Landesregierung und die Geheimdienste: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.

selfie-413162_640Der Spiegel berichtet, dass die Geheimdienste NSA und GCHQ im Rahmen des Spionageprogramms “Treasure Map” Zugriff auf das Netz der Deutschen Telekom und der im Kölner Raum tätige Firma Netcologne haben. Vor einigen Wochen bereits wurde bekannt, dass auch die Satelliten-Kommunikationsanbieter Stellar und Cetel in Nordrhein-Westfalen Ziel von Geheimdienstangriffen waren. Beide Informationen stammen aus Unterlagen des US-Geheimdienstenthüllers Edward Snowden.

Im Rahmen einer “aktuellen Viertelstunde” haben wir das Thema heute im Innenausschuss des Landtages besprochen, und Fragen an das Innenminísterium gestellt.

Nicht allzu viel kam dabei rum, sinngemäß: Wir wissen nichts, von dieser Angelegenheit haben wir erst durch die Presse erfahren, wir haben keine gesicherten Erkenntnisse, es ist Bundesangelegenheit. Solange Unternehmen nicht zu den Behörden kommen, könne man nichts tun, einen Anfangsverdacht auf weitere Einbrüche sähe man nicht. Eine absolute Sicherheit gegen Hacker gibt’s nicht, ein Angriff auf die Kommunikation der Kölner Polizei sei unwahrscheinlich.

Haarsträubend, wie die Landesregierung und die Landesbehörden den Kopf in den Sand stecken. Es drängt sich die Frage auf, ob Cyber-Kompetenzzentrum und NRW-Verfassungsschutz nicht als vertrauenswürdige und seriöse Partner für NRW-Unternehmen wahrgenommen werden. Vollkommen unverständlich ist, dass man immer noch keinen Anfangsverdacht für weitere Einbrüche in Nordrhein-Westfalens Unternehmen, bzw. für Spionage gegen Bürger unseres Landes sieht.

Dazu haben wir jetzt eine Pressemitteilung rausgegeben:
https://fraktion2012.piratenpartei-nrw.de/2014/09/online-einbruche-ignoranz-des-themas-kennt-keine-grenzen/

Auch die Piraten im Kölner Rat haben sich bereits diesem Thema angenommen, und unangenehme Fragen nach der Bedeutung für die Stadtverwaltung, die Kölner Polizei und die Bürger gefragt.
http://thomashegenbarth.wordpress.com/2014/09/16/weitergehen-hier-gibts-nichts-zu-sehen/

Ein parlamentarischer Antrag dazu ist auch in Planung, ich halte Euch auf dem Laufenden.

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Online-Einbrüche: Ignoranz des Themas kennt keine Grenzen

 

Zur Aktuellen Viertelstunde im Innenausschuss zum Thema „Online-Einbruch von amerikanischen und britischen Geheimdiensten bei nordrhein-westfälischen Unternehmen und Internetproviders“ sagt Frank Herrmann, Sprecher der Piratenfraktion NRW im Innenausschuss:

„Ich bin entsetzt und verblüfft, wie Minister Jäger einfach die Brisanz des Themas wegignorieren will. Anstatt zu akzeptieren, dass hier eine ernstzunehmende Gefahr für NRW-Bürger und Unternehmen vorliegt, und entsprechend zu handeln, schließt er die Augen, zeigt nach Berlin und lehnt sich seelenruhig zurück. Mit einem Jäger, der stets zur Jagd getragen werden muss, wird sich Sicherheit im Lande nicht herstellen lassen, insbesondere nicht für Unternehmen, deren Kapital in ihren Innovationen liegt.

Auch der Verfassungsschutz leugnet die Bedrohungslage. Anstatt alle Unternehmer aktiv zu unterstützen und zu schützen, wartet man hier in Ruhe ab, bis ein interessierter Unternehmer von sich aus Hilfe einfordert. Weiterlesen ›

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Landesaktionsplan gegen Gewalt gegen Frauen

Heute findet die letzte Sitzung der Landesaktionsplan-Steuerungsgruppe “Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen in NRW” statt.

Subjektive Sitzungsprotokolle finden sich auf meiner Seite.

