NRW schiebt Flüchtlinge nach Berlin ab

NRW hat 21 Flüchtlinge in den Abschiebeknast in Berlin geschickt. Dies hat Innenminister Jäger heute den Ausschussmitgliedern auf Anfrage der Piraten mitgeteilt. In den Unterlagen zu  TOP 14 der Sitzung am 28. August („Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 17. Juli 2014: Inhaftierungen von Flüchtlingen in gewöhnlichen Haftanstalten beenden“) bestätigt Jäger, dass er ansonsten noch ratlos ist, wie konkret er die neuerliche Rechtsprechung in NRW umsetzen will – die „Meinungsbildung sei noch nicht abgeschlossen“, so Jäger.

Frank Herrmann, Sprecher der Piratenfraktion NRW im Innenausschuss:

Es ist erschreckend, wie einfallslos unser Innenminister ist. Anstatt kreativ die verschiedenen Möglichkeiten und Spielräume auszuschöpfen, die das Land hätte, um Flüchtlinge nicht weiter zu belasten, schiebt Herr Jäger die Flüchtlinge einfach in ein anderes Bundesland ab. Doch dort verzweifeln die Flüchtlinge und werden weder rechtlich noch sozial betreut.

 

Wann sieht Herr Jäger ein, dass die Flüchtlinge keine Verbrecher sind? Die Abschiebehaft-Praxis muss sofort gestoppt werden, und die Flüchtlinge dürfen erst recht nicht 600 km weit weg von ihren Freunden und Verwandten festgehalten werden. Im Koalitionsvertrag haben sich die Koalitionäre eigentlich darauf geeinigt, dass Abschiebehaft nur die Ultima Ratio sein darf. Doch tatsächlich verabschiedet sich die rot-grüne Landesregierung schleichend von einer humanen, vorausschauenden und gerechten Flüchtlingspolitik.

 

In NRW werden Flüchtlinge in Zelten, Turnhallen und  maroden Gebäuden untergebracht, sie werden in unsichere Staaten  abgeschoben, wo sie Diskriminierung, Armut, Folter und Verfolgung ausgesetzt werden, und statt Flüchtlinge wie in anderen Bundesländern aus der  Abschiebehaft zu entlassen, werden sie nach Berlin verschleppt. Bei der nächsten Sitzung des Innenausschusses (28. August) werden wir Innenminister Jäger auffordern, die Flüchtlinge in Berlin zu besuchen und sich ein Bild zu machen. Vielleicht bewirkt die Konfrontation mit den Schicksalen ein Umdenken.“

 

Hintergrund: Am 17. Juli 2014 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil (Aktenzeichen: C-473/13) festgestellt, dass Abschiebehäftlinge nicht in normalen Gefängnissen festgehalten werden dürfen, solange sie auf eine Rückführung oder die Überstellung in ein anderes EU-Land warten. Die Landesregierung in NRW sah diese Vorgaben an eine spezielle Hafteinrichtung in der JVA Büren auch nach dem Urteil als erfüllt an und hielt zunächst am Standort Büren fest. Erst das BGH-Urteil vom 25.7., dass die JVA Büren die Voraussetzungen einer speziellen Hafteinrichtung nicht erfüllt, veranlasste die Landesregierung, acht Flüchtlinge zu entlassen und 21 nach Berlin zu verlegen. In Büren befand sich bis zum 26.07.2014 Europas größtes Abschiebegefängnis. Seit 2007 wurden hier durchschnittlich 150 Abschiebehäftlinge gemeinsam mit Strafgefangenen untergebracht.

Weitere Hintergründe über den Abschiebeknast in Berlin: https://www.piratenfraktion-berlin.de/2014/08/12/abschiebeknast-berlin-hort-von-ungerechtigkeiten/

Bericht zu TOP 14 Innenausschuss 28.08.2014

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3 Kommentar auf “NRW schiebt Flüchtlinge nach Berlin ab
  1. Klaus sagt:

    In Berlin gilt refugees welcome. Nicht einmal Deutschland ist ein sicherer Staat. Also, wo ist das Problem?

    • Frank Herrmann sagt:

      Das in Berlin ‚refugees welcome‘ gilt, möchte ich infrage stellen. Der Umgang mit den Flüchtlingen vom Oranienplatz spricht da für mich eine andere Sprache. Das Problem ist, das die Flüchtlinge aus NRW nicht zum Brandenburger Tor oder auf den Ku’damm abgeschoben werden, sondern in einen alten DDR-Knast! Diese Menschen haben aber idR keine Straftat begangen.

      • Jochen sagt:

        Wenn die Flüchtlinge in andere Länder abgeschoben werden in denen ihnen Armut droht, dann sehe ich das nicht als Hindernis. Als ob ihnen in Deutschland Reichtum droht. Psychologisch könnte es sogar besser sein arm in einem armen Land als arm in einem reichen Land zu sein.
        Da wird man dann wenigstens nicht für seine Armut diskriminiert.
        Flüchtlinge willkommen, ja auf jeden Fall aber nicht wegen Armut.

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