Generalangriff auf freie #WLAN-Netzwerke stoppen: Verschärfung der #Störerhaftung verhindern!

dead-end-206862_640Die von der Bundesregierung geplante verschärfte Störerhaftung schadet dem Internet-Standort NRW. Die neuen Regeln widersprechen dem gemeinsamen Entschlussstand im Landtag NRW. Ich fordere in der nächsten Plenarsitzung in einem Antrag die Landesregierung auf, sich gegen diese schädliche Neuregelung einzusetzen und die Verschärfung der Störerhaftung zu verhindern.

Die geplante Neuregulierung der Haftung von WLAN-Anbietern versetzt Freifunk-Initiativen den Todesstoß. Sie stellt eben keine rechtliche Klarstellung dar, sondern eröffnet neue Felder für die Abmahnindustrie. Der Entwurf ist ein Rückschritt auf dem Weg zur Informationsgesellschaft und steht dem digitalen Wandel im Weg. Das schadet dem Internet-Standort Deutschland und insbesondere NRW und passt so gar nicht zur gerade von der Landesregierung ausgerufenen ´Digitalen Reform´ NRW 4.0.

Dienstanbieter haften bislang nicht ohne Kenntnis

Im §8 des Telemediengesetzes (TMG) ist das sogenannte Providerprivileg von Internet-Diensteanbietern geregelt. Hierin ist niedergelegt, dass Dienstanbieter für fremde Informationen, die durch ihre Netze und Angebote durchgeleitet werden, ohne eigene Kenntnis oder Mitwirkung grundsätzlich nicht verantwortlich sind.

In der deutschen Rechtsprechung gab es bisher unterschiedliche Interpretationen, ob derjenige, der einen drahtlosen Netzwerkzugang bereitstellt, ebenso als Internet-Diensteanbieter zu gelten hat, und inwieweit er von der Haftung für fremde Inhalte freigestellt ist. Aufgrund dieser Unklarheiten hat sich eine Abmahnindustrie darauf spezialisiert, Betreiber von WLAN-Netzwerken abzumahnen, indem ihnen Verantwortung für fremde Inhalte aufgrund einer angenommenen Störerhaftung zugewiesen wird.

Die Bundesregierung plant, den §8 des Telemediengesetzes zu überarbeiten. Es sollen zwei weitere Absätze hinzugefügt werden, die zur rechtlichen Klarstellungen dienen sollen. Ein entsprechender Entwurf ist an die Öffentlichkeit gelangt. Dieser gibt Anlass zu Besorgnis, denn er führt zu einer Verschlechterung der Lage von WLAN-Anbietern und ruft neue rechtliche Unsicherheiten hervor.

Zwar wird im Entwurf die Haftungsfreistellung explizit auf Betreiber von WLAN-Netzwerken ausgedehnt. Gleichzeitig wird dem Netzwerkbetreiber auferlegt “zumutbare Maßnahmen” zu ergreifen, um Missbrauch zu verhindern. Es soll, so der Entwurf, “in der Regel durch Verschlüsselung oder vergleichbare Maßnahmen” verhindert werden, dass sich “außenstehende Dritte” unberechtigten Zugriff auf das jeweilige WLAN verschaffen.

Auferlegte Maßnahmen sabotieren Freifunk

Damit ist der Betrieb eines echten Freifunknetzes nicht mehr möglich. Dieses richtet sich ausdrücklich an jedermann im Netzbereich, ohne dass die Identität jedes Nutzers bekannt ist. Gerade durch den Verzicht auf Verschlüsselung oder Zutrittskontrolle steht ein solches Netz jedem Menschen im Einzugsbereich zur Verfügung, auch Passanten und Besuchern. Es ist schlichtweg nicht möglich, jeden im Einzugsbereich eines Freifunknetzes zu registrieren und zu identifizieren. Der “digitale Schluck Wasser”, den man seinen Nachbarn und Passanten seines Hauses anbieten möchte, wird dadurch faktisch ausgeschlossen.

