Fraktionssitzung vom 15.12.2015


Live-Protokoll der Sitzung

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Landesregierung ist mit blauem Auge davon gekommen

Zur heutigen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zum Effizienzteam erklären die Abgeordneten Marcus Optendrenk (CDU), Dirk Wedel (FDP) und Dietmar Schulz (Piraten):

„Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs akzeptieren wir. Bei dem Gegenstand des Verfahrens handelte es sich um eine bisher nicht geklärte grundlegende Frage des Informationsrechts des Parlaments, in der man unterschiedlicher Auffassung sein konnte und die deshalb einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs bedurfte. Das Gericht hat die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Effizienzteams sowie die Besetzung mit Abgeordneten der regierungstragenden Fraktionen ausdrücklich offen gelassen.

Die Landesregierung ist dennoch weiterhin gut beraten, Transparenz gegenüber Parlament und Öffentlichkeit herzustellen. Insoweit bleibt zu hoffen, dass die Informationspolitik der Landesregierung um das Effizienzteam ein einmaliger Ausreißer bleibt.

Wir werden auch in Zukunft alle uns zur Verfügung stehenden parlamentarischen Mittel ausschöpfen, um Informationen von der Landesregierung zu erlangen.“

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Liebe Adventsgrüße aus dem Landtag NRW

2015-12-15 Monika Pieper

 

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Zeitpunkt Runder Tisch G8/G9 ohne Sinn und Verstand

Zum heute [14.12.] stattfindenen Runden Tisch zu G8/G9 sagt Monika Pieper, Bildungspolitische Sprecherin der Piratenfraktion NRW:

Der Zeitpunkt für den heutigen Runden Tisch ist ohne Sinn und Verstand. Wie will man nach drei Monaten über das Für und Wider des 10-Punkte-Plans diskutieren? Der Zeitraum ist viel zu kurz, um die Wirksamkeit des Programms zu analysieren. Die Landesregierung handelt mal wieder nach dem Prinzip ´viel heiße Luft und nichts dahinter´.

Unabhängig von den Ergebnissen des heutigen Runden Tisches halten wir an unserer generellen Kritik an G8 fest. Vermeintliche Erleichterungen für die Schüler reichen nicht. Die Schüler benötigen ausreichend Zeit für eine umfängliche Bildung und Persönlichkeitsentwicklung.

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Zeitpunkt Runder Tisch G8/G9 ohne Sinn und Verstand

Zum heute stattfindenen Runden Tisch zu G8/G9 sagt Monika Pieper, Bildungspolitische Sprecherin der Piratenfraktion NRW:

Der Zeitpunkt für den heutigen Runden Tisch ist ohne Sinn und Verstand. Wie will man nach drei Monaten über das Für und Wider des 10-Punkte-Plans diskutieren? Der Zeitraum ist viel zu kurz, um die Wirksamkeit des Programms zu analysieren. Die Landesregierung handelt mal wieder nach dem Prinzip ´viel heiße Luft und nichts dahinter´.

 

Unabhängig von den Ergebnissen des heutigen Runden Tisches halten wir an unserer generellen Kritik an G8 fest. Vermeintliche Erleichterungen für die Schüler reichen nicht. Die Schüler benötigen ausreichend Zeit für eine umfängliche Bildung und Persönlichkeitsentwicklung.

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HEUTE: Fanhearing

Wir laden zum nächsten Fanhearing ein:

Heute, Montag, 14. Dezember 2015 / 18.30 Uhr im Landtag NRW (ab 18:00 Uhr kleiner Imbiss) / Platz des Landtags 1 / 40221 Düsseldorf

Unsere Themenvorschläge, die wir gerne besprechen möchten:

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TOP 2, 03.12.2015, Haushalt 2016, 2. Lesung, Einzelplan 06, Innovation, Wissenschaft und Forschung, Landtag NRW

Meine Rede zu TOP 2 am Donnerstag, den 03.12.2015 zum Einzelplan 06 „Innovation, Wissenschaft und Forschung“ im Rahmen der 2. Lesung des NRW-Haushaltes 2016

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Dr. Seidl. – Die Piratenfraktion schickt nun Herrn Dr. Paul ans Pult.

Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Vielen lieben Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer am Stream! Ich würde mir ja wünschen, dass eine solche hochschulpolitische Einzelplandiskussion im Netz so etwas wie ein Blockbuster wäre, ein Burner, ein Straßenfeger. Das wäre schön.

Versuchen wir doch einmal, uns vorzustellen, dass wir Haushaltsberatungen über einen Einzelplan führen, der für Innovation zuständig ist. Was würden wir von einem solchen Haushalt erwarten? – Wir würden doch zu Recht darüber reden, dass es wegweisende Forschungsprojekte gibt, die den Wissenschaftsstandort NRW deutlich nach vorn bringen.

Wir würden auch darüber reden, dass die digitale Revolution gerade an den Orten der Innovation – nämlich an den Hochschulen – erforscht und begleitet wird, dass nutzbare Technologie entwickelt und Grundlagenforschung ausgebaut werden. Und wir würden darüber reden, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, die es zulassen, ein Höchstmaß an Kreativität hervorzubringen.

Wir würden darüber reden, dass die Grundfinanzierung der Hochschulen auskömmlich und nicht pro Kopf rückläufig ist, dass die Labore ordentlich ausgestattet sind, dass Hochschulen als Orte der Wissenschaft demokratisch organisiert sind und dass die einzelnen Gruppen an den Hochschulen den demokratischen, den wissenschaftlichen und den gesellschaftlichen Diskurs üben und beleben.

Wir würden darüber reden, dass der Haushaltsplan jeder Bürgerin und jedem Bürger Auskunft darüber gibt, was mit den Steuergeldern an den Hochschulen passiert. Und wir würden über die Qualität von Forschungskooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft diskutieren. Vor allem wüssten wir, was dort passiert.

Allein – das ist ein schöner Traum. Das vorliegende Zahlenwerk ist kräftig – zugegeben; das muss man sagen dürfen –, aber es ist alles andere als innovativ. Die Landesregierung lässt keine eigene Forschungs- und Innovationsstrategie für die nordrhein-westfälische Hochschul- und Forschungslandschaft erkennen.

Wir haben in der letzten Anhörung im Wissenschaftsausschuss wieder einmal erleben dürfen, dass Sie mit der digitalen Revolution nicht nur nicht Schritt halten können, sondern dass Sie sie regelrecht verschlafen. Ein eigenes Profil ist nicht zu erkennen. Zu nennen ist hier vor allem der Bereich des digitalen Lernens.

Eigentlich hätte es heute eine historische Einzelplan-06-Debatte werden können. Liebe Frau Seidl, liebe Ruth, leider haben Sie mir das kaputtgemacht, indem Sie das Wort „Studiengebühren“ in den Mund genommen haben. Normalerweise kommt das immer von Schwarz-Gelb. Sie haben das Wort erwähnt. Schade!

Auf der anderen Seite möchte ich die Union, Herr Dr. Berger, einmal loben, denn sie scheint so ein bisschen aus ihrer Ecke hervorzukommen. Sie begnügt sich nicht mehr damit, die intellektuelle Fußtruppe der turboneoliberalen Bildungsökonomisierung zu sein, sondern sie kommt tatsächlich schon mal mit Konzepten.

Wir haben uns über Ihren Antrag zum digitalen Lernen wirklich gefreut und sehen die Chance, zusammen mit Rot-Grün und Gelb etwas machen zu können. Allerdings möchte ich erwähnen: Es gab zu diesem Thema schon drei Anträge von uns.

Kommen wir zu den Dingen, die sich nicht in diesem Haushalt finden. Es gibt keine – noch keine; wir arbeiten ja daran – Mittel, um Open Access an den Hochschulen zu verankern. Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden allein gelassen, und die Hochschulbibliotheken werden bei der Bereitstellung von Journals unter Druck gesetzt. In zwei Anhörungen hier im Landtag wurde von zahlreichen Expertinnen und Experten vorgetragen – Elsevier lässt grüßen –, dass die Preise durch die Verlage diktiert werden.

