Neues Gesetz erlaubt, Flüchtlinge schuldlos einzusperren

Aussicht_FlurFamilientraktBüren640Das am 2. Juli vom Deutschen Bundestag verabschiedete „Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ ist ein weiteres Puzzleteil der Bundesregierung zur Verschärfung des Asylrechts. Nachdem im letzten Jahr Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsstaaten“ benannt wurden, will man nun Menschen jederzeit inhaftieren können, um deren Rücküberstellung nach der Dublin-Verordnung oder die Abschiebung in die angeblich „sicheren Herkunftsstaaten“ sicherzustellen. Zwar ermöglicht das Gesetzvorhaben (mithilfe einer Junktim-Regelung) vereinzelte Verbesserungen im Bereich von Kettenduldungen von bereits lange in Deutschland lebenden Flüchtlingen, aber im gleichen Gesetz wird eine unverhältnismäßige Härte gegen Neuankömmlinge eingeführt. Viele werden durch die teilweise unvermeidliche Unterstützung durch Helfer oder verlorene Pässe kriminalisiert und damit ihre Flucht unter Strafe gestellt. Legale Fluchtwege und Einwanderungsmöglichkeiten gibt es aber nach wie vor kaum. Damit liefern fast alle Flüchtlinge Inhaftierungsgründe laut Gesetz.

Das deutsche Asylrecht wird damit weiter ausgehöhlt. Das neue Bundesgesetz ist kein gutes Zeichen für Deutschland als Motor eines vereinten und offenen Europas. Wir sehen hier durchaus Widersprüche zum Geist der europäischen Grundrechtecharta. Auch die großen Zeitungen wie Spiegel und Süddeutsche appellierten an die MdB diesem Gesetz nicht zuzustimmen. Es hat nichts genutzt, und es ist zu erwarten, dass über die Verschärfung des Asylrechts und die weitere Kriminalisierung von Flucht ausgerechnet die Rechtspopulisten jubeln werden.

NRW hat sich auf diese Asylrechtsverschärfung leider schon vorbereitet und den größten Abschiebeknast Europas in Büren wieder ans Laufen gebracht. Dafür haben die regierungstragenden Fraktionen vor drei Monaten mit allen Mitteln und allen rechtlichen und humanen Widerständen und Einwänden zum Trotz ein rechtswidriges Gesetz durchgepeitscht und dabei sogar ein Urteil des EuGH ignoriert. Es reicht nicht, Gitterstäbe anzumalen: Eine ehemalige Strafvollzugsanstalt kann nicht die Vorgaben des EuGH an die Ausgestaltung der Abschiebehaft erfüllen.

Seit Jahren steigen die Abschiebezahlen in NRW. Durch das nun verabschiedete Gesetz kann ein Großteil der Flüchtlinge mit Dublin-Verfahren in Büren inhaftiert werden. Zur Erinnerung: Als ‘Dublin-Verfahren’ bezeichnet man die Verfahren, bei denen ein Geflüchteter bereits in einem anderen EU-Land registriert wurde, bevor er in Deutschland Asyl beantragt. Gemäß dem sog. ‘Dublin-Übereinkommen’ kann Asyl nur in dem Land beantragt werden, in dem der Geflüchtete erstmalig registriert wurde. 2014 wurde in mehr als 8.000 Fällen in NRW ein solches Verfahren eingeleitet. Hinzu kommen die Menschen aus Serbien, Mazedonien und anderen angeblich „sicheren Herkunftsstaaten“, die nun aber direkt aus Sonderlagern heraus abgeschoben werden sollen. Es ist damit kaum möglich, auf legalem Weg nach Deutschland zu gelangen. Die Landes- und Bundesaufnahmeprogramme für syrische Flüchtlinge sind ausgelaufen und einen Termin in den deutschen Botschaften, um Visa für den Familiennachzug zu beantragen, gibt es – aktuellen Presseberichten zufolge, die wir als realistisch einschätzen – offensichtlich nur gegen Cash. Dieser Korruptionsskandal ist eine Schande.

