Simone Brand zur klugen Gestaltung der Freizügigkeit

Donnerstag, 10. April 2014

Top 1. Freizügigkeit klug gestalten: Schlepperbanden und Missbrauch  bekämpfen

Antrag der Fraktion der CDU
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Freizügigkeit klug gestalten:   Not sehen, wirksam helfen
Antrag der Fraktion der CDU
Unsere Rednerin: Simone Brand
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung

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Protokoll der Rede von Simone Brand

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Stamp.  Für die Piraten spricht Frau Kollegin Brand.

Simone Brand (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Seltsame Geschehnisse scheinen hier im Landtag zu passieren. Unheimliche Verwandlungen in der CDU-Fraktion geben Anlass zur Sorge. Da treffen sich morgens Abgeordnete als Dr. Jekyll und verfassen einen schönen Antrag mit dem Namen „Freizügigkeit klug gestalten: Not sehen, wirksam helfen“  ein Antrag mit klarem Appell an die Willkommenskultur , um dann am Abend als Mr. Hyde den Antrag „Freizügigkeit klug gestalten: Schlepperbanden und Missbrauch bekämpfen“ zu Papier zu bringen.

(Armin Laschet [CDU]: Das gehört zusammen!)

Diese beiden Anträge zusammen sind schizophrene Politik, Politik à la Frau Merkel, die vorgibt, auf alles eine Antwort zu haben. Dann kommen Sie mir auch bitte nicht mit „Fördern und Fordern“. Das hat schon einmal nicht geklappt.

(Beifall von den PIRATEN)

Meine Damen und Herren, der Antrag „Not sehen, wirksam helfen“ zählt Maßnahmen und Leistungen auf, die im Sinne einer gelingenden Integration wichtig sind. Allerdings vermissen wir ein klares Bekenntnis zur Arbeitnehmerfreizügigkeit. Die CDU hat aber bereits vor zwei Monaten deutlich gemacht, dass sie die Arbeitnehmerfreizügigkeit als Grundlage einer Willkommenskultur ablehnt  so wie übrigens der Rest dieses Hohen Hauses.

Dem nicht genug: Ihr Schlepperbandenantrag spielt mit den diffusen Ängsten und Unsicherheiten, die in der Bevölkerung beim Thema „Ausländer“ vorhanden sind. Es ist ein Antrag frei nach dem Stammtischmotto „Endlich tut mal jemand etwas gegen diese ganzen kriminellen Ausländer“. Schauen wir uns aber den Antrag etwas genauer an. Im ersten Beschlusspunkt stellen Sie fest, dass es Kommunen gibt, die besondere Hilfe benötigen, damit Integration gelingt. Diese Hilfe hat die Landesregierung zu spät geleistet. So etwas kann man als Opposition sicher feststellen lassen. Um diese Hilfe mit Inhalt zu füllen, stellt wiederum Ihr Antrag „Not sehen, wirksam helfen“ eine gute Basis dar. Mit Hilfe der 200 Millionen € für die betroffenen Kommunen, die die Staatssekretäre der Bundesregierung beschlossen haben, werden unsere Kommunen die Aufgabe bald besser angehen als aktuell.

Meine Damen und Herren, auch wir sprechen uns für eine Öffnung der Integrationskurse aus. Auch wir begrüßen es, wenn die Beschulung von Zuwandererkindern derart optimiert wird, dass bereits zum nächsten Schuljahr ein Konzept für die Beschulung vorliegt. Darüber hinaus wäre es begrüßenswert  das steht natürlich nicht in Ihrem Antrag , wenn die Zahl der Integrationskurse aufgestockt würde, sodass Migranten nicht mehr von skrupellosen Banden abgezockt werden können. Ich hoffe, es wird dann völlig normal sein, dass Menschen, die kein Wort Deutsch sprechen, mit perfekt ausgefüllten Anträgen auf dem Amt erscheinen und Kindergeld oder einen Gewerbeschein beantragen  etwas, was Herrn de Maizière aktuell ja stark verwundert. Besonders möchte ich noch auf Beschlusspunkt 4 a in Ihrem Antrag „Not sehen, wirksam helfen“ aufmerksam machen. Hier sprechen Sie sich für mehr Aufklärung aus. Sie werben für mehr Verständnis für unterschiedlich geprägte Lebensweisen. Das ist eine Forderung, die wir bereits in der letzten Haushaltsdebatte gestellt haben. Umso unverständlicher ist der Antrag aus der finsteren rechtskonservativen Ecke Ihrer Fraktion.

