“Operation Last Chance”: Die letzten lebenden NS-Täter zur Verantwortung ziehen

Jew_Killings_in_Ivangorod_(1942)Der deutschen Ostfront im zweiten Weltkrieg folgte eine etwa 3000 Mann starke Tötungsbrigade, die sogenannten Einsatzgruppen. Sie wurden aus Polizisten, SD, Gestapo und Waffen-SS zusammengesetzt. Aufgeteilt in vier Gruppen bezeichnet mit A, B, C und D waren sie seit Juni 1941 in Osteuropa im Einsatz. Sie sollte in den eroberten Gebieten Führungspersonal, Beamte, Intellektuelle, Kranke und Behinderte, mutmaßliche Partisanen, vor allen Dingen aber: Juden töten.

Man umstellte die Opfer – Männer, Frauen und Kinder – und brachte sie außerhalb der Ortschaften. Dort wurden die Menschen erschossen und in Panzergräben, Steinbrüchen, Kiesgruben oder Schluchten verscharrt. Mindestens eine Millionen Mal legten diese Einsatzgruppen das Gewehr an und erschossen einen Menschen. Das Unterkommando 4a der Einsatzgruppe C etwa tötete allein am 29. und 30. September 1941 in Zusammenarbeit mit Wehrmacht und Polizei in Kiew 33.771 Juden und verscharrten sie in der Schlucht von Babyn Jar. Später kamen mobile Gaswagen zum Einsatz, damit die Massentötungen die Einheiten nicht zu sehr seelisch belasten. Darin wurden die Opfer mit den Motorabgasen ermordet.

In den NS-Archiven liegen insgesamt 195 sog. Ereignismeldungen vor, insgesamt mehr als 4000 Seiten Papier. In ihnen ist, mit Datum, Ort und konkreten Umständen, der Mord an mindestens 535.000 Menschen dokumentiert.

Im sogenannten Einsatzgruppenprozess 1947 und 48 sollten diese Taten verfolgt werden. Insgesamt 24 Kommandeure standen vor Gericht – weil der Gerichtssaal über 24 Sitze für Angeklagte verfügte. Die meisten anderen Mitglieder der Einsatzgruppen blieben trotz der klaren Quellenlage unbehelligt. Das gleiche gilt für zahlreiche Täter in Konzentrationslagern, die sich später auf Befehlsnotstand beriefen.

Tradition des Wegschauens

386px-Oradour-sur-Glane_F-2Leider hat unser Land eine lange Tradition, solche Täter weder gerichtlich zu belangen, noch sie dorthin auszuliefern, wo ihnen der Prozess gemacht wurde. Auch innerhalb NRWs gibt es unrühmliche Beispiele wie den SS-General Heinz Lammerding, der die 2. SS-Panzer-Division „Das Reich“ gegen Partisanen kommandierte. Er wurde wegen des Massakers von Ordadour in Frankreich zum Tode verurteilt. Unbesorgt vor einer möglichen Auslieferung oder Verurteilung im Inland war Lammerding nach dem Krieg als Bauunternehmer im Düsseldorfer Norden tätig, und genoss anschließend seinen Lebensabend am Tegernsee.

2013 startete das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Deutschland die Kampagne „Operation Last Chance“, mit deren Hilfe die letzten noch lebenden Kriegsverbrecher in Deutschland aufgespürt werden sollen. Zunächst wurden in Berlin, Hamburg und Köln insgesamt 2.000 Plakate mit dem Motto „Spät, aber nicht zu spät!“ aufgehängt. Auf den schwarz-roten Plakaten war das Tor zum KZ Auschwitz abgebildet.

Am 1. Oktober 2014 übergab das Simon-Wiesenthal-Zentrum dem Bundes­innen­ministerium eine Liste mit den Namen von achtzig möglicherweise noch lebenden Mitgliedern der Einsatzgruppen. Der Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums, Efraim Zuroff, wies darauf hin, dass es sich bei den auf der Liste aufgeführten Personen um die jüngsten Mitglieder der mobilen Einsatzgruppen handele, die zwischen 1920 und 1924 geboren wurden. Aufgrund dessen gehe man davon aus, dass einige davon möglicherweise noch am Leben und gesund genug seien, um angeklagt zu werden.