Dies ist ein fatales Signal für den Standort Deutschland: In nahezu allen Ländern Europas ist ein freier WLAN-Zugang an allen Orten eine Selbstverständlichkeit. Man kann sich überall in den Städten und öffentlichen Verkehrsmitteln bewegen und findet an vielen Orten freie Netzwerkzugänge ohne Registrierung und Namenspflicht. Nur in Deutschland kann es solche Zugänge dann nicht mehr geben. Damit schließt sich Deutschland selbst vom digitalen Fortschritt, Partizipation und Teilhabe im Netz aus. Die Breitbandstrategie von Bund und Ländern wird konterkariert. Breitbandzugang, der laut Bundesgerichtshof Teil der materiellen Lebensgrundlage der Menschen ist, wird verkompliziert und verwehrt.

Aber selbst ein verschlüsseltes WLAN mit Zutrittskontrolle ist nicht sicher darstellbar. Wie Passanten eines WLANs in zumutbarer Weise identifiziert werden sollen, ist vollkommen unklar und wird auch wieder Gegenstand von juristischer Klärung und neuen Abmahnwellen sein. Die Erfassung und Speicherung von Nutzern stellt ihrerseits ein Datenschutzrisiko dar. Durch die Identifikation und Vorratsdatenspeicherung innerhalb der WLANs werden Bewegungsprofile möglich. Eine solche Speicherung auf Ebene der Netzwerke ist mit dem Gebot der Datensparsamkeit nicht zu vereinen.

Weiter sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Nutzer des WLAN explizit einwilligen sollen, in der Nutzung des Dienstes keine Rechtsverletzungen zu begehen. Eine solche Einwilligung ist ein rein formaler Akt und bestätigt eine Selbstverständlichkeit, welche niemand von Rechtsverletzungen abhält, der solche zu begehen plant. Sie ist inhaltlich unwirksam und stellt Zugangsanbieter vor Probleme, eine solche Zustimmung rechtssicher einzuholen und zu dokumentieren. Die Probleme der Störerhaftung werden mit den vorgesehenen Änderungen nicht aus dem Weg geräumt, sie werden verschärft.

Vorratsdatenspeicherung bei privat betriebenen WLAN

Im vorliegenden Entwurf findet sich ein Formulierungsvorschlag, der Anbietern, die den Zugang nicht “anlässlich einer geschäftsmäßigen Tätigkeit oder als öffentliche Einrichtung zur Verfügung stellen”, auferlegt, auch den Namen des Nutzers zu kennen. Dies beträfe dann neben allen Privatleuten auch alle Freifunk-Anbieter. Wie Privatleute und Freifunk-Anbieter den tatsächlichen Namen aller ihrer Besucher feststellen und speichern sollen, ist vollkommen unklar und technisch sowie rechtlich nicht sicher darstellbar.

Im Übrigen kann ein Rechtsverstoß ohnehin nicht einer einzelnen Person zugeordnet werden, da alle Nutzer in einem WLAN-Netzwerk unter derselben IP im Internet unterwegs sind, und die Aufzeichnung, wer dieser Benutzer wann, welche Inhalte im Netz abgerufen hat, gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Benutzer verstößt.

Zur rechtssicheren Erfüllung dieser Auflage wären sonst ausgerechnet gerade die privaten Betreiber von WLAN-Netzwerken zu einer sogenannten „Deep Packet Inspection“ sowie einer vollständigen Vorratsdatenspeicherung genötigt. Unter Deep Packet Inspection ist zu verstehen, Datenpakete inhaltlich zu überwachen und zu filtern. Es müssten sowohl der Datenteil als auch der Headerteil des Datenpaketes untersucht werden, um festzustellen und zu speichern, wer welche Inhalte wann aufgerufen hat. Ein tatsächlicher, vom Nutzer beabsichtigter Missbrauch eines offenen Netzzuganges würde damit in keinem Fall verhindert.

Spezialgesetz für Filehoster

§10 des Telemediengesetzes regelt, wann Provider für Daten haften, die sie für einen Nutzer speichern. Bislang tritt diese Haftung erst nach Kenntnis eines rechtswidrigen Vorgangs ein, auch hier profitiert der Provider von einem Haftungsprivileg für fremde Inhalte.