(Beifall von den PIRATEN  Widerspruch von der CDU)

Im Beschlusspunkt 2 geht es um die EU-Freizügigkeit. Am 20. Februar dieses Jahres debattierten wir den Antrag von CDU und FDP „Landesregierung muss Hilfen für von Armutszuwanderung betroffene Städte leichter zugänglich machen“. Die Kollegin Serap Güler sagte  ich zitiere  damals: „Der Satz ‚Wer betrügt, der fliegt‘ war keiner, den sich hier auch nur ein Integrationspolitiker zu Eigen machen würde.“  Und dann setzen Sie Ihren Namen unter solch einen Quatsch? Ernsthaft? Ich sage Ihnen: In einem freien und demokratischen Europa sollte sich weder das Aufenthaltsrecht von EU-Bürgern zur Arbeitssuche befristen lassen noch sollten EU-Bürger abgeschoben werden, noch sollten Wiedereinreiseverbote ausgesprochen werden. Auch der innenpolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, kritisiert solche Vorschläge als „Rechtsbrüche mit Ansage“.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir nennen das die sukzessive Aushebelung der Freizügigkeit. Sie nennen es „Das Boot ist voll“ und „Wer betrügt, der fliegt“.

(Armin Laschet [CDU]: Unsinn!  Widerspruch von der CDU)

Im nächsten Absatz ist die unheildrohende Rhetorik auf dem Höhepunkt angelangt. Wir hören von zunehmenden Zahlen bei den Scheingewerben, von großen Problemen, ja von zunehmenden Fluten und überforderten Kommunen. Haben Sie den Zwischenbericht der Staatssekretäre richtig gelesen?  Offensichtlich nicht. Wenn Sie sich exemplarisch die Zahlen von zwei Städten anschauen, so sehen Sie, dass mit Stand Oktober 2013 in Duisburg exakt elf und in Dortmund exakt 14 selbstständig Gewerbetreibende aus Rumänien und Bulgarien sogenannte Aufstocker waren. Wie man da von einer Flut sprechen kann, erschließt sich mir wahrlich nicht.

Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Brand, Herr Kollege Biesenbach würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Simone Brand (PIRATEN): Bitte.

Peter Biesenbach (CDU): Frau Kollegin Brand, ich will Sie gar nicht bitten, die lockeren Behauptungen mit Tatsachen zu untermauern. Da würde nicht viel kommen.  Ich würde von Ihnen nur gerne wissen: Sind Sie einmal in einer Kommune gewesen und haben sich dort umgesehen sowie mit den Menschen dort  auch mit Kommunalpolitikern  unterhalten? Nennen Sie uns eine Kommune, von der Sie sagen: Da war ich, ich habe mich informiert, und auf der Basis gebe ich hier mein Statement ab.

Simone Brand (PIRATEN): Duisburg.  Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir nennen das „Populismus auf dem Rücken der Schwachen“. Sie nennen das „Das Boot ist voll“ und „Wer betrügt, der fliegt“.

Auch beim Kindergeld steigen Sie wieder mit den übertriebenen Mutmaßungen ein. So heißt es: „Es mehren sich Klagen“. Von den Staatssekretären kommen solche Klagen jedenfalls nicht, und in der gängigen Presse  in Duisburg übrigens auch nicht  ist davon nichts zu hören  ganz zu schweigen von den Zahlen, die das auch nicht belegen.

Mit der SteuerIdentifikationsnummer als Maßnahme kann man sicher noch leben. Eine gewisse Kontrollmöglichkeit muss natürlich gegeben sein. Aber verraten Sie mir bitte einmal, wo diese Menschen, die aus schlimmen Verhältnissen zu uns einreisen, eine Tauf- oder Geburtsurkunde herhaben sollen. Die haben in den allermeisten Fällen keinen wohlsortierten Aktenordnern mit Unterlagen bei sich. Das Befristen von Kindergeldzahlungen und die Androhung der Wiedereinreisesperre suggerieren dem Bürger zudem eine große kriminelle Energie, die nicht durch Zahlen belegt ist. Angenommen alle Bulgaren wären Verbrecher und alle 958 in Bulgarien lebenden Kinder wären somit konspirativ frei erfunden, dann reden wir von Kosten für den Staat, die im Vergleich zu den Steuerbetrüger-Milliarden geradezu lächerlich sind. Wir nennen das, mit Verlaub, Frau Präsidentin, „populistische Kackscheiße“.

(Beifall von den PIRATEN  Buh-Rufe und Widerspruch von der CDU)

Sie nennen das „Wer betrügt, der fliegt“. Wenn Sie wollen, dass die Rechten nicht bei der AfD oder PRO NRW, sondern bei Ihnen Ihr Kreuz machen, dann haben Sie Ihr Ziel erreicht. Die Folgen dieser populistischen Rhetorik können Sie der Studie von Amnesty International entnehmen, wonach 80 % der Deutschen denken, dass Roma entweder kriminell sind oder Leistungsmissbrauch betreiben.

Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Kollegin Brand.  Sie sind sich darüber bewusst, dass Sie einen unparlamentarischen Ausdruck verwendet haben, der hier nicht üblich und auch nicht gestattet ist.

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