Wir appellieren an die Kommunen und Ausländerbehörden, mildere Mittel als Abschiebehaft oder -gewahrsam anzuordnen. Zumal die Inhaftierung in Büren unserer Meinung nach immer noch gegen EU-Recht verstößt.
Um einen Überblick über die Abschiebpraxis in NRW zu erhalten, habe ich aktuell eine Reihe von Anfragen zur Thematik an die Landesregierung gestartet:

Abschiebungen in NRW

Sammelabschiebungen in NRW

Suizide, Suizidversuche und Selbstverletzungen von Asylsuchenden, Geduldeten und Ausreisepflichtigen

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Chaos in der nordrhein-westfälischen Flüchtlingsaufnahme: Jetzt müssen endlich die Kräfte gebündelt werden

Frank Herrmann, Sprecher der Piratenfraktion im Innenausschuss zur erneuten Krise der NRW-Flüchtlingsaufnahme:

Leider war dieser erneute Zusammenbruch des Erstaufnahmesystems absehbar. Die Landesregierung kalkuliert die benötigten Aufnahmeplätze immer wieder zu eng und ist von einem Bedarf von 10.000 Plätzen ausgegangen. Allerdings nehmen Menschenrechtsverletzungen, Kriege und Krisen zu, daher wird die Landesregierung in Flüchtlingsfragen keine Sommerpause einlegen können. Wir brauchen 20.000 Plätze, die grundlegende Qualitätsstandards erfüllen müssen und in denen Menschen zur Ruhe kommen und nicht nach maximal zwei Wochen in Kommunen ohne weitere Betreuung weitergeleitet werden. Mit zwei Gipfeln, warmen Worten und einem einzelnen Personalausstausch ist die Neukonzeption der Flüchtlingsaufnahme nicht zu schaffen. Die Landesregierung muss nun endlich den Kopf aus dem Sand ziehen und eine Interministerielle Arbeitsgruppe schaffen. Die Kräfte müssen gebündelt werden: Alle Ministerien müssen für die Bewältigung der Dauerbaustelle Flüchtlingsaufnahme zusammenarbeiten.

 

Es geht einfach nicht, was sich die Regierung hier seit Monaten leistet. Im September 2012 ist die Flüchtlingsaufnahme das erste Mal zusammengebrochen, und seither jagt ein Aufnahmestopp den nächsten. Leidtragende sind die Flüchtlinge und Kommunen. Die Kommunen müssen mittlerweile auch noch die Fahrtkosten zu den Anhörungen im BAMF zahlen. Die Flüchtlinge werden in NRW immer noch nicht anständig versorgt und betreut. Auch nach dem Misshandlungs-Skandal von Burbach fehlt es immer noch am Nötigsten. Das muss sich dringend nachhaltig ändern.

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CSD ja – gerne überall

piratenfraktion_signet-rainbowGleiches Recht für queere Vielfalt

Birgit Rydlewski, Abgeordnete der Piratenfraktion NRW, zum Christopher Street Day:

“Warum gibt es eigentlich nicht überall einen CSD? Die Notwendigkeit dafür besteht ganz offensichtlich nach wie vor. Immer noch gibt es in unserer Gesellschaft Vorurteile gegenüber Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Transgender, Transsexuellen, Intersexuellen, Asexuellen und Polyamourösen. Sie alle werden nicht nur mit offenen Vorurteilen, sondern auch mit struktureller Diskriminierung, u.a. in Form von Gesetzen, konfrontiert. Wenn Schwule und Lesben sich zwar verpartnern dürfen, jedoch bei vielen wichtigen Rechtsfolgen nach wie vor schlechter gestellt sind als in der Ehe, dann ist das diskriminierend. Weiterlesen ›

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Düstere Zeiten

Düstere Woche. 

Nach diversen Übergriffen auf Unterkünfte von Geflüchteten (Freital, Meißen), nach der Erkenntnis, dass Gewalttaten von Rechten zunehmen, gestern die Abstimmung für eine Asylrechtsverschärfung. Kaum Gegenproteste.

Heute nach NSU und gegen alle Erkenntnisse Abstimmung für mehr Befugnisse des Verfassungsschutzes, mehr Geld, mehr Mitarbeiter*innen, mehr Straffreiheit bei Informant*innen. Kaum Gegenproteste.