Liste liegt dem Bundesinnenministerium vor

Die Bundesregierung hat die Liste des Simon-Wiesenthal-Zentrums der „Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen“ in Ludwigsburg übermittelt. Aufgabe der Zentralen Stelle in Ludwigsburg ist es, das gesamte erreichbare ermittlungsrelevante Material über nationalsozialistische Verbrechen weltweit zu sammeln, zu sichten und auszuwerten. Hauptziel ist es dabei, nach Ort, Zeit und Täterkreis begrenzte Tatkomplexe herauszuarbeiten, um noch lebende und verfolgbare Beschuldigte festzustellen. Ist dies so weit wie möglich gelungen, schließt die Zentrale Stelle – die keine Anklagebehörde ist – ihre Vorermittlungen ab und leitet den Vorgang der zuständigen Staatsanwaltschaft zu.

Seit 1961 ist im Lande Nordrhein-Westfalen für die Bearbeitung nationalsozialistischer Massenverbrechen bei der Staatsanwaltschaft Dortmund die „Zentralstelle im Lande Nordrhein-Westfalen für die Bearbeitung von Nationalsozialistischen Massenverbrechen“ eingerichtet worden. Falls es zu Anklagen kommen sollte, findet der Prozess vor dem örtlich zuständigen Gericht statt.

Keine Maßnahmen der Regierung NRW

Der Justizminister des Landes NRW bekräftigte zwar auf meine Kleine Anfrage 2754 mit Schreiben vom 31. Oktober 2014, dass die Verfolgung nationalsozialistischer Massenverbrechen der Landesregierung ein zentrales Anliegen sei, antwortete aber auch, dem Justizministerium des Landes sowie der “Zentralstelle im Lande Nordrhein-Westfalen für die Bearbeitung von Nationalsozialistischen Massenverbrechen” läge die Liste gegenwärtig nicht vor. Aktive Maßnahmen seitens der Strafverfolgungsbehörden des Landes, diese Liste zu erlangen nannte der Minister nicht.

Das ist mir deutlich zu wenig. Ich erwarte, dass sich die Justizbehörden des Landes NRW sich mit allen dafür in Frage kommenden Stellen im In- und Ausland in Verbindung setzen, diese Liste besorgen und sie auswerten. Die Landesregierung sollte sich dafür verantwortlich fühlen, die dazu notwendigen Daten zu beschaffen und weiterzuleiten. Daher habe ich einen entsprechenden Antrag geschrieben.

Da sich dieses Thema allerdings nicht für parteipolitische Spielchen eignet, habe ich mich um einen gemeinsamen Beschlusstext aller Fraktionen bemüht. Ich freue mich, dass sich alle Fraktionen diesem Antrag anschließen konnten, und wir im Parlament damit ein gemeinsames, starkes Zeichen setzen konnten, gerade auch angesichts wiederaufflackernder antisemitischer Taten in Deutschland und Europa.

Gemeinsamen Antrag im Parlament erreicht

Die Holschuld des Justizministeriums aus meinem ursprünglichen Antrag wurde leider in der späteren Beratung zu einer Bringschuld aller anderen Stellen abgeschwächt – das finde ich sehr schade. Ich erwarte, dass das Justizministerium sich auch ohne eine expliziten Beschluss dafür verantwortlich fühlt, alle relevanten Informationen zur Verfolgung der letzten lebenden NS-Täter aktiv beim Bundesinnenministerium, bei den Bundesjustizbehörden und beim Simon-Wiesenthal-Center abzuholen. Der vereinbarten Berichterstattung durch die Landesregierung bis zum Ende des Jahres sehen wir gespannt entgegen.

antifapiratenIn einer aktuellen Umfrage der Bertelsmann-Stiftung sagen 81 Prozent der Deutschen, dass sie die Geschichte der Judenverfolgung gerne „hinter sich lassen“ würden. Und 58 Prozent der Befragten wollen einen regelrechten Schlussstrich unter dieses Kapitel der deutschen Geschichte ziehen.

Doch einen Schlussstrich unter diese Verbrechen darf es niemals geben! Die Mahnung an diese Verbrechen ist wichtig und muss weitergelten! Wer Geschichte vergisst, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen!