Für manche scheint das kein relevantes wissenschaftspolitisches Thema zu sein. Es ist aber sehr relevant. Wir sind auf dem Weg, wir sind auf dem Sturmlauf in die moderne Wissens- und Informationsgesellschaft, auch wenn Frau Kraft immer noch versucht, die nordrhein-westfälische Zukunft aus dem Kohlenstaub zu lesen. Aber Big Data lässt grüßen.

Es ist also unabdingbar, dass auch wissenschaftliche Publikationen in Onlinejournals und über Open Access publiziert werden müssen. Hier setzen die außeruniversitären Forschungseinrichtungen der Helmholtz- und der Fraunhofer Gesellschaft mal wieder die Standards.

Was passiert hier in der Landespolitik? – Man beschränkt sich auf Ankündigungen. Schauen wir uns mal den Bereich des digitalen Lernens an. Da haben wir mit der Fernuniversität Hagen den deutschlandweit größten Player im Kontext Blended Learning in Nordrhein-Westfalen. Wo ist das Signal aus Nordrhein-Westfalen, bei den Open Educational Resources Vorreiter zu sein? Das sind die Zukunftsthemen. Hier müssen Gelder investiert werden. Das ist im Haushalt zu finden unter Titelgruppe 00 000 – kommt nicht vor.

Wenn wir gerade bei Studienbedingungen sind: Die Piraten sind wohl die Einzigen, die noch Kritik an der Bolognareform formulieren. Viele meinen, dass sich durch die Bolognareform für Studierende und Lehrende an den Hochschulen vieles verbessert hat. Wir dürfen das nach wie vor anzweifeln und sind dabei nicht in schlechter Gesellschaft. Der Chef der Hochschulrektorenkonferenz Hippler sagt dazu, dass es seit der Bolognareform nicht leichter geworden sei, ins Ausland zu gehen.

Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident:

„Dieses Versprechen ist nicht wirklich erfüllt worden. Im Ausland müssen sie sich die Leistungen auch erst mal anerkennen lassen. Das ist oft nach wie vor schwierig.“

Zum anderen liege mit einem Bachelorabschluss keine berufliche Qualifikation vor, allenfalls eine Berufsbefähigung.

Unternehmen – das sagt auch McKinsey – sind jedoch auf der Suche nach Persönlichkeiten, nicht nur nach Absolventen.

So viel zu den Aussagen Hipplers.

Vor allem brauchen wir wieder ein Studieren in unterschiedlichen Geschwindigkeiten – wichtig für Inter- und Transdisziplinarität abseits der starren Vorschriften der Regelstudienvorgaben. Wir werden uns dafür einsetzen, dass der Begriff der Regelstudienzeit als Steuerinstrument und Regelungskriterium abgeschafft wird.

Von einem Mittel für die Sicherstellung der Freiheit von Forschung und Lehre wurde die Festlegung der Regelstudienzeit zu einem Knebel für alle an universitärer Forschung und Lehre Beteiligten. Speziell für inter- und transdisziplinäre Lehre und Forschung erweist sich eine Regelstudienzeit als kontraproduktiv und innovationshemmend. Man hat keine Zeit mehr, über den Tellerrand zu gucken.

Um angesichts des steigenden finanziellen und sozialen Drucks auf das gesamte Hochschulsystem eine merkbare Erleichterung zu schaffen und einen zeitgemäßen innovationsfreundlichen Begriff für Studium und Universität entwickeln zu können, muss die Regelstudienzeit fallen.

Wir gehen davon aus, dass nur so die Anzahl der erfolgreichen Studienabschlüsse an Hochschulen bundesweit gesteigert und die weiter stark steigende Zahl der Studienanfängerinnen und ?anfänger – das ist ja erfreulich – im gesamten Bundesgebiet bewältigt werden kann. Reibungslos war das mit dem doppelten Abiturjahrgang nämlich nicht, liebe Frau Seidl.