Ich weiß nicht mehr so recht weiter. Was für einen Text schreibt man dann? 

Einen erklärenden, um noch drei bis fünf Bürger*innen zu erreichen? 

Einen wütenden, in der Erkenntnis, dass Demos offenbar hauptsächlich was bringen, wenn sie rechts motiviert sind?

Einen traurigen, weil gefühlt alles im Umkreis nur noch Abwehrkämpfe sind gegen ein in sich rassistisches System mit einer Mehrheit in der Mitte der Gesellschaft?

Einen ohnmächtigen, weil man den Sinn nicht mehr sieht darin, weiterzumachen?

Einen aufwieglerischen, weil irgendwie noch ein wenig Hoffnung in einer radikalen Linken steckt? 

Oder einfach gar keinen mehr?

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Flüchtlingsaufnahme: Das große Stühlerücken beginnt

Frank Herrmann, Sprecher der Piratenfraktion im Innenausschuss zur vorzeitigen Absetzung des Arnsberger Regierungspräsidenten Dr. Gerd Bollermann:

Der Schritt war überfällig. Seit ein paar Wochen wissen wir, dass gegen 50 Menschen im Zusammenhang mit dem Misshandlungsskandal von Burbach durch die Staatsanwaltschaft Siegen ermittelt wird. Darunter sind auch Mitarbeiter der Bezirksregierung und Polizisten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte in der Bezirksregierung Arnsberg aufgeräumt werden müssen. Jetzt wird das Sommerloch genutzt, um heimlich, still und leise, Konsequenzen zu ziehen – in der Hoffnung, dass die Flüchtlingsaufnahme in Zukunft runder läuft. Weiterlesen ›

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Themen-Mumble: gerechte Bezahlung im Kindergarten

Jetzt am Donnerstag, 02.07.2015, sprechen wir mit euch über eine gerechte Bezahlung für Erzieherinnen und Erzieher und die Auswirkungen durch den Kita-Streik.

Uns interessiert Eure Meinung dazu. Daniel Düngel und Olaf Wegner diskutieren mit Euch. Die Diskussion ist für eine Stunde angesetzt, danach ist wie immer noch eine halbe Stunde Zeit, um zu quatschen, Fragen zu unserer Arbeit zu stellen oder auch eine Runde Kritik loszuwerden.

Also macht mit!

Donnerstag, 02.07.2015, 19.00-20.30 Uhr

Mumble: Gliederung/Nordrhein-Westfalen/temporäre Räume/Fraktion

Wir freuen uns auf Euch und eine spannende Diskussion.

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SPD, Grüne und CDU wollen Demokratieabbau durch Sperrklausel

Über das Demokratieverständnis politischer Parteien kann man manchmal eben nicht trefflich streiten. Wir Piraten sind bekanntlich gegen die Einführung von Sperrklauseln auf kommunaler Ebene; auch gegen jene Sperrklausel, welche Rot-Grün in NRW aktuell einfordert.

Grund: Es gibt eben jene gesellschaftlichen kleinen Gruppen, deren Stimmen in den Räten und auch in Parlamenten notwendig sind, weil sie in repräsentativen Demokratien oftmals den Ausschlag für ein lebens- und liebenswertes, gesellschaftliches Miteinander darstellen. Das nennen wir gemeinhin auch “Partizipation”.

Offenbar sind diese (wenigen) Stimmen zuweilen auch entscheidend, wenn man gerade mal nach Köln schaut und die dortigen Ratsmehrheitsverhältnisse betrachtet. Dort schicken sich SPD und Grüne gerade an, ihre nicht vorhandene Mehrheit im Rat vermittels einer Tolerierungs-Vereinbarung durch die Piraten-Ratsgruppe zu erlangen. Eine Gruppierung, die mit der geforderten Sperrklausel nicht vertreten wäre. Das Ergebnis in 2014 bei der Kommunalwahl war 2,1 % der Stimmen. Die Sperrklausel von Rot-Grün will 3 %, die der CDU will 2,5 %; so ganz einig ist man sich noch nicht.