Ich bin glatt ein wenig wehmütig. Vor allem, weil dort immer sehr spannende Menschen (Frauen vor allem) waren aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Aus der Rechtsmedizin, von Frauenhäusern, vom Ministerium natürlich, von ganz unterschiedlichen Gruppen, Einrichtungen, Initiativen, die sich alle auf unterschiedliche Art mit dem Thema “Gewalt gegen Frauen und Mädchen” beschäftigen und diese auf unterschiedliche Art bekämpfen.

Natürlich geht es auch da um Finanzierung, z.B. von Frauenhäuser, von Beratungsstellen, auch um ASS (Anonyme Spurensicherung) etc. Aber eben nicht nur. Es geht auch darum, was man trotz des wenigen Handlungsspielraums im Haushalt von NRW eigentlich machen könnte.

Insofern ist diese Sitzung und vor allem der dann kommende Prozess spannend. Was daraus wird sich wirklich in politischer Arbeit widerspiegeln oder z.B. in der Öffentlichkeitsarbeit/der Aufklärung? Was davon kann man politisch umsetzen?

Themen der einzelnen Sitzungen kann man hier gut erkennen:

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Interessant wird langfristig diese Frage:

Wie kann die Politik NRWs das Ergebnis nutzen, um im Bundesland und darüber hinaus für Maßnahmen gegen Gewalt gegen Frauen und Mädchen?

Brainstorming:
Studie bundesweit: Evaluieren, was überhaupt wie wirkt
Schnittstellen zwischen den Resorts schaffen
Kommunen einbinden, Maßnahmen in den Kommunen verankern
Landesaktionsplan als Marketinginstrument
(Parteienübergreifend, aber auch, um finanzielle Mittel zu legitimieren oder zu werben)
Erfahrungsaustausch bundesweit, Verbündete finden
Stellungnahmen, Gesetzesinitiativen vorantreiben

Positiv

Das Gefühl, sehr viel gelernt zu haben. Fachlich und menschlich bereichernd.

Kritikpunkte

(nur einige Stichpunkte)

Die Situation von Sexarbeiter*innen wurde wenig bedacht. Ebenso fehlte die Problematik von Rassismus gegenüber Migrant*innen. Überhaupt fallen zu schnell Gruppen im Denkprozess hinten runter (Frauen mit Behinderungen, Mädchen etc.)

Die Zeitplanung ist unklar. Wann soll was womit erreicht werden?

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Verfahren eingestellt

Aktualisierung Strafanzeige: Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat mir schriftlich mitgeteilt, dass bezüglich der von mir angemeldeten Versammlung am 23.8. in der Schmiedingstraße in Dortmund “zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein strafrechtlich erhebliches Fehlverhalten nicht vorliegen.”

Das Verfahren wurde damit gem. Paragraf 170 Abs. 2 StPO “ohne weitere Beweiserhebung” eingestellt.

Weiterhin wurde die Landtagspräsidentin von der Staatsanwaltschaft über Einleitung und Einstellung des Verfahrens in Kenntnis gesetzt.

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Recht auf Stadt – Ruhrgebiet

Heute war ich bei der Vorstellung des Manifestes “Von Detroit lernen”.
Texte findet ihr hier.

Spannende, gut inszenierte Präsentation. Guckt euch das an, wenn in der Nähe von euch eine der kommenden Veranstaltungen stattfindet.

Lest die Texte. Diskutiert das. Mit Freund*innen. Arbeitskolleg*innen. Familie und so weiter.

Und dann gucken wir mal, wie es weitergeht…

Ich habe den Eindruck, im Ruhrgebiet passiert gerade sehr viel. Der Nordpol in Dortmund, das Syntopia in Duisburg, für kurze Zeit das Avanti in Dortmund. Da werden Räume geschaffen, erkämpft.

Es finden sich Menschen zusammen, die politische Diskussionen führen, wie man z.B. im Ruhrgebiet leben, arbeiten, wohnen möchte. Wie Einkommen und Arbeit entkoppelt werden könnten. Wie Leerstände genutzt werden könnten. Wie Teilhabe von allen Menschen organisiert und verbessert werden kann. Es geht darum, zu gucken, wie man Verhandlungen mit Städten führt, aber auch ums Austesten und Verschieben von Grenzen des bisher Möglichen. Um Aufbegehren. Um Verändern von Lebensräumen und Gesellschaft.