Weiter wollen wir offensichtlich als Einzige, dass alle Studierenden, die einen Masterplatz anstreben, diesen auch bekommen können. Ohne Masterplatzgarantie kann auch das beste Hochschulmanagement am Ende nur den Mangel verwalten. Da zu wenige Masterstudienplätze bereitstehen, werden individuelle Aufstiegschancen zunichtegemacht und somit gesamtgesellschaftliche Potenziale verschenkt.

Apropos Potenziale: Die Landesregierung ist auch dafür verantwortlich, dass die Kreativität an den Hochschulen eingeschränkt bleiben wird. Aktuell wird die Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes diskutiert. Wir sagen nach wie vor: Daueraufgaben sind mit Dauerstellen zu besetzen.

(Beifall von den PIRATEN)

Befristete Beschäftigungsverhältnisse sollten ausschließlich für eine Weiterqualifikation zulässig sein. Dabei darf es keine grundsätzliche zeitliche Obergrenze geben.

Das WissZeitVG regelt die Befristung von wissenschaftlichem und künstlerischem Personal in der Qualifizierungsphase sowie in drittmittelfinanzierten Projekten. Die gültige Form des WissZeitVGs hat zu einer Prekarisierung der wissenschaftlich und künstlerisch arbeitenden Menschen an Hochschulen und Universitäten geführt.

Durch die dort eröffnete Möglichkeit, für maximal zwölf Jahre befristete Verträge zu vergeben, wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit kurzen Vertragslaufzeiten unter Druck gesetzt. Viele befinden sich daher nach zwölf Jahren in einer beruflichen Sackgasse, erleben vielleicht einen Karriereknick, da einerseits eine befristete Weiterbeschäftigung nicht mehr möglich ist und andererseits Dauerstellen nicht existieren. Dieser Gap muss geschlossen werden.

Was hat das nun mit dem Haushalt zu tun? Eine ganze Menge; denn wir schieben jährlich einfach Geld an die Hochschulen, die damit die vermeintliche Freiheit auf dem Rücken der Beschäftigten ausleben. Sie belassen die Beschäftigten im Existenzkampf und schaden damit nachhaltig der Wissenschaft, der Innovation in Nordrhein-Westfalen.

Auch bei der Vergabe der Qualitätsverbesserungsmittel, also der Kompensationsmittel, werden die Mittel, pro Kopf gesehen, weniger. Eine nachhaltige Finanzierung und Stärkung der Lehre sieht nach unserer Auffassung anders aus.

Fazit: Uns fehlt in einem Haushalt, der sich mit Innovation auseinandersetzen soll, schlicht die Innovation.

Ja, die Steigerung von DFG-Mitteln ist lobenswert. Aber das bedeutet nicht, dass man sich zurücklehnen kann. Hier erforschte Patente müssen auch in NRW bleiben und umgesetzt werden. Dafür ist es nötig, eine Infrastruktur zu schaffen, die gründerfreundlich, innovationsfördernd und zukunftsgerichtet ist.

Wir werden diesen Einzelplan ablehnen, weil darin keine Vision vom Wissenschaftsstandort NRW zu erkennen ist. Er ist für uns auch niemals zustimmungsfähig, da er nach wie vor eine Versammlung von Intransparenzen darstellt. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Schulze das Wort.

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TOP 2, 03.12.2015, Haushalt 2016, 2. Lesung, Einzelplan 14, Wirtschaft, Landtag Nordrhein-Westfalen

Meine Rede zu TOP 2 am Donnerstag, den 03.12.2015 zum Einzelplan 14 „Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk“ im Rahmen der 2. Lesung des NRW-Haushaltes 2016

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Dr. Paul.

Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Raum und zu Hause! Ganz wesentlich für die Wirtschaft – das klingt dauernd an – ist heute in allen Teilen der Wirtschaft das digitale Potenzial. Die Zahlen zeigen leider: Es gibt bei uns noch keine breite Bereitschaft bei Unternehmen, kräftig in die Digitalisierung zu investieren. Trotz all der Konferenzen und Absichtserklärungen sind die Unternehmen noch immer auffällig zurückhaltend.

Unser Ziel muss es daher sein, dieses Potenzial zu heben, die auch mentalen Hürden zu nehmen und den Sprung in die Gigabitgesellschaft zu schaffen. Das – so scheint es wenigstens – steht in diesem Haus außer Frage.

Aber die politische Weichenstellung der letzten Monate verunsichert leider auch viele Unternehmen. Ich bin überzeugt, meine Damen und Herren, dass die aktuell gute Konjunkturlage täuscht – mit Blick auf die großen Herausforderungen, vor denen die Wirtschaft in Nordrhein?Westfalen steht.

In einigen Jahren wird die Politik dieser Legislaturperiode im Rückblick danach bewertet werden müssen, ob die richtigen Weichenstellungen für die digitale Revolution getroffen worden sind. Die Vorratsdatenspeicherung wurde wieder eingeführt, die Netzneutralität aufgeweicht – mit noch unabsehbaren Auswirkungen gerade für kleine Unternehmen. Wir alle kennen dazu das Statement der Telekom. Das lang angekündigte Breitbandförderprogramm setzt auf alte Kupferleitungen statt auf Glasfaser. Und jetzt will die Bundesnetzagentur sogar ein Vectoringmonopol erlauben.

(Zuruf von den GRÜNEN: Genöle!)

Folgen wir der Studie Mittelstandspanel 2015 von BDI und PricewaterhouseCoopers, sind die drei Topsorgen von Mittelstandsunternehmen hinsichtlich der Digitalisierung folgende:

Erstens: Datensicherheit.

Dem könnte man begegnen, indem man Open Source ein bisschen fördert. Die Geschichte mit dem BND gehört auch dazu. Wir haben zum Thema „Wirtschaftsspionage“ einen Antrag vorgelegt und dazu eine Anhörung gehabt.

Zweitens: Veränderungen in der Unternehmenskultur und in der Arbeitsorganisation.

Laut vieler Studien und nicht nur einer Studie ist etwa jeder zweite Arbeitsplatz von der Automatisierung bedroht – zunehmend auch Bürojobs. Unternehmenskultur sollte Menschen mit ihren kreativen Problemlösungskompetenzen in den Mittelpunkt stellen, da viele andere Tätigkeiten in Zukunft vom Kollegen Algorithmus oder durch Robotisierung erledigt werden können. Organisatorisch folgen daraus flache Hierarchien und eine diesbezügliche Anforderung an unser Bildungssystem, damit auch umgehen zu können.

Drittens: Verfügbarkeit der digitalen Infrastruktur: Breitband.

Wir wollen und brauchen dezentrale kommunale Glasfasernetze in Nordrhein?Westfalen. Die Landesregierung setzt auf kurzfristige Kupferförderung und macht dem Magentariesen vorzeitige Weihnachtsgeschenke. Ist das eine „Geiz ist geil“-Mentalität? Ich weiß es nicht. Das bewegte Datenvolumen im Netz wächst exponentiell. Allein dieses Jahr steigt das pro Breitbandanschluss und Monat transportierte Datenvolumen um satte 20 %.

Glasfaser hat viele Vorteile gegenüber anderen Technologien. Die liegen neben der hohen Datengeschwindigkeit in der Symmetrie der Übertragung, dem niedrigen Energieverbrauch sowie darin, dass keine aktive Technik und nur wenige Verteilstellen erforderlich sind. Bereits heute betragen die Energiekosten der Netze 200 Millionen €. Mit Vectoring werden sie noch einmal stark ansteigen. Glasfaser ist auch ökologisch korrekt.

