Kein Gemauschel mit Landeseigentum!

Gestern haben wir im Plenum auf eine dritte Lesung zum „Gesetz zur Neuordnung im Bereich der Schul- und Studienfonds“ bestanden. Wir wollten den Antrag gerne zurück in den Ausschuss überweisen und dort erneut beraten (was leider abgelehnt wurde!) und das Gesetz dann im Januar neu beschließen.

Worum geht es?

Die Landesregierung will ein Gesetz verabschieden, dass es ihr ermöglicht die Schul- und Studienfonds „Bergischer Schulfonds“, „Gymnasialfonds Münstereifel“, „Münster’scher Studienfonds“ und „Beckum-Ahlen’scher Klosterfonds“ aufzulösen und die bisher geltende Zweckbindung damit aufzuheben. Bisher wird aus diesen Fonds die Arbeit der Universität Münster (in ausgewählten Fachbereichen) und von mehreren katholischen Gymnasien gefördert.

War das ein Problem?

Bis zum vergangenen Montag war das kein Problem. Durch die Konstellation war unklar wer wirklich Eigentümer der Fonds war. Es war sehr unwahrscheinlich, dass es sich dabei nicht auch um Kirchengeld handeln würde. In der Anhörung (fünf Experten) wurde jedoch auf Nachfrage der Piraten von allen anwesenden Juristen klar herausgestellt, dass es sich bei dem Vermögen um Eigentum des Landes Nordrhein-Westfalen handelt. Leider konnte ich nicht mehr persönlich am Ende der Aussprache und abschließenden Beratung anwesend sein und so mussten wir die eigene Auswertung am Dienstag durchführen. Dabei sind wir zu der Überzeugung gekommen, dass es ein Unding ist, einfach 117 Mio. € an die Kirche zu verschenken, wenn es dazu keinen rechtlichen Anlass gibt. (Die genauen Zahlen stehen in diesem Dokument auf Seite 30, 31, 49 und 67)

Warum nicht einfach ein Redebeitrag?

Im Normalfall hätten wir sicherlich einfach in der Rede darauf hinweisen können. Uns ist aber aufgefallen, dass keine Fraktion sagen konnte, warum das Geld einfach so abgegeben wird. Die beiden großen haben mit einem „das war schon immer so, die Verhandlungen haben so begonnen“ argumentiert, auch wenn die CDU sich im Plenum enthalten hat – im Ausschuss hatten sie noch zugestimmt. Die FDP hatte nur ein einziges Ziel: Das Geld für die Uni Münster zu erhalten. Wir haben diese unglaubliche Ignoranz gegenüber der neuen Situation gesehen und eine dritte Lesung (nach §78(1) der GOLT)verlangt.

Warum dann so eine Aufregung?

Am Dienstag vor der Plenarwoche ist immer „PGF-Runde“. Dort treffen sich die parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen informell und bereiten die Sitzung des Ältestenrates am nächsten Tag vor. Dabei wurde wohl gefragt, ob eine Fraktion vorhabe, eine dritte Lesung zu einem Punkt zu fordern. Nur unter diesen Umständen würden Gesetze am letzten Plenartag des Jahres behandelt werden können (wegen der Sperrmöglichkeit siehe jetzige Situation). Zu diesem Zeitpunkt und auch in der Sitzung des Ältestenrates am 11.12. war noch alles in Butter und Monika hat diese Zusage getroffen. Darum sah die Beantragung der dritten Lesung erst am Donnerstag morgen wie ein Move aus, war es aber nicht…

Was war es dann, wenn nicht geplant?

Zunächst einmal stand Monika und standen die beiden anderen in der ÄR-Sitzung voll zu ihrem Wort – sie hatten ja keine neue Sachlage. Diese ergab sich erst mit dem folgenden Montag (16.12.). Bis zu dem Tag wollten wir ja zwar meckern wegen der unklaren Situation, aber hätten uns wahrscheinlich einfach enthalten, bzw. der Entflechtung von Geldern und Aufgaben sogar zugestimmt.

Wann habt ihr euch umentschieden?