Dieses Privileg soll nun eingeschränkt werden. Der Entwurf sieht vor, “besonders gefahrgeneigte Dienste” zu definieren, auf die das Privileg nicht anzuwenden ist. Ein solcher Dienst sei dadurch gekennzeichnet, dass

• “die Speicherung oder Verwendung der weit überwiegenden Zahl der gespeicherten Informationen rechtswidrig erfolgt”,
• “der Diensteanbieter durch eigene Maßnahmen gezielt die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung fördert”,
• “in vom Diensteanbieter veranlassten Werbeauftritten mit der Nichtverfolgbarkeit bei Rechtsverstößen geworben wird” oder
• “keine Möglichkeit besteht, rechtswidrige Inhalte durch den Berechtigten entfernen zu lassen”.

Was eine “weit überwiegende Zahl” ist, wie diese festgestellt wird und welches eigene Maßnahmen sind, eine solche Gefahr zu fördern, ist vollkommen unklar und wird Gegenstand von rechtlichen Auseinandersetzungen und neuen Abmahnungswellen sein. Prinzipiell kann jeder Speicheranbieter genutzt werden, auch illegale Inhalte abzuspeichern – es kann aber nicht die Lösung sein, ganze Dienstklassen zu kriminalisieren.

Gerade Anbieter von Cloud-Dienstleistungen in Deutschland werden sich mit Problemen der Auslegung auseinandersetzen müssen, welches den digitalen Gründerstandort Deutschland erneut schwächt. Eine Haftung für fremde Inhalte auch ohne Kenntnis davon macht den Betrieb eines solchen Dienstes unmöglich.

Der NRW-Landtag ist gegen Störerhaftung

Mit Drucksache 16/4427 hat der Landtag NRW in einem gemeinsamen Antrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Piratenpartei die Landesregierung aufgefordert, auf die Beschränkung des Haftungsrisikos für die Betreiberinnen und Betreiber offener WLANs durch eine Ausweitung der Haftungsprivilegierung für Access-Provider gemäß §8 Telemediengesetz hinzuwirken sowie die stärkere Verbreitung offener Zugänge zum Internet zu fördern.

Der derzeitige Entwurfsstand des Telemedien-Änderungsgesetzes erfüllt diese Forderungen nicht nur nicht, er sorgt sogar für eine Verschlechterung der Lage. In ihrer Regierungserklärung vom 29.01.2015 hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft die Bedeutung des digitalen Wandels herausgestellt und erklärt, den notwendigen Beitrag leisten zu wollen, diesen Wandel zum Wohle des Landes, seiner Wirtschaft und seiner Bürgerinnen und Bürger zu gestalten. Gerade die konsequente Hinwendung zur Digitalisierung bietet Chancen für unsere Wirtschaft, wie sie die Ministerpräsidentin in ihrer Rede betonte. Auch die Bedeutung von frei zugänglichen WLAN für unser Land hat sie herausgestellt.

Der vorliegende Entwurf stellt einen Rückschritt auf dem Weg zur Informationsgesellschaft dar und steht dem digitalen Wandel im Weg.

Ich habe beantragt, dass der Landtag NRW folgende Feststellungen trifft:

• Der unbeschränkte Zugang zu freien Netzen an möglichst vielen Orten ist Voraussetzung eines erfolgreichen Wandels zur Informationsgesellschaft. So wird das Grundrecht auf breitbandigen Internetzugang unterstützt, welcher zur materiellen Daseinsvorsorge aller Menschen gehört.
• Betreiber offener Netzzugänge müssen dem Providerprivileg unterliegen, ganz gleich ob der Zugang per WLAN oder kabelgebunden erfolgt, ganz gleich ob der Zugang aus kommerziellen oder nicht geschäftsmäßigen Gründen zur Verfügung steht.
• Der Landtag begrüßt die Absicht, das Providerprivileg in §8 TMG grundsätzlich auch auf WLAN-Betreiber auszudehnen.
• Die vorgesehenen Kontroll-, Identifikations-, Belehrungs- und Aufzeichnungspflichten stellen Betreiber vor neue Haftungsrisiken und ungeklärte technische und rechtliche Probleme, ohne dass sie zu zusätzlicher Sicherheit vor Rechtsverletzungen führen.
• Hürden und Einschränkungen von offenen Netzwerkzugängen sind kontraproduktiv für den digitalen Wandel.
• Innovative Anbieter neuer Cloud-Dienstleistungen dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden.

