Rückblick: Drei Wochen im Juni – PPP, Fahrscheinloser ÖPNV und RRX
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Neues Gesetz erlaubt, Flüchtlinge schuldlos einzusperren
Das am 2. Juli vom Deutschen Bundestag verabschiedete „Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ ist ein weiteres Puzzleteil der Bundesregierung zur Verschärfung des Asylrechts. Nachdem im letzten Jahr Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsstaaten“ benannt wurden, will man nun Menschen jederzeit inhaftieren können, um deren Rücküberstellung nach der Dublin-Verordnung oder die Abschiebung in die angeblich „sicheren Herkunftsstaaten“ sicherzustellen. Zwar ermöglicht das Gesetzvorhaben (mithilfe einer Junktim-Regelung) vereinzelte Verbesserungen im Bereich von Kettenduldungen von bereits lange in Deutschland lebenden Flüchtlingen, aber im gleichen Gesetz wird eine unverhältnismäßige Härte gegen Neuankömmlinge eingeführt. Viele werden durch die teilweise unvermeidliche Unterstützung durch Helfer oder verlorene Pässe kriminalisiert und damit ihre Flucht unter Strafe gestellt. Legale Fluchtwege und Einwanderungsmöglichkeiten gibt es aber nach wie vor kaum. Damit liefern fast alle Flüchtlinge Inhaftierungsgründe laut Gesetz.
Das deutsche Asylrecht wird damit weiter ausgehöhlt. Das neue Bundesgesetz ist kein gutes Zeichen für Deutschland als Motor eines vereinten und offenen Europas. Wir sehen hier durchaus Widersprüche zum Geist der europäischen Grundrechtecharta. Auch die großen Zeitungen wie Spiegel und Süddeutsche appellierten an die MdB diesem Gesetz nicht zuzustimmen. Es hat nichts genutzt, und es ist zu erwarten, dass über die Verschärfung des Asylrechts und die weitere Kriminalisierung von Flucht ausgerechnet die Rechtspopulisten jubeln werden.
NRW hat sich auf diese Asylrechtsverschärfung leider schon vorbereitet und den größten Abschiebeknast Europas in Büren wieder ans Laufen gebracht. Dafür haben die regierungstragenden Fraktionen vor drei Monaten mit allen Mitteln und allen rechtlichen und humanen Widerständen und Einwänden zum Trotz ein rechtswidriges Gesetz durchgepeitscht und dabei sogar ein Urteil des EuGH ignoriert. Es reicht nicht, Gitterstäbe anzumalen: Eine ehemalige Strafvollzugsanstalt kann nicht die Vorgaben des EuGH an die Ausgestaltung der Abschiebehaft erfüllen.
Seit Jahren steigen die Abschiebezahlen in NRW. Durch das nun verabschiedete Gesetz kann ein Großteil der Flüchtlinge mit Dublin-Verfahren in Büren inhaftiert werden. Zur Erinnerung: Als ‚Dublin-Verfahren‘ bezeichnet man die Verfahren, bei denen ein Geflüchteter bereits in einem anderen EU-Land registriert wurde, bevor er in Deutschland Asyl beantragt. Gemäß dem sog. ‚Dublin-Übereinkommen‘ kann Asyl nur in dem Land beantragt werden, in dem der Geflüchtete erstmalig registriert wurde. 2014 wurde in mehr als 8.000 Fällen in NRW ein solches Verfahren eingeleitet. Hinzu kommen die Menschen aus Serbien, Mazedonien und anderen angeblich „sicheren Herkunftsstaaten“, die nun aber direkt aus Sonderlagern heraus abgeschoben werden sollen. Es ist damit kaum möglich, auf legalem Weg nach Deutschland zu gelangen. Die Landes- und Bundesaufnahmeprogramme für syrische Flüchtlinge sind ausgelaufen und einen Termin in den deutschen Botschaften, um Visa für den Familiennachzug zu beantragen, gibt es – aktuellen Presseberichten zufolge, die wir als realistisch einschätzen – offensichtlich nur gegen Cash. Dieser Korruptionsskandal ist eine Schande.
Wir appellieren an die Kommunen und Ausländerbehörden, mildere Mittel als Abschiebehaft oder -gewahrsam anzuordnen. Zumal die Inhaftierung in Büren unserer Meinung nach immer noch gegen EU-Recht verstößt.