Wir haben am Dienstag abends über die neue Sachlage geredet. Am Mittwoch haben wir neben dem Plenum einen saftigen Entschließungsantrag schreiben wollen, der fordert das Geld selber zu verwenden. Im Laufe der Erstellung dieses Dokumentes wurde uns auch bei Gesprächen mit anderen Fraktionen eben klar, dass die das mit dem eigentlichen Eigentümer einfach ignorieren würden. Am Mittwoch Abend hatten wir uns dann entschlossen eine dritte Lesung zu empfehlen. Wir haben mit Monika und Joachim gesprochen, die ihre Unterstützung zugesagt hatten und haben einen Umlaufbeschluss gestartet. Um 22:32 war dieser mit 10 „Dafür-Stimmen“ positiv abgestimmt.

Warum dann diese Aufregung?

Der Finanzminister hat seinen Anteil des Geldes teilweise schon im Haushalt 2013 verplant. Daher musste das Gesetz noch in dieser Woche beschlossen werden, um noch rechtzeitig verkündet werden zu können. Nachdem wir die 3. Lesung nach §78 (1) der Geschäftsordnung beantragt hatten, wollten die rot-grüne Regierungsfraktionen diese noch am selben Tag stattfinden lassen. Das haben wir nach §78 (2) der GO abgelehnt und eine Rücküberweisung in den Ausschuss beantragt. Der nächstmögliche Termin wäre also der Freitag gewesen, blöd wenn da schon so viele in den Süden unterwegs sind, ansonsten Montag der 23.12. oder Freitag der 27.12. – zu spät für eine rechtzeitige Verkündung.

Mit einer Unterbrechung der Sitzung ein Einwirken auf unseren Vorstand wurde versucht, Druck aufzubauen, den Widerspruch zurückzunehmen und doch noch am selben Tag die 3. Lesung zu machen. Gleichzeitig wurde – selbstverständlich – die Überweisung in den Ausschuss abgelehnt. In einer „kleinen Fraktionssitzung“ während des Plenums haben wir uns jedoch mit einer überwältigenden Mehrheit dagegen entschieden.

Was passiert jetzt?

Da wir keinen Termin in diesem Jahr mehr bekommen haben, ist der Zug für 2013 abgefahren. Wir vermuten die 3. Lesung wird am 29.01.14 stattfinden. Leider wird im Landtag bis dahin nicht mehr über das Gesetz beraten, es kommt unverändert wieder zur Abstimmung. Wir werden in den nächsten vier Wochen alles Tun, was uns möglich ist um darüber aufzuklären, was hier für ein krummer Deal stattfindet. Es ist ein Skandal, dass der Finanzminister bereit ist im höchstverschuldeten Bundesland einfach so eine dreistellige Millionensumme zu verschenken.

Wir sind der Meinung, das Land muss es auf einen Prozess ankommen lassen, soll die Kirche doch klagen. Wir PIRATEN sind nicht im Landtag um 5 Jahre alles durch zu winken und auf die nächste Wiederwahl zu hoffen…

Wir stellen das mal in Frage!

Als "Politiker aus Notwehr" habe ich innerhalb von 3 Jahren mitgemacht, was andere in Jahrzehnten erleben. Jetzt also der Landtag! Tägliches Recken und Strecken, um das Unmögliche zu erreichen: unsere neue Art, Politik zu machen, auch im Parlament zu etablieren. Mehr Gespräche, mehr Verständigung, weniger Lagerdenken. Das ist mein Ziel!

Veröffentlicht unter 20 Piraten, Abgeordnete, Finanzen, Haushalts- und Finanzausschuss (A07), Homepage, Michele Marsching
2 Kommentar auf “Kein Gemauschel mit Landeseigentum!
  1. Hans Schemmer sagt:

    Bitte bleibt konsequent und euren Prinzipien treu!
    Die kath. Kirche in Deutschland ist auch über monatliche Gehaltszahlungen des Landesamtes für Besoldung NRW an ihre obere Priesterkaste dermaßen reich, dass es niemand verstehen würde, hier zusätzliches Geld an diese Institution zu verschleudern. Es gibt wichtigere Aufgaben: Kindergärten, Schulen u .v. a. m., wo das Geld besser angelegt ist.
    Gruß
    Hans Schemmer

  2. Alex sagt:

    Danke, Piraten. Super das es noch jemanden gibt der solche Deals erkennt und anprangert.
    Diese Arbeit wird von vielen Wählern registriert und sicherlich auch bei der nächsten Wahl honoriert.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*

*