In einer bislang beispiellosen weltweiten Aktion melden sich 562 Schriftsteller aus 83 Nationen zu Wort, darunter Namen wie Paul Auster, T.C. Boyle, Günter Grass, Umberto Eco, und beziehen aktiv Stellung zu den jüngsten Enthüllungen zur Überwachung durch Geheimdienste wie der amerikanischen NSA. Sie rufen auf zur Verteidigung der Demokratie in der digitalen Welt und fordern, dass jeder Bürger das Recht haben muss, mitzuentscheiden, in welchem Ausmaß seine Daten gesammelt, gespeichert und ausgewertet werden. Unter deutlichem Hinweis auf die Unschuldsvermutung als einer zentralen Errungenschaft unserer Zivilisation appellieren sie an die Vereinten Nationen, eine „Internationale Konvention der digitalen Rechte“ zu verabschieden.
Das ist einfach großartig! Daran gibt es nichts, rein gar nichts abzumarkten. Die von Juli Zeh und Ilija Trojanow initiierte Aktion verdient unseren höchsten Respekt. Punkt. Und es zeigt einmal mehr, dass speziell im literarischen Engagement eine Kraft wohnt, zukünftige Entwicklungen nicht nur zu antizipieren oder zu befürchten, sondern diese auch ausdrücklich zu kritisieren und dazu Forderungen aufzustellen. Auch ich habe die damit verbundene Petition unterzeichnet.
Leider melden sich Intellektuelle viel zu selten zu politischen Problemen in einem so großen Stil und in Form einer gemeinsamen Erklärung zu Wort. Auch wenn einige wissenschaftlich Tätige wie etwa Ulrich Beck oder Peter Sloterdijk in der Initiative vertreten sind, wo seid ihr Humanwissenschaftler und vor allem ihr Naturwissenschaftler und Ingenieure? Tragt ihr etwa keine gesamtgesellschaftliche Verantwortung? Überwachung geht alle an, auch und gerade alle Intellektuellen. Eure Aufgabe besteht geradezu darin, als an den Rändern der Erkenntnis, als an sozialen und technischen Innovationen Arbeitende, gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zu zukünftigen Entwicklungen und ihren Gefahren und Möglichkeiten Stellung zu beziehen.
Also nochmal: Wo seid ihr alle? Elfenbeintürme sind Vergangenheit, wir leben im 21. Jahrhundert. In einem globalen Netz, von dem das Internet nur ein Teil ist. Und wenn die Freiheit und Selbstbestimmung im Internet bedroht ist, was glaubt ihr, wie lange es dauert, bis auch die Freiheit im „Real Life“ bedroht ist?
Sie ist es schon.
Denn das Internet ist Bestandteil des Real Life. Es ist eine Weiterung unserer physischen Existenz. Daher fordere ich, die Charta der Menschenrechte und darüber hinaus auch die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland um ein „Recht auf digitale Unversehrtheit“ zu ergänzen,
so wie es @Tante auf seinem Vortrag auf der Open Mind 12 angeregt hat. Punkt.
Und was macht die etablierte Politik hier, die sich gerade anschickt, ins neue Bundeskabinett einzuziehen? Sie zeigt sich „beeindruckt“ und will – in Person von Sigmar Gabriel – „ein Gespräch“ führen. Trotz Vorratsdatenspeicherung.
Einen Kommentar dazu schenke ich mir.
das wurde auch Zeit das sich jemand kümmert.
Hallo Herr Rohe,
in der Tat, wir haben das auf dem Schirm.
LG, Joachim Paul