Es macht auf mich den Eindruck, dass zunehmend Menschen sich vernetzen. Menschen, die eine Vorstellung davon haben, etwas verändern zu wollen. Manchmal als vages Gefühl, manchmal mit konkreten Ideen, Projekten. Das können Wohn- und Hausprojekte sein. Das können Projekte gemeinsamer, solidarischer Ökonomie sein, Kollektivbetriebe.

Am Freitag findet z.B. eine Tanzdemo in Essen statt.

Macht mit. Traut euch. Diskutiert mit. Gestaltet mit.
Unser Leben. Unsere Städte. Unsere Möglichkeiten. Unsere Zukunft. Unsere Freiräume.

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Politik muss zwischen Fans und Polizei vermitteln

Anlässlich der heutigen öffentlichen Anhörung „Fußball vor Gewalt schützen“ sagt Frank Herrmann, Sprecher der Piratenfraktion im Innenausschuss:

„Meldeauflagen sind kein Allheilmittel. Die Fraktionen von CDU und FDP sollten die Öffentlichkeit in dieser Hinsicht nicht hinters Licht führen.

Meldeauflage wegen Kleinigkeiten oder ohne Vorstrafen können bei den meist sehr jungen Betroffenen dazu führen, dass sich Polizei und Rechtsstaat zu einem Feindbild entwickeln. Meldeauflagen stellen einen extremen Eingriff in die Freizügigkeit der Betroffenen dar. Zu diesem Mittel sollte nur gegriffen werden, wenn man den Betreffenden schwere Delikte nachweisen kann und eine Besserung sehr unwahrscheinlich ist. Weiterlesen ›

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Fraktionssitzung vom 16.09.2014

In dieser Fraktionssitzung blickten wir u. a. auf die vergangenen Plenartage zurück.
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ESF-Tagung im RuhrCongress Bochum

Auftaktveranstaltung zum ESF-Programm 2014-2020 im RuhrCongress Bochum

Vorbemerkung

Der Europäische Sozialfonds ist in NRW der große Geldgeber für Arbeitsmarktpolitik. Nur da, wo die EU über den ESF mindestens zwei Euro dazu gibt, gibt die Landesregierung einen Euro für Arbeitsmarktpolitik aus. Das wird in fast allen Bundesländern ähnlich gehandhabt.

Dementsprechend wird bei jeder Förderphase des ESF zwischen EU-Kommission, Bundes- und Länderregierungen lang und breit verhandelt, wie viel Geld die Bundesrepublik insgesamt bekommt und wie viel Geld jedes einzelne Bundesland bekommt. Dazu werden die inhaltlichen Schwerpunkte angepasst und formale Aspekte verändert.

Für die jetzige Förderphase hatten alle Akteure erwartet, das der Anteil für NRW von etwas über 700 Mio € aus der letzten Förderphase (2007-2013) drastisch sinken würde, da die Arbeitslosigkeit in den anderen EU Ländern erheblich dramatischer ist, als hier in NRW. Aber auch hier in NRW haben wir in einigen Regionen eine anhaltend hohe Arbeitslosigkeit. Dadurch wurden die Mittel für das ESF-Programm in NRW “nur” um ca. 10% gekürzt. Allerdings möchte die EU Kommission auch ein paar thematische und formale Ausrichtungen ändern.

Bericht von der Veranstaltung

Die Veränderungen von der letzten zur jetzigen Förderphase des ESF waren auf der Veranstaltung des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales (MAIS NRW) im Bochumer RuhrCongress der Veranstaltungsschwerpunkt. Der Fizz und ich haben die Veranstaltung gemeinsam besucht und uns am Nachmittag entsprechend auf zwei Slots aufgeteilt. Die Plenumsveranstaltung haben wir gemeinsam besucht:

Minister Guntram Schneider hat die Eröffnungsrede gehalten und dabei Themen wie faire Arbeit, Abgrenzung von Arbeitszeit und Freizeit, das Ausnutzen von Werkverträgen und einen erhofften Bürokratieabbau für die nächste Förderphase des ESF-Programms angeschnitten.

