Mittwoch, 27. Februar 2013
TOP 1. Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltsgesetz 2013)
Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/1400
Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksachen 16/2100 bis 16/2107, 16/2109 bis 16/2115 und 16/2120
2. Lesung
und
Finanzplanung 2012 bis 2016 mit Finanzbericht 2013 des Landes Nordrhein-Westfalen
Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses
in Verbindung damit
Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2013 (Gemeindefinanzierungsgesetz 2013 – GFG 2013)
Gesetzentwurf der Landesregierung
Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses
2. Lesung
Unsere Abstimmungsempfehlung: Ablehnung
Audiomitschnitt der Rede von Frank Herrmann
Videomitschnitt der Rede von Frank Herrmann
Das Wortprotokoll zur Rede von Frank Herrmann
Frank Herrmann (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Bürgerinnen und Bürger im Saal und im Stream! Mit ca. 5 Milliarden € ist der Einzelplan 03 der viertgrößte Ausgabentitel im Haushalt 2013. Fast 70 % des Etats werden durch das Personal der Polizei und die Versorgung der Beamten bestimmt. Zusammen mit nicht variablen Sachkosten schrumpft der Spielraum, der uns für Veränderung und Neugestaltung bleibt, auf wenige Prozent. Dabei müssen wir dringend mehr für die Polizei tun.
Ich bin schockiert, wenn ich dank einer Kleinen Anfrage meines Kollegen Dirk Schatz lese, dass ein Landesbeamter für eine Stunde Sonn- und Feiertagsarbeit lediglich einen Zuschlag von 2,92 € erhält. Wenn Beamte zwischen 20 Uhr und 6 Uhr – Arbeitszeiten, die im Berufsfeld der Polizei ständig anfallen – nur 1,28 € pro Stunde extra erhalten, muss man sich nicht wundern, dass sich immer weniger junge Menschen für den Polizeiberuf entscheiden.
(Beifall von den PIRATEN)
Schichtarbeit ist zudem besonders gesundheitsgefährdend,
(Christian Lindner [FDP]: Das gilt doch überall!)
was mit Geld nicht aufzuwiegen ist, ganz zu schweigen von der Familienfeindlichkeit von Nachtschichten und Sonn- und Feiertagsarbeit. Der beständig hohe Krankenstand bei der Polizei ist ein weiteres Indiz dafür, dass hier gehandelt werden muss. Ein modernes Gesundheitsmanagement ist daher dringend nötig. Außerdem wollen wir, dass sich mehr Menschen für einen modernen Polizeiberuf entscheiden können. Dazu gehört ein familienfreundliches Arbeitszeitmodell; denn auch Menschen, die eine Familie planen, sollen im Polizeidienst in NRW ein attraktives Arbeitsumfeld vorfinden.
Eine weitere Maßnahme, um innerhalb des bestehenden Etats Leistungskapazitäten zu schaffen, ist Abrüsten. Herr Minister Jäger, Sie klagen ständig über die hohen Kosten für immer mehr Polizeieinsätze bei Fußballspielen. Versuchen Sie es doch einmal mit einer Deeskalationsstrategie!
(Beifall von den PIRATEN – Lachen von Minister Ralf Jäger)
Aus Gesprächen, die wir seit letztem Sommer mit Fans und Experten geführt haben, bin ich der Überzeugung, dass eine vergleichsweise geringe Investition in mehr Fanprojekte, verbunden mit der Rücknahme von Repressionsmaßnahmen und zurückhaltendem Einsatz von Polizeikräften bei Fußballspielen, in der Summe Kosten einspart. Die Zufriedenheit der Beamten steigt durch mehr freie Wochenenden, und die Sicherheit des Stadionerlebnisses wird noch weiter erhöht. Mehr Erkenntnisse zu diesem Thema wird sicherlich die Anhörung im Innenausschuss in der nächsten Woche bringen, die Sie hoffentlich verfolgen werden.
Doch zurück zum Haushalt: Wir Piraten sind gewählt worden, um neue Ansätze in die Politik zu bringen. Dazu gehört in erster Linie die Transparenz, ein inzwischen oft, auch von anderen teils inflationär verwendetes Wort. Wir haben aber diesem Wort Taten folgen lassen und bereits im letzten Jahr den Haushaltplan 2012 transparent ins Netz gestellt. Aktuell können sich Bürgerinnen und Bürger unter „haushalt.piratenfraktion-nrw.de“ nicht nur den Haushalt 2013 in allen Einzelplänen ansehen, sondern Vergleiche mit den Haushalten der letzten zehn Jahre ziehen und so zum Beispiel Zusammenhänge besser nachvollziehen – ein Service, den wir eigentlich von der Landesregierung erwartet hätten, gerade auch im Rahmen ihrer Open-Government-Strategie.
Nun zu unserem Haushaltsänderungsantrag „Modellprojekt Kommune 2.0“: Das ist mit 100.000 € ein kostengünstiger, aber sehr effektiver Vorschlag, mit dem in einer Modellkommune sämtliche Technologien eingesetzt werden sollen, um Open Data und Open Government zu testen. Wir wollen Ihnen und der Regierung zeigen, wie man mit einfachen Lösungen, die wir in unserer Partei auch schon lange praktizieren, die Kommunikation zwischen Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft vernetzt. Aus den Erkenntnissen des Modellprojekts sollen dann die Ansätze für eine flächendeckende Umsetzung der Open-Government-Strukturen entwickelt werden. Schließlich soll das Land digital revolutioniert werden.
Es stehen bereits so schöne Tools und Projekte zur Verfügung. Als Beispiel erwähne ich hier „Red Mine“, eine Projektmanagementsoftware, „Liquid Feedback“, das Projekt „Offenes Köln“, die Einführung von Streamings aus dem Rat mithilfe von Owntube und die Haushaltsvisualisierung nach dem Beispiel der Plattform „OpenSpending.org“. Wir erwarten, dass die Regierung einen Zahn zulegt, ihre angekündigte Politik der ausgestreckten Hand in die Tat umsetzt und unserem Änderungsantrag „Kommune 2.0“ stattgibt.
(Beifall von den PIRATEN)
Von einem solchen Modell Projekt können wir alle nur profitieren. Bis Sie hier Ihre Zustimmung signalisieren, lehnen wir Ihren Haushalt ab. – Danke schön.
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Herrmann.
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