen zu diesem Thema noch sehr viel erklären; denn da gibt es noch etliche Fragen.

Nun zum Antrag der FDP-Fraktion: Sehr geehrter Herr Kollege Abruszat, wissenschaftliche Erkenntnisse sollten auch meiner Meinung nach umgesetzt werden. Ich hatte mich ja bereits zu der Umsetzung des FiFo-Gutachtens geäußert. Sie müssen mir aber bei Gelegenheit auch einiges erklären. Das können wir dann bei den Beratungen im Ausschuss machen.

Wir würden uns hier sicherlich nicht streiten, wenn folgende Punkte aus dem Koalitionsvertrag der letzten Legislaturperiode des Bundes besser umgesetzt worden wären. Ich zitiere einmal aus diesem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP:

„Wir werden eine Kommission zur Erarbeitung von Vorschlägen zur Neuordnung der Gemeindefinanzierung einsetzen. Diese soll auch den Ersatz der Gewerbesteuer durch einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer und einen kommunalen Zuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer mit eigenem Hebesatz prüfen.“

Wie ist diese Prüfung eigentlich ausgegangen? Was haben Ihre lieben Parteikollegen dort denn erarbeitet? Hier in Nordrhein-Westfalen ist auf jeden Fall bisher sehr wenig bis nichts zu spüren.

Im weiteren Verlauf kann man in demselben Koalitionsvertrag noch lesen:

„Die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise haben die Leistungsfähigkeit vieler Kommunen strapaziert und Fragen nach der Güte kommunaler Leistungsfähigkeit aufgeworfen. Wir beabsichtigen, den Ländern vorzuschlagen, eine gemeinsame Bestandsaufnahme zu erarbeiten und Handlungsempfehlungen zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung vorzulegen. Dabei sind auch Fragen der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden (Konnexitätsprinzip) und der Beteiligung der Kommunen an der Gesetzgebung des Bundes einzubeziehen, ebenso der Anschluss des ländlichen Raums an die Breitbandversorgung.“

Es sind größere Entlastungen für die Kommunen verabschiedet worden – aber nicht in dem Sinne, dass wir ein tragfähiges Konzept in Nordrhein-Westfalen erhalten hätten. Hier müssen die regierungstragenden Fraktionen im Land, aber auch die neue Regierung im Bund noch ordentlich nachbessern. Aber vor allem müssen wir handeln und die kommunale Selbstverwaltung in Nordrhein-Westfalen sichern und dementsprechend die ausreichende Finanzierung der Kommunen hier in Nordrhein-Westfalen sicherstellen.

Am Ende meines Beitrags sollen die Kommunen auch noch ihre Erwähnung finden. Konnexität wird bei fast jeder neuen Gesetzgebung seitens der drei kommunalen Spitzenverbände eingefordert. Dazu stehen wir Piraten auch grundsätzlich und sehen natürlich diesen berechtigten Anspruch. Allerdings stehen wir auch für Transparenz. Wer Konnexität einfordert, muss auch transparent darlegen, wo Kosten wirklich entstehen und wo nur politischer Wille dahintersteht. Bei der Umsetzung des NKF läuft man noch immer weit dem Zeitplan hinterher. Die maschinenlesbare Veröffentlichung von Haushalten würde wirklich Licht ins Dunkel mancher hier oft angeführter Argumentationen bringen. Trotz all unserer Bemühungen sehen wir leider nicht, dass sich da irgendetwas tut. Ich hoffe, wir sind uns darin einig, dass die Statistik der Kommunalfinanzen ein sehr komplexes Thema darstellt. Hier sollten wir parteiübergreifend tätig werden.

Ein erster Fortschritt wäre die Veröffentlichung der Statistik über die öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen, kurz FEU. Diese Bundesstatistik könnte uns größeren Aufschluss darüber geben, in welchen Regionen wirklicher Handlungsbedarf besteht und wo Kommunen das Mittel der Ausgründung nur deshalb betreiben, um die eigentliche finanzielle Lage zu vernebeln.

Wir Piraten hoffen ernsthaft, dass sowohl Rot-Grün als auch CDU und FDP in Bezug auf das GFG 2014 ihre Schützengräben verlassen – dass diese Gräben wirklich existieren, haben wir hier im Verlauf der Debatte gesehen – und dieses Mal wirklich über eine größere Lösung nachdenken, als lediglich den Soziallastenansatz etwas zu verschieben.

Die aktuelle Situation lässt sogar zu, dass alle, egal, ob CDU, SPD, Grüne oder FDP, ohnehin die Gräben verlassen müssen. Hier in NRW können wir für starke und solide Kommunalfinanzierung ein Zeichen setzen. Wir müssen es angehen. Tun wir es in den Beratungen im Ausschuss, und dann wird auch etwas daraus. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Schulz.

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