Trotz dieser richtigen Analyse setzt die Landesregierung weiterhin auf Kupfer. Sie verschwenden Steuergelder, um kurzfristige Breitbandprojekte bis 2018 durchzuziehen, die danach technisch völlig veraltet sein werden, wo dann mit neuen Fördergeldern Abhilfe geschaffen werden muss.

Man muss ja nicht immer Bayern als Beispiel anführen. Das kleine Schleswig-Holstein besitzt im Gegensatz zu Nordrhein-Westfalen eine Glasfaserstrategie und kann daher eine Anschlussquote von mittlerweile 23 % aufweisen. Die Nordlichter sind auf einem guten Weg, wir nicht. Wahrscheinlich muss man mal Fischer fragen, wenn es um Netze geht.

(Beifall von Michele Marsching [PIRATEN] – Josef Hovenjürgen [CDU]: Irrlichter!)

Hier in Nordrhein-Westfalen streut unser Wirtschaftsminister den Unternehmen Sand in die Augen, statt das zu tun, was man mit Sand machen sollten: ihn verbuddeln, und zwar als Glasfaserkabel.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Nicht nur das!)

Die Landesregierung hat angekündigt, in den nächsten drei Jahren bis zu 500 Millionen € in die Breitbandförderung zu investieren. Die tatsächlichen Zahlen werden leider weit darunterliegen, da Kommunen bereits signalisiert haben, dass sie vermutlich nur unterdurchschnittlich vom Bundesförderprogramm profitieren werden.

Es bleibt die Kritik im Raum, dass das Wirtschaftsministerium einzig eine Durchleitungsfunktion von EU- und Bundesmitteln hat. Ich hatte so etwas im Badezimmer; das nennt man Durchlauferhitzer. Der produzierte zuletzt nur lauwarmes Wasser.

Ich würde mir wünschen, auch für Herrn Minister Duin, dass das Wirtschaftsministerium wieder so planvoll und weitsichtig ausgerichtet wird wie unter Ihrem großen Vorvorvorgänger Reimut Jochimsen, der sich ja durch einen großen Weitblick ausgezeichnet hat.

Stattdessen werden wenig eigene Ideen gezeigt. Vielleicht gibt es ja auch kaum Gestaltungsspielraum im Kabinett. Wir haben, um dem Kompetenzwirrwarr Abhilfe zu schaffen, so etwas wie ein Digital- oder Internetministerium gefordert.

Der Bundesrechnungshof hat sich bereits kritisch zu einer Förderung von Kupferkabeln geäußert, die schon bald nach dem Ausbau nicht mehr auf dem Stand der Zeit sein werden und dann weitere Förderungen benötigen. Wir sehen das ähnlich. Eigentlich sollte hier § 7 der Landeshaushaltsordnung greifen: Wirksamkeit statt Sparsamkeit.

Wir haben bereits im letzten Jahr in einem Antrag eine bessere, neutralere Evaluierung der Förderprojekte gefordert. Jetzt bräuchten wir genau diese.

In dem Zusammenhang fällt mir ein Änderungsantrag von Rot-Grün aus dem letzten Plenum ein, über 300.000 € zur Förderung der Verknüpfung von stationärem Einzelhandel und Onlinehandel. Das hört sich toll an. Wenn man dann reinschaut, stellt man fest: Es geht darum, den Einzelhändlern zu zeigen, wie man Produkte bei eBay einstellt. Da kann man auch Frau Löhrmann fragen, dass sie 1.000 Sechstklässler organisiert nach dem Motto: „Schule meets Unternehmen“, die sie dann in die Unternehmen schickt, um den Leuten zu zeigen, wie man Produkte bei eBay einstellt; die können das nämlich.

(Beifall von den PIRATEN – Zuruf von Matthi Bolte [GRÜNE])

Selbst unter analogen Gesichtspunkten ist das bestenfalls Mittelmaß. Wir werden auch, aber nicht nur aus diesen Gründen den Haushalt ablehnen.