Dieser Artikel erschien zunächst bei den Ruhrbaronen und bei HaGalil.

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Tagesordnung der 84. Plenarsitzung

Donnerstag, 30. April 2015

  • Nico Kern: europäisches ziviles Seenotrettungsprogramm
  • Daniel Schwerd: Operation Last Chance
  • Frank Herrmann: Überwachungsmonster PKW-Maut
  • Olaf Wegner: Kibitz

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Unsere Anträge in der 84. Plenarsitzung

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Tagesordnung der 83. Plenarsitzung

Mittwoch, 29. April 2015

  • Joachim Paul: BND-Affäre
  • Daniel Schwerd: BND-Affäre
  • Daniel Düngel: Freiwilligenförderung
  • Frank Herrmann: Abschiebungshaft
  • Monika Pieper: Nachteilsausgleich
  • Frank Herrmann: Vorratsdatenspeicherung

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Landtag Intern, Ausgabe 3, 30.04.2015

Offener Ganztag – offene Baustelle: die OGS benötigt eine Rundumerneuerung.

Die Zustände im Offenen Ganztag sind chaotisch. Kinder werden zwar betreut, aber von einem Bildungsangebot fehlt jede Spur. Betroffene Eltern demonstrieren für eine bessere Versorgung ihrer Kinder, Einrichtungen klagen über zu geringes Budget und wenig gute Fachkräfte. Stattdessen steigen die Elternbeiträge, der kommunale Zuschuss reicht nicht. Schönheitsreparaturen reichen nicht aus, die Offene Ganztagsschule braucht eine Rundumerneuerung.

Bei der Anhörung von Sachverständigen wurde dringender Handlungsbedarf angemahnt. Die aktuellen Rahmenbedingungen stehen im krassen Gegensatz zur erforderlichen pädagogischen Qualität. Morgens werden z.B. Kinder mit Förderbedarf während des regulären Unterrichtes von einem Schulbegleiter unterstützt, nachmittags werden sie im Offenen Ganztag oft alleine gelassen. Bei einer Podiumsdiskussion unserer Fraktion haben sechs Experten über die Zukunft der OGS in NRW diskutiert.

Viele Mitarbeiter beklagten unter anderem die schlechte Personalsituation aufgrund schlechter Bezahlung und mangelnder Vollzeitstellen. Anwesende Eltern berichteten von Mängeln bei Spielgelegenheiten und der Essensversorgung. Die Landesregierung muss jetzt handeln, damit Kommunen und Träger der OGS Angebote ausbauen und die Qualität weiterentwickeln können.

 

Vollständige Ausgabe 3

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Unsere Reaktion auf die aktuelle BND-Affäre

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Wir sind gegen Fracking

Wir waren schon immer, sind es aktuell und werden es immer sein:

Wir sind gegen Fracking!

In einem Zeitungsartikel wurde am 24.04.2015 behauptet, dass „alle Landtagsfraktionen Fracking nicht ausschließen“. Das stimmt so nicht!

Wir halten an unserer Forderung nach einem Komplettverbot für Fracking nach fossilen Brennstoffen fest. Der Versuch, aus den Ergebnissen der Enquete-Kommission abzuleiten, Fracking sei jetzt eine Option, ist eine gezielte Fehlinterpretation wider besseres Wissen – geschehen von Menschen, die platt und stumpf ihre kurzsichtige Agenda verfolgen.

Die Kommission hatte Fracking ausdrücklich ausgeklammert. Einstimmig wurde gesagt, dass man sich des Themas Fracking, mit Blick auf dessen Tragweite und Auswirkungen, ein anderes Mal intensiv annehmen muss und dort eine inhaltliche Bewertung vornehmen werde. Von dieser einstimmig getroffenen Aussage aber abzuleiten, dass wir für Fracking seien, entbehrt jeglicher Grundlage.

Hanns-Jörg Rohwedder
Umweltpolitischer Sprecher der Piratenfraktion im Landtag NRW

 

Mehr zum Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Zukunft der chemischen Industrie in Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf nachhaltige Rohstoffbasen, Produkte und Produktionsverfahren“

 

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BND-Spionageskandal: Auch Unternehmen bei und aus Köln betroffen!

