Plenarrede: Lukas Lamla zum Umgang mit Vergewaltigungsopfern an kath. Krankenhäusern

20. Plenarsitzung, 23.01.13

TOP 7. E i l a n t r a g

Jedes Krankenhaus muss Vergewaltigungsopfer medizinisch versorgen. Religiöse Grundsätze dürfen dabei keine Rolle mehr spielen!

Eilantrag auf Antrag der Fraktion der Piraten, Drucksache: 16/1953

Unser Redner:  Lukas Lamla

Audiomitschnitt der Rede von Lukas Lamla

Videomitschnitt der Rede von Lukas Lamla

 

 

Wortprotokoll der Rede von Lukas Lamla:

Präsidentin Carina Gödecke: Die Fraktion der Piraten hat diesen Eilantrag mit Schreiben vom 21. Januar 2013 fristgerecht eingebracht.

Der Entschließungsantrag der CDU ist wahrscheinlich noch nicht bei Ihnen angekommen, wird aber im Laufe der Debatte verteilt werden. Wir haben ihn gerade im Sekretariat erhalten.

(Zurufe von den PIRATEN: Wie sollen wir denn darauf eingehen?)

Falls er nicht verteilt werden kann, greifen die entsprechenden Regelungen in der Geschäftsordnung. Dann werde ich ihn vorlesen, damit er hier auch behandelt und entsprechend beschieden werden kann.

Nach diesen Vorbemerkungen eröffne ich die Beratungen und erteile für die antragstellende Fraktion Herrn Kollegen Lamla das Wort.

Lukas Lamla (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuschauer! Eine vergewaltigte Frau sucht in ihrer Not und Verzweiflung einen ärztlichen Notdienst auf. Solche Einrichtungen dienen für gewöhnlich der Behandlung von leichten Erkrankungen außerhalb der Öffnungszeiten von Arztpraxen. Die dort Dienst leistende Ärztin erkennt die Lage sofort und handelt richtig. Die Ärztin will keine Zeit verlieren; denn sie weiß: Eine gynäkologische Untersuchung, eine Spurensicherung und eine seelische Betreuung ihrer Patientin sind jetzt dringend geboten – Maßnahmen, die sie selbst nicht erbringen kann.

Sie ruft das nächstgelegene Krankenhaus an, um die Patientin zügig dorthin zu überweisen. Doch sie wird abgewiesen. Die Ärztin ruft ein weiteres Krankenhaus an und bittet um die Übernahme ihrer Patientin. Doch sie wird wieder abgewiesen.

Ich dachte bisher, dass die Krankenhäuser ein Ort der Hilfe sind, ein Ort, an dem immer geholfen wird, wenn es jemandem nicht gut geht.

Diese beiden Krankenhäuser haben etwas gemeinsam. Es sind katholische Krankenhäuser. Bei katholischen Krankenhäusern muss sich eine Betroffene von sexualisierter Gewalt unter Umständen von so einer einfachen Erwartung verabschieden. Gleich zwei katholische Krankenhäuser in Köln sollen laut den Medienberichten einem mutmaßlichen Vergewaltigungsopfer eine voll umfängliche Versorgung verwehrt haben.

Dieser Fall scheint nur die Spitze des Eisbergs zu sein. In den Medien tauchen in den letzten Tagen und Wochen immer mehr Berichte über Fälle auf, in denen betroffene Frauen oder Angehörige von ähnlichen Erlebnissen erzählen. Ich frage mich, in wie vielen Kranken-häusern Vergewaltigungsopfern außerdem noch Hilfe verwehrt wurde.

Ein katholisches Krankenhaus, welches Steuergelder aus dem Landeshaushalt bekommt, hat eine Behandlungspflicht allen hilfsbedürftigen Menschen gegenüber – unabhängig von der Herkunft, von der Hautfarbe oder von dem Glauben.