Folgende Aufforderungen an die Landesregierung soll der Landtag NRW richten:

• sich auf allen politischen Ebenen dafür einzusetzen, dass die Änderung des Telemediengesetzes auf die Klarstellung beschränkt bleibt, dass die Haftungsfreistellung gem. §8 TMG auch für Anbieter von WLAN-Zugängen gilt,
• sich gegen Kontroll-, Identifikations-, Belehrungs- und Aufzeichnungspflichten einzusetzen, die WLAN-Betreibern auferlegt werden sollen,
• sich gegen die Einführung neuer “besonders gefahrgeneigter Dienste” in §10 TMG einzusetzen, welche für gespeicherte Inhalte ihrer Nutzer auch ohne Kenntnis haften sollen.


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Generalangriff auf freie WLAN-Netzwerke stoppen

Die von der Bundesregierung geplante verschärfte Störerhaftung schadet dem Internet-Standort NRW. Die neuen Regeln widersprechen dem gemeinsamen Entschlussstand im Landtag NRW. In einem Antrag bei der nächsten Plenarsitzung fordert die Piratenfraktion die Landesregierung auf, sich gegen diese schädliche Neuregelung einzusetzen und die Verschärfung der Störerhaftung zu ver­hindern.

Daniel Schwerd, Netz- und Medienpolitischer Sprecher:

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Fraktionssitzung vom 10.03.2015

In unserer heutigen Fraktionssitzung (10.03.15) bereiteten wir die anstehenden Plenartage vor und verabschiedeten unsere vorbereiteten Anträge ans Plenum.
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Diese Woche: Jugendliche überprüfen Wahlversprechen #U28

Daniel Düngel, Foto: Anke KnipschildDiese Woche stellt sich Daniel Düngel auf Facebook den Fragen von Jugendlichen
 www.facebook.com/BDKJ.NRW

Heute hat er die erste Antwort zum Thema Rechtsextremismus gegeben. Was er gesagt hat, seht ihr hier.

Am Mittwoch, 11.03. und Freitag, 13.03. folgen die nächsten Antworten.

Und übrigens: KOMMENTARE ERWÜNSCHT! Weiterlesen ›

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Arbeitskreis 4: Sitzung vom 09.03.2015

Themen des Fraktions-Arbeitskreises #4 (F-AK4): Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Klimaschutzplan, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft, Verbraucherschutz, Wirtschaft,  Mittelstand, Energie und Bergbausicherheit, Enquete Chemische Industrie, Enquete FINÖPV, PUA BLB, LEP

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[audio:https://cloud.piratenfraktion-nrw.de/index.php/s/NfGfLugj5HuSApl&download]
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Protokoll der Sitzung

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Netzneutralität: Taliban-ähnliche Entwicklung?

Netzneutralität: Taliban-ähnliche Entwicklung?

Kleine Anfrage 3211

Daniel Schwerd

Drucksache 16/8137

10.03.2015

Antwort MBEM Drucksache 16/8352 08.04.2015

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Kein ´MegaBits. MegaHerz. MegaStark´ auf NRWs Straßen

Jetzt Landesmittel für Testregion ´Autonomes Fahren´ in NRW freimachen

Auf den Autobahnen in NRW wird es keine Teststrecke für autonomes Fahren geben. Der Testrecke auf Autobahnen in NRW wurde durch Bundesverkehrsminister Dobrindt eine Absage erteilt. Das Bundesverkehrsministerium will ausschließlich in Bayern auf der A 9 ein „Digitales Testfeld Autobahn“ für das autonome Fahren schaffen.

