Statement zur Innenministerkonferenz (IMK) 2014

Freitag ging in Bonn die Konferenz der Innenminister in Deutschland zu Ende. Statt zukunftsweisender Vorbeugeprojekte wurden hauptsächlich weitere Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen vereinbart. Hier meine Statements zu den dort gefassten Beschlüssen (http://m.mik.nrw.de/presse-mediathek/aktuelle-meldungen/aktuelles-im-detail/news/innenminister-intensivieren-die-bekaempfung-von-einbrecherbanden-entschlossenheit-der-imk-auch-im.html):

Bekämpfung von Einbrecherbanden

Statt auf Fördermaßnahmen für sichere Häuser und aufgeklärte Mieter sowie Eigentümer zu setzen, wird der Mythos eines gigantischen Ausmaßes von international agierenden Einbrecherbanden verbreitet. Viele Einbrecher sind aber drogenabhängige junge Männer, die in die Beschaffungskriminalität abgerutscht sind. In den letzten Jahren sind immer wieder kluge Konzepte zur Bekämpfung von Drogensucht in die Wege geleitet worden, mussten aber aufgrund von Sparmaßnahmen der Kommunen wieder eingestellt werden. Hier muss dringend gegengesteuert werden! Auch sollte über eine kontrollierte Abgabe von harten Drogen an die Süchtigen nachgedacht werden – auch um die Beschaffungskriminalität einzudämmen.

Bekämpfung des gewaltbereiten Salafismus

Die Bekämpfung von 320 Extremisten, die seit 2012 in den syrischen Bürgerkrieg zogen und von denen bisher nur ein Bruchteil wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist, darf nicht zu einem massiven Abbau von Bürgerrechten führen. Die geplante Verschärfung des Personalausweisrechts und die Beschränkung der Reisemöglichkeiten nach Syrien könnte auch Unschuldige treffen. Im Moment macht sich jeder verdächtig, der nach Syrien reisen will, aber es gibt auch Menschen, die trotz des Bürgerkrieges lediglich versuchen, ihre Verwandten in Syrien zu besuchen und ihnen vor Ort zu helfen.

Seit Jahren kümmern sich außerdem zivilgesellschaftliche Projekte und Gruppen, z. B. Hayat, um junge Menschen, die in salafistische oder andere islamistische Ideologien abdriften. Solche zivilen Projekte müssen ausgebaut und gefördert werden, denn Ausstiegs- und Präventionsprogramme sollten nicht beim intransparenten Verfassungsschutz angelegt sein. Es kann hier schnell zum Missbrauch kommen, und der Verfassungsschutz erreicht die radikal eingestellten Jugendlichen nicht, weil sie den deutschen Behörden oft misstrauen.

Sicherheit beim Fußball

Wieder stimmen die Innenminister den beliebten populistischen Gassenhauer “Mehr Repression und mehr Restriktion hilft mehr gegen enthusiastische Fußballfans” an. Sie werden nicht müde, ein Gewaltszenario rund um die Fußballspiele herbeizureden, gegen das dann nur noch Meldeauflagen, “Buszwänge”, festgelegte Reisewege, personalisierte Tickets, intensiver Datenaustausch, Dateien, verringerte Kartenkontingente und V-Leute “helfen” sollen.

Dabei werden das Abbrennen von  Bengalos oder Prügeleien einfach mal mit dem Skandieren von rechtsextremen Parolen gleichgesetzt. Genau das bemängeln wir seit Jahren: Unterschiedliche Taten müssen unterschiedlich geahndet werden, und jede Tat muss einzeln nachgewiesen werden. Wir brauchen endlich einen differenzierten Blick auf die sehr heterogene Fan-Szene. Von der Polizei können wir ihn allerdings gerade nicht erwarten, die hat nämlich laut polizeiinterner Studien ein extremes Kenntnisdefizit in den Bereichen Fanbeauftragte, Fanprojekte, Fankultur und Fanrituale. Die Innenminister sollten sich nun zunächst einmal darauf konzentrieren, ihre Beamten ordentlich zu schulen.

“Wegfahrsperre” für Handydiebstahl

Als aktiven Verbraucherschutz versuchen die Innenminister die “Wegfahrsperre” für Handys zu verkaufen. Dass durch die Registrierung ihrer Handys die Handynutzer noch besser kontrolliert und überwacht werden können, als es sowieso schon gemacht wird, wird verschwiegen. Handys gleichen schon jetzt Wanzen, und wir brauchen definitiv nicht noch mehr Datenbanken, um sie noch besser den Besitzer zuordnen zu können. Auch die Provider lehnen die Sperre ab und geben an, dass die Sperre dann womöglich den falschen Nutzer treffen könnte.

Großraum- und Schwerlasttransporte

Für ungefährliche Großraum- und Schwerlasttransporte ist eine externe Überprüfung und Begleitung durch anerkannte Sachverständige und private Unternehmen sicherlich eine Möglichkeit, die Polizei zu entlasten und Ressourcen freizugeben. Auf keinen Fall dürfen aber die Kontrolle und die Sicherung von Gefahrgut-Transporten privatisiert werden.

Linksextremismus

Die CDU-Innenminister scheinen durchgesetzt zu haben, dass ein Lagebericht über Linksextremismus erarbeitet werden muss. Dieser Lagebericht darf nicht dazu führen, dass Linksextremismus mit Rechtsextremismus gleichgesetzt wird, und es muss darauf hingewirkt werden, dass Bürgerproteste gegen Neonazis und gesellschaftliches Engagement z. B. für Flüchtlinge nicht einfach aufsummiert und kriminalisiert werden.

Syrische Flüchtlinge

Bundesinnenminister de Maizière und der NRW-Innenminister Jäger beten zurzeit in der Presse rauf und runter, dass Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Staaten den größten Beitrag bei der Aufnahme von syrischen Flüchtlingen leistet. Zwar nehmen sie über die Sonderaufnahmeprogramme tatsächlich viel mehr Syrer auf als die europäischen Nachbarn, aber die Zahl der syrischen Flüchtlinge, die auf anderen und sehr gefährlichen Fluchtwegen nach Europa reisen, wurde hier nicht mitgerechnet. Schweden leister hier proportional einen weitaus größeren Beitrag als Deutschland. Die Diskussion und die geringe Höhe des Aufnahmekontingents bleiben beschämend. Wir sprechen über 20.000 Menschen, die hier Zuflucht finden dürfen und von denen – aufgrund komplizierter Aufnahmeformalitäten – auch erst 6.000 hier bei uns im Land sind. Die Türkei beherbergt zurzeit mehr als 760.000, der Irak mehr als 225.000 und der Libanon mehr als eine Million Flüchtlinge. Wir werden unserer Verantwortung nicht gerecht, weswegen wir es auch in NRW mehr Syrern ermöglichen müssen, Schutz vor Krieg und Verfolgung zu finden.

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