Um einen Überblick über die Abschiebpraxis in NRW zu erhalten, habe ich aktuell eine Reihe von Anfragen zur Thematik an die Landesregierung gestartet:
Suizide, Suizidversuche und Selbstverletzungen von Asylsuchenden, Geduldeten und Ausreisepflichtigen
Chaos in der nordrhein-westfälischen Flüchtlingsaufnahme: Jetzt müssen endlich die Kräfte gebündelt werden
Frank Herrmann, Sprecher der Piratenfraktion im Innenausschuss zur erneuten Krise der NRW-Flüchtlingsaufnahme:
Leider war dieser erneute Zusammenbruch des Erstaufnahmesystems absehbar. Die Landesregierung kalkuliert die benötigten Aufnahmeplätze immer wieder zu eng und ist von einem Bedarf von 10.000 Plätzen ausgegangen. Allerdings nehmen Menschenrechtsverletzungen, Kriege und Krisen zu, daher wird die Landesregierung in Flüchtlingsfragen keine Sommerpause einlegen können. Wir brauchen 20.000 Plätze, die grundlegende Qualitätsstandards erfüllen müssen und in denen Menschen zur Ruhe kommen und nicht nach maximal zwei Wochen in Kommunen ohne weitere Betreuung weitergeleitet werden. Mit zwei Gipfeln, warmen Worten und einem einzelnen Personalausstausch ist die Neukonzeption der Flüchtlingsaufnahme nicht zu schaffen. Die Landesregierung muss nun endlich den Kopf aus dem Sand ziehen und eine Interministerielle Arbeitsgruppe schaffen. Die Kräfte müssen gebündelt werden: Alle Ministerien müssen für die Bewältigung der Dauerbaustelle Flüchtlingsaufnahme zusammenarbeiten.
Es geht einfach nicht, was sich die Regierung hier seit Monaten leistet. Im September 2012 ist die Flüchtlingsaufnahme das erste Mal zusammengebrochen, und seither jagt ein Aufnahmestopp den nächsten. Leidtragende sind die Flüchtlinge und Kommunen. Die Kommunen müssen mittlerweile auch noch die Fahrtkosten zu den Anhörungen im BAMF zahlen. Die Flüchtlinge werden in NRW immer noch nicht anständig versorgt und betreut. Auch nach dem Misshandlungs-Skandal von Burbach fehlt es immer noch am Nötigsten. Das muss sich dringend nachhaltig ändern.
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CSD ja – gerne überall
Gleiches Recht für queere Vielfalt
Birgit Rydlewski, Abgeordnete der Piratenfraktion NRW, zum Christopher Street Day:
„Warum gibt es eigentlich nicht überall einen CSD? Die Notwendigkeit dafür besteht ganz offensichtlich nach wie vor. Immer noch gibt es in unserer Gesellschaft Vorurteile gegenüber Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Transgender, Transsexuellen, Intersexuellen, Asexuellen und Polyamourösen. Sie alle werden nicht nur mit offenen Vorurteilen, sondern auch mit struktureller Diskriminierung, u.a. in Form von Gesetzen, konfrontiert. Wenn Schwule und Lesben sich zwar verpartnern dürfen, jedoch bei vielen wichtigen Rechtsfolgen nach wie vor schlechter gestellt sind als in der Ehe, dann ist das diskriminierend. Weiterlesen ›
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Düstere Zeiten
Düstere Woche.
Nach diversen Übergriffen auf Unterkünfte von Geflüchteten (Freital, Meißen), nach der Erkenntnis, dass Gewalttaten von Rechten zunehmen, gestern die Abstimmung für eine Asylrechtsverschärfung. Kaum Gegenproteste.
Heute nach NSU und gegen alle Erkenntnisse Abstimmung für mehr Befugnisse des Verfassungsschutzes, mehr Geld, mehr Mitarbeiter*innen, mehr Straffreiheit bei Informant*innen. Kaum Gegenproteste.
Ich weiß nicht mehr so recht weiter. Was für einen Text schreibt man dann?
Einen erklärenden, um noch drei bis fünf Bürger*innen zu erreichen?
Einen wütenden, in der Erkenntnis, dass Demos offenbar hauptsächlich was bringen, wenn sie rechts motiviert sind?
Einen traurigen, weil gefühlt alles im Umkreis nur noch Abwehrkämpfe sind gegen ein in sich rassistisches System mit einer Mehrheit in der Mitte der Gesellschaft?
Einen ohnmächtigen, weil man den Sinn nicht mehr sieht darin, weiterzumachen?
Einen aufwieglerischen, weil irgendwie noch ein wenig Hoffnung in einer radikalen Linken steckt?
Oder einfach gar keinen mehr?
Flüchtlingsaufnahme: Das große Stühlerücken beginnt
Frank Herrmann, Sprecher der Piratenfraktion im Innenausschuss zur vorzeitigen Absetzung des Arnsberger Regierungspräsidenten Dr. Gerd Bollermann:
Der Schritt war überfällig. Seit ein paar Wochen wissen wir, dass gegen 50 Menschen im Zusammenhang mit dem Misshandlungsskandal von Burbach durch die Staatsanwaltschaft Siegen ermittelt wird. Darunter sind auch Mitarbeiter der Bezirksregierung und Polizisten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte in der Bezirksregierung Arnsberg aufgeräumt werden müssen. Jetzt wird das Sommerloch genutzt, um heimlich, still und leise, Konsequenzen zu ziehen – in der Hoffnung, dass die Flüchtlingsaufnahme in Zukunft runder läuft. Weiterlesen ›
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Themen-Mumble: gerechte Bezahlung im Kindergarten
Jetzt am Donnerstag, 02.07.2015, sprechen wir mit euch über eine gerechte Bezahlung für Erzieherinnen und Erzieher und die Auswirkungen durch den Kita-Streik.
