Ein Anschlag auf die Pressefreiheit

Nach dem Festsetzen des Ehemanns von „Guardian“-Journalist Glenn Greenwald jetzt auch noch das: Um die Berichterstattung aus dem Snowden-Archiv zu beenden, hat der britische Geheimdienst GCHQ die Redaktion der Zeitung „The Guardian“ gezwungen, Festplatten zu zerstören. Dazu Nico Kern, Europapolitischer Sprecher der Piratenfraktion NRW:

Das ist der nächste Schritt hin zu einem Unrechtsstaat. Als sei die Überwachung unschuldiger Menschen und die Einschüchterung von Journalisten nicht genug, lässt der britische Geheimdienst jetzt auch noch Beweismaterial verschwinden.

Wenn die Geheimdienste in Großbritannien und den USA wirklich so harmlos wären, wie uns Kanzleramtsminister Pofalla und Konsorten weismachen wollen, wozu soll diese Aktion dann gut gewesen sein? Die einzige sinnvolle Erklärung ist, dass es noch weit mehr Erschreckendes über die Machenschaften der Geheimdienste zu berichten gibt, als bisher geschehen.

Die Aktion des GCHQ ist ein Anschlag auf die Pressefreiheit, einen Grundpfeiler der Demokratie. Der britische Geheimdienst setzt rechtsstaatliche Prinzipien außer Kraft. Dieser bedrohlichen Abkehr vom Rechtsstaat hin zu einem Unterdrückungsregime müssen wir entschieden entgegentreten.

Statt imaginäre Terroranschläge zu verhindern, sollten unsere Regierungen reale Anschläge auf Pressefreiheit und Rechtsstaat unterlassen. Hier ist auch die Europäische Union gefragt.

Beachtet in diesem Zusammenhang unsere Forderung nach einem Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Union gegen Großbritannien wegen Tempora: http://stopwatching.eu

 

UPDATE vom 21.08.2013: Nico Kern hat aufgrund der Vorkommnisse beim Guardian dem britischen Botschafter einen offenen Brief übersandt.

 

Und nochmal die Pressemitteilung „Ein Anschlag auf die Pressefreiheit“ als Video-Statement:

 

 

Folgende Anträge zu Prism und Tempora, hat die Piratenfraktion ins Plenum des Landtags NRW eingebracht:

Drucksache 16/3249

„Achtung! YES, WE SCAN. Bürger in NRW vor Prism und anderen Überwachungsprogrammen schützen!“

Drucksache 16/3436:

„O tempora, o mores – wider die Aushöhlung von Grundrechten, Demokratie und digitaler Kultur durch zügellose Überwachung!“

Drucksache 16/3434:

„Nordrhein-westfälische Unternehmen vor staatlicher Wirtschaftsspionage durch Überwachungsprogramme wie Prism und Tempora schützen!“

Drucksache 16/3441:

„Britisches Überwachungsprogramm Tempora ist unionsrechtswidrig: Vertrags­verletzungs­verfahren gegen Großbritannien einleiten!“

Drucksache 16/3437:

„Whistleblowing – eine Form von Zivilcourage, die unterstützt und geschützt werden muss“


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7 Kommentar auf “Ein Anschlag auf die Pressefreiheit
  1. Nicht wichtig sagt:

    Könntest du den Text vorlesen und als Audio und vielleicht sogar als Video zusätzlich verteilen? Reichweite und so.

  2. Nico Kern sagt:

    Hallo Nicht wichtig!
    Danke für Deine Idee. Ich setze mich gleich dran 🙂
    LG
    Nico

  3. Simone Nissen sagt:

    Bitte schön: http://youtu.be/QLhRAdZNc5c 🙂

  4. Du versuchst hier einen Vergleich mit Deutschland zu konstruieren, der so nicht gilt. Anders als Deutschland hat Großbritannien keine Verfassung / Grundgesetz, welches explizit die Meinungsfreiheit, hier in diesem Fall die Freiheit der Presse, schützt – wie in Deutschland der Art.5 GG. Das britische Verfassungsrecht hingegen verfügt nur über fünf unbestrittene Grundprinzipien, nämlich den Einheitsstaat, eine konstitutionelle Monarchie, eine Souveränität des Parlaments, repräsentative Demokratie sowie Rechtsstaatlichkeit.
    Da es aber kein Dokument gibt, dass die politische Ordnung des Landes festlegt und Kompetenzen und Schranken einzelner Staatsorgane festlegt, speist sich das britische Verfassungsrecht aus mehreren Quellen, deren Bedeutung und Gewichtung einer stetigen Anpassung an aktuelle Gegebenheiten unterliegt. Die nicht verbriefte Pressefreiheit scheint also gerade kein hohes Gut in Großbritannien zu sein.
    Hier aber einen Vergleich mit anderen europäischen Ländern – gar mit Deutschland zu implizieren, ist im höchsten Maße unseriös.
    Von dem Vorsitzenden des Europaausschusses des Landtag NRW darf und muss man mehr erwarten können, wenn es um so ein Thema geht.

