Am heutigen Samstag habe ich zur erneuten Landtagskandidatur auf der Aufstellungsversammlung der Piraten NRW eine Rede gehalten. Ich hab mal versucht, die Stichworte und -sätze zu einem Text zu verschriftlichen. Am Ende gilt natürlich das gesprochene Wort
Daniel Düngel, 40, 3 Kinder, verheiratet, getrennt lebend, verliebt
Seit 2012 Mitglied des Landtags, dort Familien- und Jugendpolitischer Sprecher, Gesundheitspolitischer Sprecher und Sprecher in der Enquetekommission ‚Zukunft der Familienpolitik in NRW‘
Aber was bleibt am Ende so einer Legislaturperiode? Überwiegen die negativen Schlagzeilen, für die ich gesorgt habe?
Ich hab Scheiße gebaut.
Ich habe seit vielen Jahren Schulden, bin seit Jahren mit Anwälten, Inkassounternehmen, Gerichtsvollziehern im Kontakt und immer habe ich das irgendwie hin bekommen.
So war auch 2014 die Situation. Es gab Zahlungsvereinbarungen, an die ich mich gehalten habe.
Meine persönliche politische Situation hat aber dazu geführt, dass diese Dinge an die Öffentlichkeit gekommen sind. Ich war unerwünscht im Landtag, weil ich das System kritisiert habe.
Man hat mir eine Dienstwagenaffäre angehängt. Ich habe seinerzeit den Dienstwagen genutzt und bin oft selber gefahren. Die Presse hat daraus gemacht, dass ich zuviel privat gefahren sei. Ich habe seinerzeit den Schlussstrich gezogen und den Dienstwagen abgeben. Das war auch gut so und richtig.
Wie auch immer: Meine Schuldensituation habe ich selbst zu verantworten. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich so einiges anders machen – aber ich kann das nun mal nicht ungeschehen machen. (Wisst schon: Zeitreisen).
Ich bin den Menschen sehr dankbar, die mir seinerzeit auf unterschiedliche Art und Weise geholfen haben. Die Betroffenen wissen, wer damit gemeint ist. Danke.
Euch bitte ich um Entschuldigung und bitte Euch, mir eine zweite Chance zu geben.
Ich hab weiter gemacht.
Ich hab mich nicht zurückgezogen.
Ich habe in den gut zwei Jahren davor sowohl die Piraten als auch den Landtag als Vizepräsident gut vertreten – so zumindest das Feedback auch aus anderen Fraktionen. Die Vorkommnisse von damals spielen in der Begegnung mit Kolleginnen und Kollegen oder auch mit Verbänden und Organisationen keine Rolle. Ich werde für meine politische Arbeit – trotz aller Differenzen – geschätzt. Und das freut mich.
Ich glaube, dass ich seinerzeit mit meinem Blogbeitrag zu #krankessystem vielen Piraten aus dem Herzen gesprochen habe.
Wir hätten da mehr draus machen können. Und ich meine ausdrücklich nicht den #hashtag alleine. Der ist vielleicht sogar blöd.
Mir gehts darum, Politik weiterzuentwickeln. Ich wollte für das einstehen, wofür viele 2012 Piraten gewählt haben.
Anders sein.
Frischen Wind ins System bringen.
Ehrliche Politik machen.
Mit Politikern, die nicht angepasst sind.
Darum streiten, dass wir im Plenum natürlich Laptops nutzen dürfen.
Weil wir das Internet leben.
Weil wir darüber vernetzt sind,
Weil wir darüber miteinander kommunizieren.
Ich möchte, dass wir das Kranke System da bespielen, wo es sinnvoll ist:
Wenn Grüne im Bundestag ja sagen, aber im Landtag Nein, weil der falsche Briefkopf drauf ist, dann ist das ein krankes System
Wenn Parteien sich weigern im Landtag Position zu beziehen wie bei G8/G9, dann ist das ein Krankes System
Wenn Rassisten 10, 15 oder über 20% bekommen, dann ist das ein krankes system
und wenn etablierte Parteien dann noch darüber überrascht sind, dann ist das halt ein krankes System
Aber: ich möchte nicht destruktiv im Landtag auftreten. Ich will da laut sein, wo es angebracht ist.
Wir müssen IMMER einen Plan B in der Hand haben und den nicht erst erarbeiten, wenn eine Zusammenarbeit gescheitert ist.
Wir haben viel liegen gelassen in den letzten Jahren.
Wir haben als Fraktion Fehler gemacht.
wir haben uns nie als richtiges Team gefunden
wir haben es versäumt, ein sinnvolles PR-Konzept umzusetzen
wir sind zu wenig nach draußen gegangen
wir haben uns im Klein-Klein verloren und alle Themen bespielt, und zu selten priorisiert
wir haben uns oft nicht als Einheit verstanden und zu wenig Solidarität zueinander gezeigt
wir haben uns speziell in den sozialen Medien nicht als Ganzes verstanden, zu wenig die guten Tweets der anderen retweetet
wir haben uns in Teilen den gegenseitigen Erfolg nicht gegönnt
wir haben insgesamt schlecht kommuniziert. intern und extern.
Ich möchte an einem Reboot mitarbeiten. Mich darin einbringen. Das werde ich tun, egal ob oder auf welchem Platz ich hier heute und morgen lande.
Ich wünsche mir und hoffe auf eine gute Durchmischung der Liste und der späteren Fraktion:
etwa die Hälfte MdL mit Erfahrung
ein paar Kommunalpolitiker
junge, wilde
Ich bin nun seit siebeneinhalb Jahren in dieser Partei.
Ich war in verschiedenen Arbeitsgruppen,
hab Pressearbeit gemacht,
war im Schiedsgericht, Büropirat, Kreisvorsitzender
hab an Satzungen gebastelt,
Programmanträge geschrieben,
war auf unzähligen Podiumsdiskussionen, Parteiveranstaltungen, Demos usw.
Ich war auf Platz 18 der Landesliste 2010, auf Platz 6 2012. Ich habe 2012 in meinem Wahlkreis das landesweit beste Ergebnis erzielen können. Das möchte ich gerne im Mai wiederholen.
In meinem Fachbereich haben wir ein sehr gutes Programm für die kommende Legislaturperiode mit vielen Erfahrungen aus dem Landtag und den vielen Fachgesprächen gebaut.
Ich arbeite seit fast zwei Jahren in der EK Familienpolitik, in der wir wichtige Punkte in den Abschlussbericht einbringen können. Kindergrundsicherung, BGE, Teilhabe … all das wird dort über alle Fraktionen hinweg durch unsere Initiative und Hartnäckigkeit Bestandteil sein.
Wir sind vorbereitet für die nächste Wahlperiode. Ich möchte das alles als Basis mit in den Landtag nehmen. Ich möchte weiterhin für eine piratige Kinder und Jugendpolitik einstehen.
Ich möchte aber auch mehr Verantwortung in der Fraktion übernehmen.
Ich möchte nach vorne gehen.
Wenn ihr mich wählt, wählt ihr einen Menschen, der unsere Sache lebt. Der Emotionen offen zeigt. Der mal laut sein kann. Der aber auch aneckt, nicht perfekt ist.
Meinen großen Fail auf allen Ebenen habe ich oben beschrieben.
Ich bitte Euch, mir den Rücken zu stärken, mir meine Fehler zu verzeihen.
Ich wünsche mir, dass ihr mich auf diese Liste wählt und wir gemeinsam diesen Laden wieder zum Leben erwecken.
Ich hab Bock diesen verkrusteten Altparteien mit einer starken Fraktion auf die Füße zu treten.
Ich hab Bock auf Wahlkampf.