Oliver Bayer, Sprecher der Piratenfraktion im Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr:

Mit der Absage aus Berlin hat es den Ankündigungsweltmeister Minister Groschek mal wieder kalt erwischt. Erst in der letzten Woche präsentierte der Verkehrsminister im Ausschuss stolz seine Pläne zur Digitalen Infrastruktur und zum Autonomen Fahren. Aber nach der Feststellung durch Bundesverkehrsminister Dobrindt sind die nichts als heiße Luft. Weiterlesen ›

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Antrag auf regelmäßiges Live-Streaming im Landtag NRW

Mit einem Antrag an den Ältestenrat fordern wir, sämtliche Sitzungen live in das Internet zu übertragen.

Marc Grumpy Olejak, Parlamentarischer Geschäftsführer der Piratenfraktion NRW:

„Es ist ein bürokratisches Monster, für jede Sitzung, für jede Anhörung oder für jedes Sachverständigengespräch einzeln das Live-Streaming beantragen zu müssen. Diese Vorgehensweise wird dem allgemeinen Wunsch nach mehr Transparenz nicht gerecht. Wir beantragen daher, dass die ohnehin schon geregelte Öffentlichkeit der Landtagssitzungen dahin gehend erweitert wird, dass auch den Menschen außerhalb des Landtags regelmäßig gezeigt wird, was in ihrem Parlament passiert.

Bis auf wenige Ausnahmen sind die Sitzungen ohnehin ‚öffentlich‘. Bislang beschränkt sich diese Öffentlichkeit aber auf die Räume im Landtag – die Menschen müssen sich aktiv auf den Weg machen und auf einen Sitzplatz in den Konferenzräumen hoffen, in denen selbst Journalisten oft keinen Platz mehr finden. Weiterlesen ›

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#Netzneutralität: Oettinger sieht Taliban-ähnliche Entwicklung

In einer Diskussionsrunde der Reihe „BMF im Dialog: Wachstumstreiber Digitalisierung” des Bundesministerium für Finanzen sprach der EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft Günther Oettinger über Netzneutralität, Telemedizin und intelligente Verkehrssicherheitssysteme in einem Podium mit dem Parlamentarischen Staatssekretär Steffen Kampeter (CDU) und dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom AG Timotheus Höttges. Oettinger stellte darin die These auf, dass es zugunsten von Telemedizin und Verkehrssicherheitssystemen geboten sei, auf Netzneutralität zu verzichten, er deutete an, dass es Leben gefährde, wenn solche Systeme nicht mit Vorrang im Internet bedient werden. Die Bemühungen (speziell auch aus Deutschland), Netzneutralität gesetzlich zu sichern, nannte er “Taliban-ähnliche” Entwicklungen.

Julia Reda hat den bemerkenswerten Monolog von Oettinger hier hochgeladen, und dazu hier einen lesenswerten Blogpost verfasst.

Oettinger stößt damit argumentativ in das gleiche Horm wie Angela Merkel vergangenen Dezember auf einem Vodafone-Kongress, was ich im Handelsblatt online hier kommentiert hatte: “Frau Merkel, sie spielen falsch!”

Ich frage mich, wie man Telemedizin und Verkehrssicherheitssysteme gestalten will, die auf eine permanente Internetverbindung angewiesen sind, wo es doch bekannt ist, das Internet mobil nicht überall zur Verfügung stehen kann, und man mit Verbindungsabbrüchen auch im stationären Internet rechnen muss. Unverständlich ist auch, wie eine Aufhebung der Netzneutralität dieses Problem lösen soll. Am unverständlichsten ist es für mich allerdings, warum der Parlamentarische Staatssekretär Kampeter und der Vorstandsvorsitzende der Deutsche Telekom AG Höttges ihm diesen Unsinn nicht achtkantig um die Ohren geschlagen haben.