Wieviel Bigotterie braucht´s noch, um die Demokratie an die Wand zu fahren? Parteien mit einem solchen Demokratieverständnis (SPD, Grüne, CDU) als Mehrheitsbeschaffer und Sperrklauselopfer (Piraten) zu unterstützen müsste nach meiner Auffassung – und nicht zuletzt mit Blick auf Köln – ab sofort sehr sehr “teuer” werden.

Denn niemand hat jemals behauptet, dass Demokratie bequem ist.

Landesgeschäftsführer Trennheuser von Mehr Demokratie e.V. bringt es heute auf den Punkt: “Mit solch einem Trauerspiel leistet man der Parteienverdrossenheit Vorschub”.

Ich fordere: Schraubt nicht an der Verfassung rum, um eure Machtspielchen zu treiben! Glaubt nicht, dass die Menschen in unserem Land das nicht bemerken!

Wer wie die Sozial- und Christdemokraten undifferenziert und ohne jeden Beleg für die vermeintlichen Begründungsansätze in Hinblick auf die unmittelbaren Lebensräume der Menschen (Kommunen/Gemeinden) Sperrklauseln fordert, kratzt unweigerlich am nachhaltigen Bestand der Demokratie. Das Defizit liegt auf der Hand; die Stimmen von hunderttausenden, gar Millionen Menschen in NRW, wären angesichts beabsichtigter Sperrklauseln künftig nicht mehr berücksichtigungsfähig. Die Parteien- und Gruppierungsvielfalt würde ein massives Defizit erfahren. Soll dieser Sperrklausel-Move hinter vorgehaltener Hand “gegen Rechts” gehen, so sei all den lupenreinen Demokraten zugerufen: Rechte Strömungen, Gruppierungen und Parteien bekämpft man mit bunter (Parteien-)Vielfalt, guten Argumenten bei den Menschen und dadurch, dass man in Worten und Taten lebt:”Kein Fußbreit!”

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Vorratsdatenspeicherung: Kneift Ministerpräsidentin Kraft?

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Kraft,

am vergangenen Donnerstag gab es im Landtag in NRW eine denkwürdige Aktuelle Stunde. Es ging vor allem um das parteipolitische Hickhack innerhalb der SPD zur Frage der Vorratsdatenspeicherung. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten Sie sich als Regierungschefin des Landes NRW zur so wichtigen Frage, ob in Deutschland massenhaft und anlasslos Kommunikationsdaten der Bürger gespeichert werden dürfen, noch nicht öffentlich geäußert. Und sie taten es auch letzte Woche nicht, obschon von der Opposition dazu aufgefordert. Weiterlesen ›

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E-Government-Gesetz NRW: Jetzt online kommentieren

Heute hat die Landesregierung ihren Entwurf für ein Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung in NRW veröffentlicht.

Der Entwurf sollte eigentlich schon Anfang dieses Jahres in die Verbändeanhörung gehen und leider deutlich später als geplant. Das E-Government-Gesetz des Bundes vom 31. Juli 2013 hat zahlreiche Veränderungen gebracht, die NRW jetzt mit diesem Gesetz in Landesrecht umsetzen möchte. Die Gelegenheit, hier Meilensteine im Bereich OpenGovernment zu erfüllen, wurde leider nicht genutzt. Stattdessen beschränkt sich die Landesregierung in vielen Fällen auf die handwerkliche Umsetzung der Bundesvorgaben auf Landesebene.

Wer Lust hat, sich für Bürgerbeteiligung, OpenData und freie Formate einzusetzen, kann ab heute unter egovg.nrw.de den Gesetzentwurf öffentlich kommentieren, daher möchte ich hier auf ein paar Passagen des EGovG NRW hinweisen, die hierzu besonders wichtig sind. (Für Verbände und Vereine gibt es außerdem die Möglichkeit, gesondert Stellungnahmen einzureichen.)

Beteiligung und Partizipation

Beteiligungs- und Partizipationsformen sind ein wesentlicher Bestandteil von OpenGovernment, im Entwurf der Landesregierung findet sich dazu aber nahezu nichts, lediglich:

§ 18 Elektronische Beteiligungen
(1) Die Behörden können die Möglichkeit für elektronische Beteiligungen eröffnen. Nach anderen Rechtsvorschriften geregelte Beteiligungsverfahren bleiben unberührt.
(2) Die Ergebnisse durchgeführter Beteiligungen sind bekannt zu geben.