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In Anlehnung an die heute abgehaltene aktuelle Stunde, habe ich eine Pressemitteilung verfasst, die ich den Pressevertretern, in Köln und Umgebung, zukommen lasse.

BND-Spionageskandal – Auch Unternehmen aus und bei Köln betroffen – Daniel Schwerd erstattet Anzeige.

Daniel Schwerd, Kölner Landtagsabgeordneter der Piratenpartei erstattete heute Strafanzeige [1] gegen führende Beamte im Kanzleramt und beim Bundesnachrichtendienst (BND).
Der BND soll nach neuesten Erkenntnissen des NSA-Untersuchungsausschusses, bereits 2008 eng mit dem US-Geheimdienst NSA zusammengearbeitet und zur Ausspähung von Tausenden deutschen Unternehmen und Bürgern beigetragen haben.

Der Untersuchungsausschuss wurde darüber informiert, dass über 40.000 Suchparameter angelegt worden sind, so genannte Selektoren. Damit wurden gezielt Daten deutscher und europäischer Unternehmen an Internet-Knotenpunkten abgegriffen und Spionage betrieben. Über die Zahl der durchgeführten Operationen schweigen sich die Verantwortlichen bisher aus. Experten gehen davon aus, dass diese Zahl um ein Vielfaches höher ist.
Daniel Schwerd prangerte die Untätigkeit der Landes- und Bundesregierung in der heutigen aktuellen Stunde des Landtages an. “Es wurde bekannt, dass zwei Kommunikationsunternehmen in der Nähe von Köln vom britischen Nachrichtendienst ausgehorcht wurden. Wir waren bei einem der betroffenen Unternehmen vor Ort und haben hier im Landtag diverse Anträge gestellt, die samt und sonders abgelehnt wurden. Das Kölner Unternehmen DE-CIX wurde ebenfalls abgehört, und hat seinerseits Strafanzeige erstattet.

Eine Taktik der Nachrichtendienste ist es, gezielt Arbeitnehmer dieser Firmen auszuspionieren, um mit den gewonnenen Informationen in die Firmennetzwerke einzudringen. Es sind also Menschen in Nordrhein-Westfalen ganz persönlich betroffen.
Die verantwortlichen Politiker aus dem zuständigen Bundeskanzleramt sowie die Führungsspitze des Bundesnachrichtendienstes müssen nach §99 Strafgesetzbuch (Geheimdienstliche Agententätigkeit) zur Rechenschaft gezogen werden,” so Daniel Schwerd.

[1] Text der Strafanzeige: https://fraktion2012.piratenpartei-nrw.de/2015/04/bnd/

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Olaf Wegner zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes

Donnerstag, 30. April 2015

 

Top 13. Gesetz zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes

Gesetzentwurf der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/8446

Olaf Wegner, Sozialpolitischer Sprecher der Piratenfraktion:
„Gerade in Kitas haben Kinder zu wenig Möglichkeiten mitzubestimmen und ihre Interessen zu vertreten. Die Kinderrechte, insbesondere die Beteiligungs- und Beschwerdemöglichkeiten, werden viel zu wenig beachtet. Dabei sind sie der Kern einer bildungs- und demokratieorientierten pädagogischen Arbeit. Jedes Kind muss seine Rechte erfahren und wahrnehmen können. Das muss für alle Kindertageseinrichtungen in NRW verbindlich geregelt werden.“

Mdl Olaf Wegner/Foto A.KnipschildUnser Redner: Olaf Wegner
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung
Audiomitschnitt der Rede von Olaf Wegner anhören

Audiomitschnitt der Rede von Olaf Wegner als Download

 

 

Protokoll der Rede von Olaf Wegner

Olaf Wegner (PIRATEN): Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Menschen im Stream! Wie die Anhörung zu unserem Antrag „Kinderrechte wirklich umsetzen“ ergab und wie es auch im Kinderreport 2015 des Deutschen Kinderhilfswerkes nachzulesen ist, gibt es große bis gravierende Mängel bei der Umsetzung der UN-Menschenrechtskonvention über die Rechte der Kinder vor allem im Bereich Partizipation. Partizipation und Mitbestimmung sind aber die Königsdisziplinen bei der Umsetzung der Menschenrechte der Kinder. Weiterlesen ›

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