Oliver Bayer zur Flexibilisierung des Öffentlichen Nahverkehrs durch Digitalisierung

Mittwoch, 18. März 2015

 

Top 5. Autonomes Fahren: Chancen der Digitalisierung und des Wandels im Mobilitätsmarkt erkennen und für die Flexibilisierung des Öffentlichen Nahverkehrs nutzen

Antrag der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/8111
MdL Oliver Bayer Foto A.KnipschildUnser Redner: Oliver Bayer
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Überweisung
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Protokoll der Rede von Oliver Bayer

Oliver Bayer (PIRATEN): Vielen Dank! Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer hier und am Stream auf der Autobahn!

(Etliche Abgeordnete verlassen den Plenarsaal.)

Bleiben Sie ruhig hier. Ich rufe Ihnen zu: Die digitale Revolution kommt auch im Verkehr frontal und verdammt schnell auf Sie zu. Die Landesregierung denkt, sie springt auf. Aber eigentlich wurde sie bereits überfahren. Was Ministerpräsidentin Kraft in der letzten Plenarwoche hier präsentiert hat, ist nicht der Plan für eine digitale Revolution, sondern maximal der Plan, alte Gewohnheiten vor der Revolution in Sicherheit zu bringen.

Minister Groschek sah, dass der Bundesverkehrsminister Geld in die bayerische Autobahn zwischen Audi und BMW fließen lassen will. Er meldete daraufhin schnell Bedarf für eine Teststrecke für autonomes Fahren an. Das Fazit aus der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses dazu ist allerdings: leider ohne Konzept, ohne Eigeninitiative oder irgendeine verkehrspolitische Idee des digitalen Wandels. Sie fragten Herrn Dobrindt nach Geld. Ansonsten nichts. Das ist schockierend.

Die digitale Revolution ist nichts Neues. Ich bin in der Piratenpartei, um die Freiheit eines jeden Einzelnen während dieser großen gesellschaftsverändernden Prozesse zu stärken und den Fortschritt für alle zu nutzen. Dafür wird jedoch eine Politik benötigt, die die digitalen Wendepunkte der Gefahren und Potentiale kennt. Die digitale Revolution ist nicht auf das Internet oder die Kommunikationsbranche beschränkt. Wir können die lange Welle der Informationstechnologie für NRW nicht einfach als verpasst abhaken und zur nächsten Basisinnovation eilen.

Derzeit setzt sich die Erkenntnis durch, dass sich Verkehr und Mobilität durch die digitale Revolution genauso extrem wandeln werden wie andere Bereiche des Lebens und dass dies große gesellschaftliche Änderungen nach sich ziehen wird. Jetzt ist daher der richtige Zeitpunkt für die Politik, aktiv zu werden. Ergreifen wir die Chance der digitalen Verkehrsrevolution für klimapolitische und soziale Ziele, für positive Veränderungen für Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft. Wir müssen Rahmenbedingungen setzen und mutig alte Verkehrspolitik infrage stellen. Sie befindet sich sowieso gerade in einer Sackgasse. Wir brauchen die moderne digitale Verkehrswende.

(Beifall von den PIRATEN)

Viele neue Mobilitätskonzepte werden kommen. Selbstfahrende Autos können im Car-Sharing Autoverkehr und ÖPNV intelligent zusammenbringen und versöhnen. Dadurch wird Car-Sharing auch im ländlichen Raum funktionieren und den Busverkehr ergänzen. Die Software- und die Autoindustrie möchten in diesem großen Markt Mobilitätsdienstleister werden.

Klar: Es ist wichtig, der Autozuliefererindustrie in NRW einen Nährboden für Kreativität und Innovationen zu bieten. Aber es sind vornehmlich ganz andere Akteure, die den politischen Beistand benötigen. Die Verkehrsbetriebe im öffentlichen Nahverkehr müssen sich als natürliche Mobilitätsdienstleister mit der Kompetenz, Transportketten zu organisieren, weiterentwickeln.

Ein moderner ÖPNV ist für alle Zukunftsszenarien zentral und steht im Mittelpunkt aller Konzepte für Multimodalität. Wenn es um autonomes Fahren und den Wandel im Mobilitätsmarkt geht, hat deshalb der ÖPNV als Mobilitätsdienstleister die Schlüsselrolle. Denken Sie an die Stationsoffensive im Regionalverkehr oder an den Rhein-Ruhr-Express. Es ist nicht voreilig, sondern geboten, bei einem solch langfristig bedeutenden Projekt wie dem RRX multimodale Haltepunkte vorzusehen. Diese müssen natürlich für autonome Fahrzeuge im ÖPNV und den Car-Sharing-Bereich zugeschnitten sein. Hier ist die Politik gefragt, damit nicht ein Großteil der Menschen vom Fortschritt abgehängt wird, damit nicht die einen teure und selbstfahrende Autos haben und die anderen gar nicht mehr mobil sein können. Die Zukunft geht auch ohne eine Zweiklassengesellschaft des autonomen Fahrens und ohne den Ausverkauf persönlicher Daten.

Werden Sie alle ein bisschen mutiger, abseits von Standortpolitik zu denken. Sie müssen nicht wissen, wie die Zukunft aussieht. Sie müssen keine Technologien prophezeien. Aber Sie müssen offen dafür sein, dass sich Dinge radikal und in atemberaubendem Tempo verändern können. Dies wird auch die Verkehrspolitik betreffen, die sich jahrzehntelang wirklich tiefgreifenden Veränderungen entziehen konnte.

Deshalb muss sich die Politik ab sofort deutlich umfassender mit den Folgen der digitalen Revolution im Verkehr und den Auswirkungen des autonomen Fahrens auf Markt, Staat und Gesellschaft auseinandersetzen. Dazu kommt heute dieser Aufschlag von uns. Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

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