Toso: Die Rede war launig und sehr global. Leider ohne konkrete Vorschläge und nur mit Hinweisen auf schon bestehende Programme und Erwartungen ein wenig arm an Neuigkeiten. Kann aber auch daran liegen, das ich durch meine Teilnahme am ESF-Begleitausschuss einfach schon etwas überinformiert bin. Glücklicherweise fehlte diesmal der “sozial ist, was Arbeit schafft” – Spruch, der früher immer und bei jeder Rede zu hören war. Insgesamt aber ein Tenor, der mMn in die richtige Richtung geht.

Fizz: Guntram Schneider hat hier zunächst einmal davon berichtet, was mittels des ESF in den vergangenen Jahren gelaufen ist und versichert, dass man auch sich auch weiterhin anstrengen wird. Insofern eine gute Erläuterung für jemanden wie mich, der nicht so tief in der Materie steckt wie Toso.

Der Vertreter der EU-Kommission hat dann in seiner anschließend, und auf Englisch, gehaltenen Rede die Erwartungen der Kommission erläutert. Die Kommission möchte nicht mehr eine “Flächenförderung” sondern gezielte Förderung in Problemregionen. Es soll stärker Kontrolliert werden und der Erfolg einer Maßnahme soll belegt werden. Die Maßnahmenträger in NRW sollen verstärkt nachweisen, das sie die Ziele der EU-Kommission auch erreichen.

Toso: Erfolg scheint für die EU-Kommission allein darin zu bestehen, das Menschen im “ersten Arbeitsmarkt” eine Beschäftigung finden. Das es darüber hinaus auch um gesellschaftliche Teilhabe geht, tauchte in der Rede leider nicht auf. Auch gab es keine näheren Erläuterungen zum Streitthema der Verwaltungskosten und der Kosten für Wirtschaftstestate.

Fizz: Mir wird ja immer etwas schwindelig wenn es darum geht, in der Sozialarbeit ein Controlling einführen zu wollen. Soziale Arbeit ist nicht wirklich messbar, wir reden hier vor allem über sehr große Zeitspannen in denen sich möglicherweise in Problembezirken etwas verändert. Das konterkariert meiner Meinung nach mit der geforderten “Messbarkeit”, denn hier geht es nur um einen Zeitraum von 6 Jahren. Auch die von ihm genannten “Zwischenziele” oder Milestones können mich nicht überzeugen, mit Grauen denke ich da an die Eingliederungsverträge im SGB II Bezug. Der Vertreter der EU lobte ausdrücklich das deutsche Sozialsystem als Exportschlager, man habe sich daran orientiert was die ESF-Maßgaben anginge. Das hinterlässt mich sehr skeptisch und mit einem mulmigen Gefühl im Bauch.

Als letzter Redner hat Staatssekretär Dr. Schäffer dann noch mal sehr sachlich und anhand von div. Folien alle Schwerpunkte der neuen Förderphase aufgezählt (und die entsprechende Mittelverteilung) und versucht den Vertreter der EU-Kommission davon zu überzeugen, das die bisherigen, pauschalen, Abrechnungsmodelle zu Verwaltungskosten bei Maßnahmenträgern bisher sehr erfolgreich waren. Vielleicht kann man die EU-Kommission davon ja doch noch überzeugen.

Toso: Sobald ich alle Unterlagen und Folien im Nachgang zur Veranstaltung bekomme, werde ich diese Infos hier verlinken.

Fizz: In den Folien machte das von mir kritiserte Controlling etwa 5-7% der ESF-Förderung aus. Noch ein Kritikpunkt, das Geld sollte bei den Leuten ankommen und nicht im Bürokratiewahn versanden. Wichtig und gut finde ich hier den Ansatz, dass ein Löwenanteil der Förderung in Prävention investiert werden soll, also flach gesagt in Bildung und Jugendarbeit.

Nach dem Mittagessen ging es dann in die Arbeitsgruppen

Fizz war bei der AG 2 ESF in Region und Quartier/Armutsbekämpfung: Stadtteilbezogene Konzepte gegen Armut und soziale Ausgrenzung.

