Plenarrede: Olaf Wegner zu Stärkung des Kinderschutzes

Donnerstag, 25. April 2013

 

TOP 13.Kinderschutz stärken – Interkollegialen Austausch von Kinderärzten bei Verdacht auf Kindesmisshandlungen ermöglichen!

Antrag der Fraktion der CDU
Unser Redner: Olaf Wegner
Unsere Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung

Das Wortprotokoll zur Rede von Olaf Wegner:

Olaf Wegner (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Menschen am Stream und auf der Tribüne! Wir haben jetzt schon einiges zum Thema „Kinderschutz“ gehört. Auch ich bin für den Schutz von Kindern. Auch ich bin für den Austausch von Informationen zwischen Kinderärzten. Prinzipiell bin ich auch für unkomplizierte, webbasierte Lösungen.

Mit der grundsätzlichen Intention des Antrags erkläre ich mich durchaus einverstanden. Schauen wir uns den Antrag etwas genauer an! Der Antrag bezieht sich direkt im ersten Satz auf Art. 6 Abs. 1 unserer Landesverfassung. Dort wird die Achtung der Würde eines Kindes als eigenständige Persönlichkeit und das Recht auf besonderen Schutz durch Staat und Gesellschaft herausgestellt.

Im zweiten Absatz werden des Weiteren die Rechte des Kindes auf gewaltfreie Erziehung und den Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung unter den Schutz des Staates gestellt. Aber ist das genug? Art. 19 der UN-Kinderrechtskonvention geht in seinen Forderungen erheblich weiter. Ich zitiere:

„Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs-, Sozial- und Bildungsmaßnahmen, um das Kind vor jeder Form körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung, Schadenszuführung oder Misshandlung, vor Verwahrlosung oder Vernachlässigung, vor schlechter Behandlung oder Ausbeutung einschließlich des sexuellen Missbrauchs zu schützen …“

Mir ist diese Definition sehr wichtig, weil sie die Dimensionen von Kindeswohl sehr gut umfasst. Der heute vorliegende Antrag der CDU-Fraktion soll Kinder durch einen verbesserten Austausch unter Kinder- und Jugendärzten schützen.

Als Beispiel für ein Instrument zum interkollegialen Austausch über sogenannte unklare Befunde spricht die CDU in ihrem Antrag das Duisburger RISKID-Programm an. Herr Hafke hat schon genau erklärt, worum es sich dabei handelt. Arztpraxen greifen dabei auf begrenzte Patientendaten und Daten anderer Praxen zurück.

Wenn man sich die Beschreibung ansieht, hört sie sich erst einmal sehr gut an. Das eigentliche Problem ist aber, dass es sich auch bei diesem Programm ohne Einverständniserklärung der Eltern um einen strafbewehrten Verstoß gegen die Schweigepflicht handelt. Damit dürfte dies wohl eher ein sehr stumpfes Schwert sein.

Denn Eltern, die die Aufdeckung von Kindeswohlgefährdung befürchten, werden eine solche Einverständniserklärung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht abgeben. Auch auf diese Problematik ist Herr Hafke bereits eingegangen.

Und sollte die Schweigepflicht aufgehoben werden, verlagert sich das Problem dadurch unter Umständen lediglich, da auf diese Weise wiederum der Vertrauensschutz ausgehöhlt würde und dem Arzt viele wertvolle Informationen gar nicht mehr anvertraut würden.

Bei diesen Gedanken breitet sich mir ein mehr als leicht flaues Gefühl im Magen aus, wenn ich mir vorstelle, dass Kinder dann unter Umständen nicht einmal mehr eine erste Hilfe bekommen.

Zudem ist es traurig, dass im vorliegenden Antrag zum Kinderschutz der Datenschutz überhaupt nicht erwähnt ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir halten solche webbasierten Datenbanklösungen nämlich immer auch für ein datenschutzrechtliches Problem – erst recht, wenn darin Gesundheitsdaten von Kindern abgelegt werden.

Wir haben bei Arztpraxen nachgefragt, was sie von dem Duisburger Modell halten und ob sie Alternativen sehen. Ich möchte hier beispielhaft einen Kinderarzt zitieren:

Die Schaffung einer neuen Rechtsgrundlage würde es insbesondere den ängstlichen kinder- und jugendärztlichen Kollegen erleichtern, bei begründetem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung rasch und effizient zu handeln. Dabei ist eine Datenbank aus meiner Sicht nicht der Königsweg, sondern auch ein telefonischer Austausch auf dem kurzen Dienstweg kann sehr hilfreich sein. – Zitat Ende.

Der Datenschutz gehört für uns Piraten zum Kinderschutz dazu. Nicht umsonst fordert die von mir vorhin zitierte UN-Kinderrechtskonvention „alle geeigneten Gesetzgebungs‑, Verwaltungs‑, Sozial- und Bildungsmaßnahmen“ zum Schutz von Kindern. Die Betonung liegt hier auf „geeignet“.

Ich frage mich wirklich, welche Instrumente geeignet sind und welche Möglichkeiten und Grenzen sich dabei zeigen. Eine Datenbanklösung mit allen damit einhergehenden datenschutzrechtlichen, technischen sowie Manipulations- und Missbrauchsrisiken erscheint mir, was die Eignung angeht, eher problematisch.

In welcher konkreten Form wir uns für den Schutz unserer Kinder vor Misshandlungen tatsächlich einsetzen können, diskutiere ich gerne mit Ihnen im Ausschuss.

Gestatten Sie mir noch eine kleine grundsätzliche Ergänzung. Statt mit weiteren Überwachungsinstrumenten solchen unsäglichen Verbrechen ohnehin nur hinterherzulaufen, sollten wir vielleicht einmal darüber nachdenken, wie man mit den in der UN-Kinderrechtskonvention vorgeschlagenen Sozial- und Bildungsmaßnahmen den Ursachen vorbeugen kann. Auch darüber diskutiere ich gerne mit Ihnen im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Wegner. – Nun hat die Landesregierung das Wort. Es spricht Frau Ministerin Steffens.

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