Uns interessiert Eure Meinung dazu. Daniel Düngel und Olaf Wegner diskutieren mit Euch. Die Diskussion ist für eine Stunde angesetzt, danach ist wie immer noch eine halbe Stunde Zeit, um zu quatschen, Fragen zu unserer Arbeit zu stellen oder auch eine Runde Kritik loszuwerden.
Also macht mit!
Donnerstag, 02.07.2015, 19.00-20.30 Uhr
Mumble: Gliederung/Nordrhein-Westfalen/temporäre Räume/Fraktion
Wir freuen uns auf Euch und eine spannende Diskussion.
SPD, Grüne und CDU wollen Demokratieabbau durch Sperrklausel
Über das Demokratieverständnis politischer Parteien kann man manchmal eben nicht trefflich streiten. Wir Piraten sind bekanntlich gegen die Einführung von Sperrklauseln auf kommunaler Ebene; auch gegen jene Sperrklausel, welche Rot-Grün in NRW aktuell einfordert.
Grund: Es gibt eben jene gesellschaftlichen kleinen Gruppen, deren Stimmen in den Räten und auch in Parlamenten notwendig sind, weil sie in repräsentativen Demokratien oftmals den Ausschlag für ein lebens- und liebenswertes, gesellschaftliches Miteinander darstellen. Das nennen wir gemeinhin auch „Partizipation“.
Offenbar sind diese (wenigen) Stimmen zuweilen auch entscheidend, wenn man gerade mal nach Köln schaut und die dortigen Ratsmehrheitsverhältnisse betrachtet. Dort schicken sich SPD und Grüne gerade an, ihre nicht vorhandene Mehrheit im Rat vermittels einer Tolerierungs-Vereinbarung durch die Piraten-Ratsgruppe zu erlangen. Eine Gruppierung, die mit der geforderten Sperrklausel nicht vertreten wäre. Das Ergebnis in 2014 bei der Kommunalwahl war 2,1 % der Stimmen. Die Sperrklausel von Rot-Grün will 3 %, die der CDU will 2,5 %; so ganz einig ist man sich noch nicht.
Wieviel Bigotterie braucht´s noch, um die Demokratie an die Wand zu fahren? Parteien mit einem solchen Demokratieverständnis (SPD, Grüne, CDU) als Mehrheitsbeschaffer und Sperrklauselopfer (Piraten) zu unterstützen müsste nach meiner Auffassung – und nicht zuletzt mit Blick auf Köln – ab sofort sehr sehr „teuer“ werden.
Denn niemand hat jemals behauptet, dass Demokratie bequem ist.
Landesgeschäftsführer Trennheuser von Mehr Demokratie e.V. bringt es heute auf den Punkt: „Mit solch einem Trauerspiel leistet man der Parteienverdrossenheit Vorschub“.
Ich fordere: Schraubt nicht an der Verfassung rum, um eure Machtspielchen zu treiben! Glaubt nicht, dass die Menschen in unserem Land das nicht bemerken!
Wer wie die Sozial- und Christdemokraten undifferenziert und ohne jeden Beleg für die vermeintlichen Begründungsansätze in Hinblick auf die unmittelbaren Lebensräume der Menschen (Kommunen/Gemeinden) Sperrklauseln fordert, kratzt unweigerlich am nachhaltigen Bestand der Demokratie. Das Defizit liegt auf der Hand; die Stimmen von hunderttausenden, gar Millionen Menschen in NRW, wären angesichts beabsichtigter Sperrklauseln künftig nicht mehr berücksichtigungsfähig. Die Parteien- und Gruppierungsvielfalt würde ein massives Defizit erfahren. Soll dieser Sperrklausel-Move hinter vorgehaltener Hand „gegen Rechts“ gehen, so sei all den lupenreinen Demokraten zugerufen: Rechte Strömungen, Gruppierungen und Parteien bekämpft man mit bunter (Parteien-)Vielfalt, guten Argumenten bei den Menschen und dadurch, dass man in Worten und Taten lebt:“Kein Fußbreit!“
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Vorratsdatenspeicherung: Kneift Ministerpräsidentin Kraft?
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Kraft,
am vergangenen Donnerstag gab es im Landtag in NRW eine denkwürdige Aktuelle Stunde. Es ging vor allem um das parteipolitische Hickhack innerhalb der SPD zur Frage der Vorratsdatenspeicherung. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten Sie sich als Regierungschefin des Landes NRW zur so wichtigen Frage, ob in Deutschland massenhaft und anlasslos Kommunikationsdaten der Bürger gespeichert werden dürfen, noch nicht öffentlich geäußert. Und sie taten es auch letzte Woche nicht, obschon von der Opposition dazu aufgefordert. Weiterlesen ›
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