Nichts.
Rein gar nichts ist passiert, seit Edward Snowden heute vor 100 Tagen zum ersten Mal über die Machenschaften von NSA und GCHQ berichtete. Die Bundesregierung konzentriert sich auf Ablenkungsmanöver, unternimmt aber nichts. Sie schützt weder die Bürger im Land, geschweige denn die Unternehmen.
Seit 100 Tagen wissen wir, dass das Internet unterwandert wird. Damals berichteten die Washington Post und der Guardian, was ihnen der Whistleblower Edward Snowden gesteckt hatte. NSA & Co. beobachten, was wir tun, was wir lesen, was wir suchen, was wir kaufen, ja sogar unser Kontoauszug ist nicht mehr sicher. Sogar wo wir uns aufhalten, ist nicht länger Privatsache. Per Knopfdruck können Spione alles über uns herausfinden – Passwörter, Surfverhalten, Krankheitsgeschichte, Aufenthaltsort… Sogar die Farbe und Größe unserer Unterwäsche ist für sie nachvollziehbar, wenn wir die Slips online eingekauft haben.
Die Empörung war zunächst groß. Aber was wurde in der Zwischenzeit korrigiert?
Nichts.
Im Gegenteil: Herr Pofalla erklärt den NSA-Skandal für offiziell beendet, Frau Merkel spricht den Amerikanern ihr vollstes Vertrauen aus, und selbst bei uns im Land NRW verschließen die etablierten Parteien die Augen vor den Spionage-Machenschaften der „Freunde“.
Wir haben im Juni und Juli insgesamt fünf Anträge in den Landtag NRW eingebracht, die sich allesamt mit Prism & Co. beschäftigen.
Wir fordern, dass Menschen und Unternehmen in Deutschland wirksam vor in- und ausländischer Datenspionage geschützt werden. Dafür benötigen wir in NRW unter anderem dringend die sofortige und vollumfängliche Überprüfung aller IT-Systeme der Landesbehörden (Drucksache 16/3249). Leider haben sich just in dieser Woche die anderen Fraktionen dagegen ausgesprochen: sie haben unseren Antrag im Innenausschuss abgelehnt und dabei bestätigt, dass sie noch nicht einmal PRÜFEN wollen, ob unsere IT-Systeme sicher sind. Ein Armutszeugnis, wie wir finden. Unbegreiflich, dass selbst vor diesem Thema das parteitaktische Kalkül der anderen Fraktionen nicht Halt macht.
Gerade Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsreichstes Bundesland muss sich der Aushöhlung von Grundrechten, Demokratie und digitaler Kultur durch zügellose Überwachung widersetzen (Drucksache 16/3436).
Nicht nur die Bürger, auch die Unternehmen müssen vor der Wirtschaftsspionage geschützt werden. Wir fordern eine Aufklärungs- und Beratungskampagne für Unternehmen: eine Task-Force von IT-Sicherheitsexperten sowie Vertretern der Wirtschaft, Landesregierung und Landtagsfraktionen soll weitere konkrete Maßnahmen zum Schutz der Wirtschaft in NRW erarbeiten. Aktuell werden die Unternehmen mit ihrem Schicksal allein gelassen – das muss sich schnellstens ändern! (Drucksache 16/3434).
Auch auf europäischer Ebene besteht dringender Handlungsbedarf: Wir sehen mit dem britischen Überwachungsprogramm „Tempora“ die EU-Verträge verletzt (Drucksache 16/3441). Die EU-Kommission kann einen solch eklatanten Verstoß gegen die europäische Rechtsordnung nicht hinnehmen. Sie muss ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Wir haben bereits eine entsprechende Unterschriften-Kampagne mit www.stopwatching.eu initiiert.