    • Nico Kern sagt:

      Hallo Mike!

      Es ist schon interessant zu beobachten, auf welche Seite sich Sozialdemokraten heutzutage schlagen, wenn es darum geht, die freie Presse vor Übergriffen des Staates zu schützen. Das war ja auch mal anders. Wie so vieles in Deiner Partei…

      Wieso das Vorgehen des GCHQ rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen sollte, die ja auch Deiner Meinung nach Verfassungsrang genießen, erschließt sich mir genausowenig, wie die implizierte Aussage, dass es in Großbritannien keine freie Presse gäbe bzw. sie nicht rechtlich geschützt sei.

      Naja… Soll sich jeder Leser halt selbst ein Bild davon machen, wer hier für welche Werte eintritt.

      Wenn ich nachher Zeit habe, antworte ich noch etwas ausführlicher.

  5. Mike Busse-Lepsius sagt:

    Lieber Nico,

    nur damit Du keine falschen Schlüsse ziehst, ich verteidige unser Grundgesetz und damit auch das recht auf freie Meinungsäußerung. Ich verteidige das Grundgesetz aber auch gegen Leute, die den Eindruck erwecken wollen, dass unser Grundgesetz nichts Wert und die verbrieften Grundrechte Makulatur sind.

    Hättest du zum Beispiel als Schlussfolgerung auf deine völligen richtigen Vorwürfe gegen Großbritannien gefordert, dass die Engländer der Presse endlich den gleichen Schutz wie in Deutschland einräumen sollen, hätte ich dir applaudiert. Aber das hast du ja tunlichst vermieden. Und das Pranger ich an, nicht deine völlig gerechtfertigte Kritik an den momentan haltlosen Zuständen in GB.

    • Nico Kern sagt:

      Lieber Mike,

      kurz vorweg: Es geht mir nicht darum, den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Gesetze aufzuzwingen. Es geht um die Einhaltung von demokratischen Grundwerten. Dazu gehören das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit. Großbritannien war stets ein Vorreiter in Sachen Demokratie in Europa.

      In der Tat gibt es im Vereinigten Königreich kein Grundgesetz bzw. keine geschriebene Verfassung, die die Pressefreiheit explizit kodifiziert. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass die für die pluralistische Demokratie notwendigen Grundsätze der Meinungs- und Pressefreiheit auch dort nicht existieren oder nirgendwo rechtlich verankert sind. Sie existieren sehr wohl, nicht zu Letzt durch die auch von Großbritannien ratifizierte Europäische Menschenrechtskonvention.

      Daher bewerte ich den durch die jüngsten Vorkommnisse deutlich gewordenen Angriff auf die freie Presse in Großbritannien vollkommen unabhängig vom rechtlichen und konstitutionellen Status eben jenes Grundsatzes.

      Ich bin der festen Überzeugung, dass in der Europäischen Union, die ja eine Wertegemeinschaft sein will, vollkommen unabhängig vom Rechtsstatus in den jeweiligen Mitgliedstaaten die gemeinsamen Werte Pressefreiheit und Medienvielfalt gelten müssen und jeder Verstoß dagegen ein Angriff auf eben diese im europäischen Kontext darstellt! Daher die Aufforderung zum Eingreifen durch die EU!

      Die folgenden Worte des medienpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion, Martin Dörmann, bzgl. des ungarischen Mediengesetzes müssen auch für Großbritannien gelten: „Es geht hierbei nicht um politische Entscheidungen des deutschen Parlamentes über innere Angelegenheiten Ungarns [Großbritanniens]. Es geht um das Verteidigen der gemeinsamen Werte der Europäischen Union, sei es in Ungarn, Italien, Frankreich oder Deutschland. Es geht um Pressefreiheit und Medienvielfalt als Grundlage einer funktionsfähigen Demokratie.“

      Ich erhebe nicht den Vorwurf, dass wesentliche demokratische Grundpfeiler nicht ausreichend reguliert oder in Gesetzen kodifiziert sind – das ist Angelegenheit der Briten. Denn auch Gesetze können missachtet werden. Deshalb geht es im Fokus um die Respektierung unserer demokratischen Werte und Grundsätze. Letztlich geht es damit auch um die Achtung moderner Menschenrechte, bei denen das Recht im Vordergrund steht, nicht das Gesetz.

      Und es geht mir nicht darum, Applaus für Anprangerung unhaltbarer Zustände im EU-Mitgliedsstaat Großbritannien zu erhaschen, sondern einfach darum für universal geltende Grundwerte einzustehen.

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