Kurz, knapp, freiwillig. Leider keinerlei Vorgaben ob, wie und für was Beteiligungsverfahren genutzt werden sollen.

OpenData

Zu OpenData finden sich leider nur folgende Regelungen:

§ 16 Anforderungen an das Bereitstellen von Daten
Stellen Behörden über öffentlich zugängliche Netze Daten auf elektronischem Weg bereit, so sind diese in maschinenlesbaren Formaten und möglichst offen anzubieten. Ein Format ist ‘maschinenlesbar, wenn die enthaltenen Daten durch Software automatisiert, ausgelesen und verarbeitet werden können. Die Daten sind mit Metadaten bereitzustellen. Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über technische Formate, ,in denen Daten verfügbar zu machen sind, gehen vor, soweit sie Maschinenlesbarkeit gewährleisten. Die Sätze 1 bis 3 gelten für Daten, die vor dem (einsetzen: Datum des Inkrafttretens gemäß § 26 Absatz 1 dieses Gesetzes) erstellt wurden, nur, wenn sie grundlegend überarbeitet werden. Die Pflichten nach den Sätzen 1 bis 3 gelten nicht, soweit Rechte Dritter oder geltendes Recht entgegenstehen.

sowie

§23 Verordnungsermächtigung und Verwaltungsvorschriften
(1) Das für Informationstechnik zuständige: Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin oder dem Ministerpräsidenten und den Ministerien durch Rechtsverordnung Bestimmungen über die Nutzung der Daten und Ausgestaltung der Metadaten nach § 16 zu erlassen.

Zusätzlich soll der neue “IT-Kooperationsrat” Empfehlungen zu  Daten und Metadaten abgeben (§21 Abs. 4 ).

Hier werden lediglich Anforderungen an Datenportale geschaffen, falls es überhaupt welche geben sollte.
Denn es gibt an keiner Stelle die Verpflichtung von öffentlichen Stellen, weder im Land noch in den Kommunen, Daten bereitzustellen. Hier sollte OpenData per Gesetz eingeführt werden – verbindlich und für alle Ebenen in NRW.

Zu den Anforderungen selbst lässt sich anmerken, dass “in maschinenlesbaren Formaten und möglichst offen” sehr unbestimmt ist und die wesentlichen Konditionen, unter denen die Daten bereitgestellt werden können, nicht per Gesetz sondern in einer Rechtsverordnung bestimmt werden sollen. Hier könnten lokale OpenData-Projekte der Kommunen gefährdet sein, wenn die Rechtsverordnung restriktivere Bedingungen vorgibt, etwa eine Lizenzierung unter der Datenlizenz-Deutschland.

Freie Formate

Freie Formate sind im Entwurf nicht vorgesehen, stattdessen zieht man sich auf “offene Standards” aus dem “European Interoperability Framework” (Mitteilung der Kommission “Interoperabilisierung europäischer öffentlicher Dienste”, vom 16.12.2010, COM(2010) 744 final, Anhang 2, Punkt 5.2.1) zurück.

In § 4 Abs. 3 findet sich folgender Punkt zum Dateiaustausch mit Bürgerinnen und Bürgern:

Werden an Bürgerinnen und Bürger oder Unternehmen Dateien übermittelt, sollen für diese Dateiformate genutzt werden, deren Spezifikation folgende Voraussetzungen erfüllt:
1. Alle Beteiligten können gleichberechtigt an der Entwicklung der Spezifikation mitwirken und eine öffentliche Überprüfung ist Bestandteil des Entscheidungsprozesses,
2. die Spezifikation steht jedermann zur Prüfung zur Verfügung und
3. die Lizenzierung der Urheberrechte an der SpezifIkation erfolgt zu fairen, angemessenen und diskriminierungs freien Bedingungen oder gebührenfrei in einer Weise, die eine Integration sowohl in proprietäre als auch quelloffene Software zulässt.
Von Nummer 1 kann abgewichen werden, wenn die Spezifikation durch die Vermessungsverwaltungen des Bundes und der Länder für Geobasisdaten definiert worden ist.