Hier berichteten zunächst einmal einige Sozialarbeiter von ihren Modellprojekten “Aktiv für Arbeit im Stadtteil” – arbeitsmarktpolitisches Netzwerkcoaching in städtischen Problemgebieten. Es wurde versucht, in mehrtägigen Workshops die Vernetzung der Akteure untereinander zu verbessern (also Arbeitsamt, Jobcenter, Sozial- und Jugendamt, freie Wohlfahrtsverbände aber auch, und das finde ich besonders bemerkenswert, die Wirtschaft). Anschließend wurden von diesen Akteuren gemeinsam Familienzentren in den sozialen Brennpunkten eingerichtet, welche als Anlaufstelle für Hilfesuchende diente, aber auch als Begegnungs- und Freizeitzentrum diente. Diese Angebote wurden auch offensiv beworben und, dem vernehmen nach, gut angenommen und haben etwas bewirkt.

Diesen integrativen Ansatz finde ich sehr gut. Ein Begegnungszentrum in dem man neben Kaffee und Kuchen auch ein Beratungsgespräch findet, wo man neben dem Kickertisch die aktuellen Jobangebote von ARGE und Jobcenter einsehen kann. Wo man zur Not auch seine Kids mal einen Nachmittag hinschicken kann. Wo Kulturen aufeinandertreffen und die Chance haben, sich kennenzulernen. Vieles, was wir aus der klassische Großfamilie kennen, wird hier abgebildet. Ich kenne diese Bemühungen aus Soest, wo allerdings freie Träger (AWO, SEN, Integrationsrat, Kirchen, Stadteilkonferenz) diese Aufgaben kleinteiliger und nicht vollständig kooperativ übernehmen.

Danach stellten Mitarbeiter des MAIS den künftigen Fahrplan vor. Es wird auch in Zukunft das Programm “soziale Stadt” geben, die Bewerbungsvoraussetzung hierzu soll jedoch ein aktuelles, integriertes Handlungskonzept für den Stadteil sein. Damit sind städtebauliche Maßnahmen aber auch soziale Projekte wie oben genanntes Familienzentrum über den ESF förderungswürdig. Die Ausschreibung hierzu wird Ende des Jahres erfolgen, mit ersten Bewerbungen wird Anfang / Mitte 2015 gerechnet. Es lohnt sich also schon jetzt für die Kommunen, ein solches Handlungskonzept zu erstellen bzw. zu aktualisieren und fortzuschreiben.

Auch war die Rede davon, das künftig “Coaches” vom Land eingesetzt werden sollen, die, angefordert von der Kommune, versuchen sollen, für problematische Stadteile eine Lösungskonzept zu erarbeiten. Ich halte das für Praktikabel, oftmals sind die Kommunen mit diesen Stadteilen überfordert und ignorieren die Probleme schlichtweg, da es ja nicht en vogue ist, Probleme ohne Lösungen zu präsentieren.

Ich war in der AG 4 Erwerbslosigkeit: Soziale Teilhabe und Integration in Arbeit

Der erste Vortragende war Prof. Dr. Matthias Knuth vom Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ) an der Uni Dusiburg-Essen. Der Vortrag selbst war unterstützt durch eine Baemerpräsentation gespickt mit wissenschaftlichen Ausarbeitungen und einige sehr interessanten Statistiken, die einiges an Zahlenmaterial miteinander in Relation setzte, was ich in der Form noch nicht miteinander in Verknüpfung gesehen habe.

Beispielsweise hat Herr Prof. Dr. Knuth anhand von Statistiken der Bundesagentur für Arbeit geschaut, wie sich die Reformen der Hartz-Kommission auf einzelne Gruppen von Arbeitslosen ausgewirkt haben. Und zwar unterteilt nach der Dauer der Arbeitslosigkeit und wie sich diese Effekte im Laufe der Folgejahre verändert haben. Ergebnis: Für diejenigen, die weniger als ein Jahr arbeitslos waren, sieht man, das schneller wieder eine neue Erwerbstätigkeit aufgenommen wurde.