Alle Informationen über Prism & Co. liegen uns dank Edward Snowden vor. Er hat sein Privatleben hinter sich gelassen, ist seitdem auf der Flucht, selbst sein Partner ist bereits ins Visier der Fahnder geraten. Das Wort „Whistleblowing“ bekam mit Edward Snowden eine noch nie dagewesene Bedeutung. Whistleblowing hat einen nachhaltigen Wert für die Gesellschaft. Informationen über Missstände und Risiken bei Betrieben, Behörden, Organisationen und Regierungen gelangen so rechtzeitig an die Stellen, die diese überprüfen und abstellen können. Daher fordern wir eine umfassende Unterstützung und den Schutz von Whistleblowern. Dazu gehören unter anderem Möglichkeiten zur anonymen und verschlüsselten Weitergabe von Informationen, unabhängige Anlaufstellen für Beamte und Landesbedienstete sowie die Entwicklung eines Schulungsprogramms für die Einrichtung eines effektiven Petitions- und Hinweisrechts für Unternehmen, Betriebsräte und Gewerkschaften (Drucksache 16/3437).
Weitere Anträge sind in Vorbereitung.
Was ist bisher bei den Menschen im Land angekommen?
Nichts.
Was wir in den Debatten und Gesprächen immer wieder erleben, ist die Tatsache, dass die Gefahr, die von Prism & Co. ausgeht, leider noch immer nicht bei den Menschen angekommen ist. Die Politiker der anderen Fraktionen haben sie nicht erkannt, zahlreiche Bürger im Land tun sich ebenfalls schwer, die Situation für sich einzuschätzen. Dieser Überwachungsskandal ist wie Radioaktivität: man spürt lange nichts, bis es zu spät ist.
Deswegen machen wir es jetzt konkret: Wir stellen euch Eduard Schnee vor. Er stellt exemplarisch „den Bürger“ dar, wie er tagtäglich ausspioniert wird, bzw. werden kann. Was für Daten sind das?
Alle.
Jede digitale Information, jede Zahl, jede Bewegung gehört mittlerweile zu dem Kreis der Daten, die von Prism & Co. erkannt, gespeichert und analysiert werden können. Selbst die Tatsache, dass Du Dir diesen Text hier gerade durchliest, kann von den Prism-Mitarbeitern just in diesem Moment nachvollzogen werden. Spielt man das mal durch – kommen immense Datenmengen zusammen: der Einzelverbindungsnachweis vom Handy, das Passwort zum Online-Banking, die Größe der Schuhe, die man online bestellt hat, der Chatverlauf, in dem man dem Kumpel mitteilt, dass man Vater wird – Alles digitale dieser Welt ist trotz möglicher Passwörter nicht mehr sicher.
Das mag im Einzelfall nicht „schlimm“ sein, könnte man meinen. Sollen die Prism-Leute doch lesen, dass ich mich heute Abend zum Stammtisch per Chat verabrede, könnte man meinen. Aber es ist ein großer Unterschied, ob ich öffentlich bei Facebook poste, dass ich heute zum Stammtisch gehe, oder ob sich jemand in meinen Chatverlauf einklinkt: Die Entscheidung über die Mitwisserschaft wird mir bei Prism abgenommen. Ich will Herr meiner Daten bleiben: Meine Daten gehören mir.
Also, denk‘ mal drüber nach, was über dich bereits online abgespeichert ist. Willst du wirklich, dass dies jemand ohne dich zu fragen liest, speichert und analysiert?
Eduard Schnee, 36, wohnt in Cloppenburg. Wir zeigen Dir auf den nächsten Seiten exemplarisch ein paar Daten über ihn, wie sie von Prism ebenfalls gesehen werden können. Diese Liste ist natürlich keinesfalls vollständig. Ganz im Gegenteil: Sie ist nur der Anfang. Eduard Schnee wird uns weiter begleiten. Immer wieder werden wir weitere Daten hinzufügen, immer wieder wird er uns ein Stück weit vertrauter.
Wie intensiv und wie bekannt, hängt vor allem von den Machenschaften ab, die wir noch von Prism & Co. erfahren werden.
Eine „neverending Story“?
Nein.
Wir wollen einen Punkt setzen. Wir werden weiter kämpfen. Für eine Privatsphäre. Gegen einen gläsernen Bürger.
Das Leben des Eduard Schnee. Hereinspaziert.
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“ Frau Merkel spricht den Amerikanern ihr vollstes Vertrauen aus“
ach wenn es denn nur so wäre :), Was passiert wenn Merkel jemand vollstes Vertrauen ausspricht wissen wir ja alle 🙂
Ich würde wetten, dass der gute Herr Schnee bald Post von der GEZ oder so bekommt 😀