Meine Damen und Herren, das, was hier passiert ist, nennt man schlicht und ergreifend unterlassene Hilfeleistung.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Noch deutlicher wird das Fehlverhalten, wenn man bedenkt, dass die Betroffenen Opfer von K.o.-Tropfen gewesen sind. Kommt es hier zu einer Verschleppung der Blutuntersuchung, können diese K.o.-Tropfen nicht mehr nachgewiesen werden. Eine Strafverfolgung wird so aktiv erschwert.

Meine Damen, meine Herren, in den letzten Tagen ist bei uns in NRW ziemlich viel kaputt-gegangen. Ich spreche hier vom Vertrauen der Bürger in die Krankenhäuser und in unser Gesundheitssystem. Die eigentlich gute Notfallversorgung in NRW hat einen massiven Imageschaden erlitten.

Das Vertrauen in alle Krankenhäuser muss wieder hergestellt werden. In einem solchen Fall sind wir alle fraktionsübergreifend gefragt, daran mitzuwirken. Ich wende mich ganz besonders an Sie, Frau Ministerin: Bitte tragen Sie zur Aufklärung aller Fälle bei! Bitte sorgen Sie dafür, dass zukünftig keinem Opfer von Vergewaltigung Hilfe ganz oder teilweise verwehrt wird.

Dabei darf es keine Rolle spielen, ob es ein katholisches Krankenhaus ist oder nicht. Eine medizinische Versorgung für Betroffene von sexualisierter Gewalt muss in allen Kranken-häusern in NRW einheitlich gewährleistet sein. Religiöse Glaubenssätze dürfen eine Aufnahme und Behandlung nicht verhindern.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Erlauben Sie mir an dieser Stelle noch eine kleine Anmerkung: Bereits gestern hieß es in der Presse aus den Reihen der SPD und der Grünen, man wolle einen eigenen Entschließungsantrag zum gleichen Thema stellen. Der Antrag der Piratenfraktion sei – so Zitat – zu technisch formuliert und ginge nicht weit genug.

Nun haben Sie in den letzten Stunden zwei oder drei Entschließungsanträge ausgeschwitzt. Schon beim ersten Blick auf die ersten Forderungen offenbart sich: Sie gehen überhaupt nicht weit genug. Denn Sie reduzieren Ihre Forderung auf diese zwei Vorfälle aus Köln, wo hingegen der Piraten-Antrag erst einmal die Landesregierung auffordert, alle Fälle zu erfassen und sie dann aufzuklären.

(Zuruf von den PIRATEN: Hört, hört!)

Mit diesem Verhalten zeigen Sie, dass es Ihnen nicht um den Inhalt geht. Es geht hier nicht um eine Aufklärung der Geschehnisse und die Wiederherstellung von Vertrauen, es geht hier um ein parteitaktisches Gehabe nach dem Motto: Alles, was nicht von uns ist, lehnen wir ab.

(Beifall von den PIRATEN)

Das Schlimme daran ist: Dies geschieht leider auf dem Rücken der Betroffenen. Ich bitte Sie: Bitte lösen Sie sich von einem solchen Verhalten! Hören Sie auf damit! Die Piratenfraktion wird Ihrem Antrag, dem Antrag der Grünen und der SPD, zustimmen, um mit einem guten Beispiel voranzugehen, denn für Parteigeplänkel ist dieses Thema viel zu wichtig. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Veröffentlicht unter Arbeit, Gesundheit, Soziales (A01), Politik, Reden, Reden
Ein Kommentar auf “Plenarrede: Lukas Lamla zum Umgang mit Vergewaltigungsopfern an kath. Krankenhäusern
  1. eckhard behrendt sagt:

    sehr gute Rede, wo aber ist der Mitschnitt der Reaktionen (SPD und Beginn CDU habe ich im Internet verfplgt. Aber CDU. Grüne und Ministerin war entfernt worden, Im Videaomitschnitt 15:30 – 16:00 war nur von der Ablehnung des Piraten antrags die Rede….

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