Herr Prof. Dr. Knuth führte diesen Effekt allerdings darauf zurück, das diese Personengruppe eh die Möglichkeit hatte eine Anstellung zu bekommen und einfach nicht in “Hartz IV” rutschen wollte. Auf alle anderen Gruppen hatten die von der Hartz-Kommission vorgeschlagenen und umgesetzten Änderungen keinen Einfluss darauf, wie schnell (oder auch gar nicht) sie wieder eine Anstellung bekamen. Egal, ob zwei, vier Jahre oder länger Arbeitslos.

Sehr interessant fand ich dann auch einen Datensatz, der in Verbindung brachte, wie krank sich ein Mensch im SGBII Bezug fühlt und wie leistungsfähig er sich selber einschätzt. Alle diese Folien und statistischen Daten wurden sehr gut erläutert. Prof. Dr. Knuth stellte dann auch folgerichtig die Frage, ob eine Integration in den s.g. ersten Arbeitsmarkt immer das Ziel sein muss oder überhaupt kann. Oder ob es nicht um gesellschaftliche Teilhabe eines Menschen geht. Und das es viele Menschen gibt, für die alleine durch die Stigmatisierung des SGBII-Bezuges “die Tore in den ersten Arbeitsmarkt fest verschlossen sind”. “Egal mit welchen Sanktionen wir diese Menschen vor die Tore der Wirtschaft treiben, sie werden keinen Einlass finden.”

Hier sprach er dann davon diesen Menschen eine gesellschaftliche Teilhabe jenseits der Integration in den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Er regte damit den Bezug eines stigmatisierungsfreien Existenzminimums ohne Gegenleistung an. Allerdings darf dieser Ausstieg auch aus der Förderung nur freiwillig und vom “Betroffenen” entschieden werden.

Ein extrem interessanter Vortrag. Ich werde versuchen diesen Vortrag, oder zumindest die Folien dazu ins Netz zu bekommen. Hier fand ich echt schade, das die Veranstaltung nicht gestreamt oder zumindest aufgenommen worden ist. Ich werde das als Anregung ans MAIS geben, das bei Folgeveranstaltungen zu berücksichtigen. Lutz Wende vom Institut für Stadt- und Regionalentwicklung der Fachhochschule Frankfurt a.M. berichtete dann von einem eher ganzheitlichen Netzwerkansatz, der den “Betroffenen” im SGBII Bezug mehr Mitspracherecht und den handelnden Verwaltungsangestellten die Sichtweise der “Betroffenen” näher bringen soll.

Irgendwie hat mich der Ansatz nicht überzeugt. Ich habe zwar Ähnlichkeiten zu Modellprojekten, wie z.B. in Rotterdam, gesehen, aber irgendwie ist der Ansatz ein bischen als Zusatz rübergekommen, der auf wenig Gegenliebe stoßen dürfte.

Andreas Koch vom ISB e.V. [4] hat dann am Beispiel Dortmund das Projekt “Aktiv statt passiv!” vorgestellt und noch mal sehr deutlich herausgestellt, das Fördern eine tolle Sache ist, aber Fordern bei vielen SGBII-Beziehern komplett ins leere läuft. Er nannte hier das Beispiel von 26.000 gering qualifizierten, arbeitssuchenden Menschen in Dortmund und den zur Zeit ca. 700 freien Stellen im gleichen Qualifizierungssegment in Dortmund. Und nicht jeden Menschen kann man weiter qualifizieren. Und das sagt mit Andreas Koch ein Mensch mit langjähriger Erfahrung in dieser “Qualifizierungsindustrie”. Er zog damit auf die gleichen Schlüsse wie Prof. Dr. Knuth. Der eine aus der wissenschaftlichen Sicht, der andere aus der Sicht des Praktikers.

Die beiden Vertreterinnen des MAIS, Frau Dr. Julia Brennecke und Frau Frauke Füsers haben noch mal über Schwerpunkte und formale Dinge des ESF gesprochen. Die anschließende Fragerunde fiel sehr kurz aus, da der Zeitplan der Veranstaltung der eng gesetzt war.