Kommen wir zum Bereich Bergbau und Energie; das hat ja auch irgendwie mit Netzen zu tun. Nach wie vor hat der größte Posten einen zur Energiepolitik der Kraft-Kohle-Koalition passenden Titel: „Zuschüsse für den Absatz deutscher Steinkohle zur Verstromung und an die Stahlindustrie sowie zum Ausgleich von Belastungen infolge von Kapazitätsanpassungen“, immerhin noch 165 Millionen €. Aufgrund der gestiegenen Weltmarktpreise für Steinkohle ist das immer noch die Hälfte des Ansatzes für dieses Jahr. Die Grundlage ist natürlich die Rahmenvereinbarung „Sozialverträgliche Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus in Deutschland“ oder auch das Finanzierungsgesetz zum Ausstieg aus dem Jahr 2007. Wir stellen die Notwendigkeit dazu gar nicht infrage, wir stellen nur erneut fest: Kohlestrom ist subventionierter Strom.

Wir finden im Kapitel 14 730 unter dem Titel 686 60 250.000 € als Strukturhilfe für vom Braunkohletagebau geprägte Gebiete. Die Begründung: Durch die Strukturhilfe für vom Braunkohletagebau geprägte Gebiete muss auch in den kommenden Jahren weiterhin eine präventive Strukturpolitik betrieben werden, um die Folgen des Strukturwandels zu mindern. – Auch das stellen wir nicht infrage. Wir gehen aber davon aus, dass hier sehr bald sehr viel mehr Geld nötig sein wird, um den Strukturwandel sozialverträglich zu gestalten – den Strukturwandel, den der notwendige und endgültige Ausstieg aus der Braunkohle mit sich bringen wird.

Wir fordern bereits seit 2013 ein Gesetz, das den Ausstieg aus der Braunkohle regelt – gratuliere, Bundesumweltministerin Hendricks fordert es seit wenigen Tagen auch; nur, wir Piraten müssen nicht nach Paris fahren, um auf die Idee zu kommen –,

(Beifall von den PIRATEN)

ein Gesetz, das diesen Ausstieg planbar macht, Sicherheit gibt, und zwar für alle Beteiligten: für die Menschen in der Region, für die Unternehmen und auch für uns, die Mitglieder dieses Landtags. Denn wir werden in Zukunft über Haushalte entscheiden müssen, in denen es um viel größere Summen für den Strukturwandel im Rheinischen Revier gehen wird.

Der Ausstieg aus der Braunkohle wird kommen, und er muss kommen. Das weiß die Landesregierung, und das weiß auch RWE. Wir wollen einen geplanten Ausstieg, und der wird finanziert werden müssen; auch das steht fest. Wir verlangen da Ehrlichkeit und Transparenz.

Barbara Hendricks will eine Entscheidung noch in dieser Legislaturperiode. Wir wollen das auch. Wir haben im letzten Jahr auch einen Vorschlag zur Finanzierung gemacht, unseren Antrag für die Einführung einer Förderabgabe auf Braunkohle, einer Abgabe, wie sie auch Oliver Krischer von den Grünen fordert. Sie würde NRW rund 150 Millionen € zusätzliche Einnahmen pro Jahr bescheren – 150 Millionen €, die komplett in den Strukturwandel gesteckt werden könnten, 150 Millionen €, auf die die grüne Fraktion in Nordrhein-Westfalen verzichten will; denn sie hat den Antrag ja abgelehnt, die Kohlegenossen selbstverständlich auch.

Meine Damen und Herren, Haushaltspolitik muss sich auch mit der Zukunft und den kommenden Entwicklungen und Notwendigkeiten befassen, nicht nur mit dem aktuellen Zahlenwerk. Genau das wollen wir tun, und wir stellen fest: In punkto Netze, ob Informationsnetze oder Energienetze, hat diese Landesregierung keine Ideen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Paul. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Duin.