“Wenn man in die falsche Richtung läuft, hat es keinen Zweck, das Tempo zu erhöhen.”
Birgit Breuel, dt. Politikerin u. Managerin, bis 1995 Präsidentin der Treuhandanstalt

Ich kenne keine konkreten Produkte, Anwendungen, Dienste oder Forschungen aus den Bereichen Telemedizin oder intelligenter Verkehrssicherheit, deren verlässliches Funktionieren von einem Echtzeit-Internetzugang einerseits, und der Abwesenheit von Netzneutralität andererseits angewiesen sind. Ganz im Gegenteil: Lebenswichtige oder lebensbedrohliche Systeme, wie die Tele-Operation im Organbereich oder die Kollisionswarnung im Straßenverkehr dürfen sich nicht auf Echtzeit-Internetkommunikation verlassen. Das Internet ist prinzipbedingt nicht zu 100% ausfallsicher, und das mobile Internet erst recht nicht überall lückenlos verfügbar, man denke z.B. an Unterführungen oder abgelegene Bereiche. Kein lebensgefährliches System darf sich in solchen Situtationen auf Internet verlassen müssen.

Aber vielleicht liege ich ja falsch. Inspiriert von vergleichbaren Fragen, die Julia Reda an die EU-Kommission geschickt hat, werde ich die Landesregierung in einer kleinen Anfrage folgendes fragen:

  1. Welche konkreten Produkte, Anwendungen und Forschungen aus dem Bereich Telemedizin sind der Landesregierung bekannt, deren verlässliches Funktionieren von der Abwesenheit von Netzneutralität sowie von einem Echtzeit-Internetzugang abhängig ist? Nennen Sie für jeden einzelnen Fall jeweiliges Unternehmen bzw. Institut oder Krankenhaus und Anwendungsbereich. Bitte nennen Sie nur konkrete Produkte, Anwendungen und Forschungen, keine Cluster oder generelle Debatten.
  2. Welche konkreten Produkte, Anwendungen und Forschungen aus dem Bereich intelligenter Verkehrssicherheit und Mobilität (wie etwa Kollisionswarner) sind der Landesregierung bekannt, deren verlässliches Funktionieren von der Abwesenheit von Netzneutralität sowie von einem Echtzeit-Internetzugang abhängig ist? Nennen Sie für jeden einzelnen Fall jeweiliges Unternehmen bzw. Institut und Anwendungsbereich. Bitte nennen Sie nur konkrete Produkte, Anwendungen und Forschungen, keine Cluster oder generelle Debatten.
  3. Sind der Landesregierung sonstige Produkte bekannt, deren verlässliches Funktionieren von der Abwesenheit von Netzneutralität sowie von einem Echtzeit-Internetzugang abhängig ist? Nennen Sie für jeden einzelnen Fall das Produkt, jeweiliges Unternehmen bzw. Institut und Anwendungsbereich. Bitte nennen Sie nur konkrete Produkte mit deren (Marken-)Bezeichnungen, keine Cluster oder generelle Debatten.
  4. Wie bewertet die Landesregierung lebenswichtige bzw. lebensbedrohliche Systeme (wie zum Beispiel Tele-Operationen im Organbereich bzw. Kollisionswarner im Strassenverkehr), deren einwandfreies Funktionieren von Abwesenheit der Netzneutralität sowie von einem Echtzeit-Internetzugang abhängig ist?
  5. Welche Schritte ergreift die Landesregierung, um Netzneutralität auf Bundes-, Landes- und Europaebene im Sinne des Landtagsbeschlusses „Für echtes Netz: Netzneutralität dauerhaft gewährleisten und gesetzlich festschreiben!” mit der Dokumentennummer 16/5777 voranzutreiben?

Auf mein Betreiben hin gibt es einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der Piratenfraktion „Für echtes Netz: Netzneutralität dauerhaft gewährleisten und gesetzlich festschreiben!” mit der Dokumentennummer 16/5777 Jetzt ist die Landesregierung gefordert, diesem Beschluss Leben zu verleihen.

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Na dann gute Nacht

Keine weitere Initiative für ein Nachtflugverbot am Flughafen Köln/Bonn Mit ihrem Bericht zu den Flughäfen in NRW zeigt die Landesregierung den von Fluglärm betroffenen Bürgern die kalte Schulter. Es werden keine Alternativen aufgzeigt und weitere Initiativen sind nicht geplant – na dann gute Nacht. Der Flughafen hat ausschl ießlich Gesellschafter der öffentlichen Hand, einschließlich des […]
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