Freie Formate zeichnen sich dadurch aus, dass sie frei sind von Besitzrechten Dritter. Das heißt,  öffentlich einsehbare Standards, die von jeder Person ohne Lizenzierung, Entgelt oder Einschränkungen genutzt werden kann.
Die vorgeschriebene Nutzung von “Offenen Formaten” durch die öffentliche Hand sichert einzelnen Unternehmen langfristig Lizenzeinnahmen und schafft so Oligopole. Dies behindert insbesondere die Entwicklung freier Software und schadet dem freien Wettbewerb.
In der Begründung des Gesetzentwurfes wird weiterhin ausgeführt:

Es entsteht keine Verpflichtung, aktiv offene Standards für Bereiche zu entwickeln, in denen kein solcher Standard vorhanden ist.

Das ist natürlich auch nicht schön und sollte geändert werden. Das werden wir im weiteren Verlauf der Beratungen zu dem Gesetz natürlich einfordern. Über Unterstützung in Form von Eingaben und Anregungen unter egovg.nrw.de freuen wir uns und sicher auch die Landesregierung, denn dort ist noch viel Beratung notwendig!

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Über die Notwendigkeit deutlicher Worte

Oder: Warum der Versuch, neutral sein zu wollen, die Neonazis stärkt:

In diesen Tagen, in denen in Freital ein rassistischer Mob vor einem Flüchtlingsheim steht, kann man im Internet, z.B. bei Twitter immer wieder Diskussionen über die Bezeichnung der Rassist*innen führen. Da wird allerlei euphemistische Wortschöpfung bemüht, wie „Asylgegner*innen“ oder „Asylkritiker*innen“, ähnlich wie es auch bei Pegida die Tendenz zur Verharmlosung mittels des Begriffs „Islamkritiker*innen“ gab und gibt. 

Die Argumentationen reichen von der Idee, man könne damit „analytische Distanz“ wahren bis zu der Absurdität der Behauptung, das seien nicht alle Rassist*innen/Nazis. 

Machen wir uns es mal ganz klar: Diese Verharmlosung ist Teil des Problems. Dieses Hübschreden, Kleinreden durch Politiker*innen und teilweise von Pressevertreter*innen verschlimmert und verstärkt rassistische Tendenzen. Je unklarer man die Benennung wählt, desto eher fühlen sich Menschen in ihrem rassistischen Handeln bestätigt. Sie sehen sich selber offenbar nicht als Neonazis, obwohl sie Seite an Seite mit diesen marschieren. Es ist vielen klar, dass Rassist*innen und Neonazis von der Gesellschaft zumindest in großen Teilen abgelehnt werden. Wenn man nun eine neue Kategorie der „Asylkritiker*innen“ aufmacht, fühlt es sich gleich (ungerechtfertigt) besser an. Dies wiederum verschleiert nun die im Kern rassistische Einstellung. In der weiteren Folge kann dies eine Veränderung von Normen nach sich ziehen. Rassistische Einstellungen werden legitimiert, als normal, als akzeptiert angesehen. Das Problem heißt Rassismus. Jedes Herumgewiesel bei der Formulierung verstärkt diesen. 

Eine ähnliche Wirkung hat auch die Gleichsetzung der Neonazis/Rassist*innen, die gegen geflüchtete Menschen hetzen mit den Menschen, die sich vor eine Unterkunft stellen, um diese davor zu schützen. Im schlimmsten Fall kommt es noch zu einer Umkehr, in der in perfider Weise den antifaschistischen Menschen vorm Heim eine Schuld zugesprochen wird an den Aktionen der Neonazis. 

Ich plädiere also für deutliche Wortwahl. Wer mit Neonazis/Rassist*innen gemeinsame Sache macht, sich ihnen nicht entgegenstellt, ist Neonazi/Rassist*in. Es ist nicht unsere Aufgabe, Mitläufer*innen zu schützen. Es ist unsere Aufgabe, Klarheit in den Formulierungen zu haben und dies an jeder uns möglichen Stelle einzufordern. 

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