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Big Data und das Märchen von der Algorithmustransparenz

bigdata445
Am Montag, den 7. Dezember 2015 gab es das von der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen im Landtag NRW veranstaltete „NRW-Forum: Zukunft Demokratie“ mit dem Thema Politik & Big Data (Hashtag #ZuDe15). Da ich Vormittags auch in Sachen Digitale Hochschule unterwegs war, konnte ich leider nur die Abschlussdiskussion live verfolgen. Dort fiel das Wort „Algorithmustransparenz“. Auf dem Podium saßen Birgit Kimmel (Eu-Initiative klicksafe.de / LMK), Marc Jan Eumann (Staatssekretär für Europa und Medien NRW) und Thomas Krüger (Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung), die Moderation hatte Jan Hendrik Becker.

Außerdem wurde auch die „amerikanische Auffassung“ zur Privatsphäre a la Marc Zuckerberg (Facebook) und Eric Schmitt (Google) und der Gegensatz zu unserer andiskutiert, jeder habe im Prinzip das Recht von Jedem alles zu wissen.

Nun denn, wen dem so ist, dann möchte ich von Eric Schmitt den Google-Algorithmus wissen – und vielleicht noch so einiges andere mehr.

Das würde mich natürlich erheblich nach vorn bringen, um die Arbeitsweise der Suchmaschine nachzuvollziehen.

Allerdings würde mir das im Endeffekt nichts nützen. Ich glaube, Brigit Kimmel war`s, die „Algorithmustransparenz“ einforderte. Da fiel mir ein, dass die alleinige Kenntnis des Algorithmus gar nichts bringt, um sein Verhalten in bestimmten Situationen vorherzusagen.

Ein Computer ist eine nicht-triviale Maschine. Das bedeutet, dass ihr Verhalten, also ihr Output, immer und grundsätzlich von mindestens zwei Dingen abhängt, vom aktuellen Input und vom inneren Zustand der Maschine. Um das Verhalten vorhersagen zu können, muss man neben dem Algorithmus auch die Geschichte der Inputs und der inneren Zustände kennen. Nicht-triviale Maschinen sind „geschichtsabhängig“. Sie sind daher analytisch unbestimmbar – nicht determinierbar – , aber sie sind synthetisch vorherbestimmbar, und zwar durch den Programmierer, der den Algorithmus entwirft. Aber selbst der Programmierer kann das Verhalten der Maschine nicht vorhersagen, wenn er die Geschichte der inneren Zustände nicht kennt.

ntmachine

Darstellung einer nicht-trivialen Maschine – frei nach Heinz von Foerster

Das fand der Mathematiker Arthur Gill bereits 1962 heraus und dokumentierte es in seinem Buch zur Einführung in die Theorie der Maschinen „mit endlichen Zuständen“.[1]

Näheres dazu mit einem konkreten Beispiel gibt es auch hier.[2]

Also Tschüss Algorithmustransparenz.

Braucht jemand einen Beweis? Hmm. Vielleicht reichen ja Indizien.

Ähm, da fällt mir ein, wie lange hat es eigentlich gedauert, bis das besondere Verhalten der VW-Dieselmotoren in den USA auffiel? Eben.

Übrigens, schimpft jemand noch über mangelnde Innovationskraft in Deutschland?

Also in Informatik und Software sind wir echt spitze. Zum Beispiel bei VW. Geile Bordcomputer.

Algorithmustransparenz? Industrie 4.0 transparent? Ja, nee, is klar.

Bestes, Nick H. aka Joachim Paul

 

[1] Gill, Arthur; Introduction to the Theory of Finite-State Machines, McGraw-Hill, New York 1962

[2] Goldammer, Eberhard von; Paul, Joachim; Autonomie in Biologie und Technik; in: Jahrbuch für Selbstorganisation ’96, Bd. 6, Realitäten und Rationalitäten, Hrsg.: Axel Ziemke, Rudolf Kaehr, Duncker und Humblot, 1996;
online: http://www.vordenker.de/autonomie/autonomie.pdf

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Fraktionssitzung vom 08.12.2015

Live-Protokoll der Sondersitzung Haushalt
Live-Protokoll der Fraktionssitzung

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