Irgendwie sollte Politik von dieser endlosen Sozialmissbrauchsdebatte zu echten Lösungen hinbewegen. Die Realität ist: es gibt Menschen, die auch ohne körperliche Gebrechen nicht auf dem s.g. ersten Arbeitsmarkt integriert werden können. Sei es durch Gründe, die bei diesen Menschen liegen, sei es durch Gründe, die am Arbeitsmarkt liegen. Wir tun weder diesen Menschen noch unserer Wirtschaft einen Gefallen, wenn wir hier ein Miteinander erzwingen wollen. Offene Angebote ja, Zwang nein. Das sind an der Gesamtzahl der Bevölkerung nur sehr wenige Menschen. Wahrscheinlich zwischen 1 und 3% der Bevölkerung. In einer Gesellschaft mit funktionierenden Großfamilienverbänden (aka Früher) gab es diese Menschen auch und sie wurden halt vom Familienverband versorgt.

Heutzutage ist diese Aufgabe an die gesamte Gesellschaft gefallen.Wenn sich diese Gesellschaft nicht zu einem BGE durchringen möchte und ein BGE nicht mal begrenzt testen will, muss man wenigstens eine Grundsicherung ohne beständigen Druck etablieren. Ohne Stigmatisierung und im Dialog mit allen Beteiligten. Ob das ESF-Programm dazu beiträgt, darf bezweifelt werden. Hier wird beständig von messbarer Leistung gesprochen, das widerspricht einer Grundsicherung elementar.

———
Update
Inzwischen ist auch im MAIS der Bericht zur Veranstaltung fertig
http://www.arbeit.nrw.de/esf/in_menschen_investieren/foerderphase_2014_bis_2020/esf_auftakt_2014_bericht/index.php
Dort findet man neben einer Fotogalerie auch die Reden von Minister Guntram Schneider
http://www.arbeit.nrw.de/pdf/esf/esf_auftaktveranstaltung_2014/ESF_rede_minister.pdf
vom Vertreter der EU, Herrn Peter Stub Jørgensen
http://www.arbeit.nrw.de/pdf/esf/esf_auftaktveranstaltung_2014/esf_speech_ps_jorgensen_english.pdf (englisches Original)
http://www.arbeit.nrw.de/pdf/esf/esf_auftaktveranstaltung_2014/esf_rede_ps_jorgensen_deutsch.pdf (deutsche Übersetzung)
Herrn Staatssekretär Dr. Wilhelm Schäffer
http://www.arbeit.nrw.de/pdf/esf/esf_auftaktveranstaltung_2014/esf_2014_rede_Sts_schaeffer_mais.pdf
sowie die allgemeinen Vortragsfolien http://www.arbeit.nrw.de/pdf/esf/esf_auftaktveranstaltung_2014/esf_2014_vortragsfolien_schaeffer_mais.pdf
und die Kurzberichte und Dokumentationen der Vorgestellten Projekte
http://www.arbeit.nrw.de/esf/in_menschen_investieren/foerderphase_2014_bis_2020/esf_auftakt_2014_bericht/esf_ag_1/index.php
http://www.arbeit.nrw.de/esf/in_menschen_investieren/foerderphase_2014_bis_2020/esf_auftakt_2014_bericht/esf_ag_2/index.php
http://www.arbeit.nrw.de/esf/in_menschen_investieren/foerderphase_2014_bis_2020/esf_auftakt_2014_bericht/esf_ag_3/index.php
http://www.arbeit.nrw.de/esf/in_menschen_investieren/foerderphase_2014_bis_2020/esf_auftakt_2014_bericht/esf_ag_4/index.php

Torsten Sommer - Bürgerrechte muss man wählen!

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Arbeitskreis 3: Sitzung vom 15.09.2014

Themen des Arbeitskreises: Bildung, Kultur & Medien
Audiomitschnitt der Sitzung anhören
[audio:https://cloud.piratenfraktion-nrw.de/public.php?service=files&t=900f12943b2978c86132ce37890c9200&download]
Audiomitschnitt der Sitzung als Download

Protokoll der Sitzung

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Arbeitskreis 1: Sitzung vom 15.09.2014

Themen des Arbeitskreises: Arbeit, Gesundheit, Soziales, Kinder, Familie, Jugend, Sport, Integration

Protokoll der Sitzung

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