Joachim Paul zu transparenter Gestaltung der Hochschulfinanzierung

Donnerstag, 30. Januar 2014

 

Top 2. Hochschulfinanzierung transparent gestalten – Benachteiligung von Hochschulen durch leistungsorientierte Mittelvergabe beenden

Direkte Abstimmung

Antrag der Fraktion der PIRATEN

Drucksache 16/2281

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft und Forschung

Drucksache 16/4670

Unser 1. Redner: Joachim Paul

 

Audiomitschnitt der kompletten Debatte anhören (Rede von Joachim Paul ab 40:22 Min)

Audiomitschnitt der kompletten Debatte als Download

 

Wirkliche Autonomie der Wissenschaft kann nicht mit einem Hochschulrat mit dermaßen vielen Befugnissen erreicht werden. Globalhaushalte sind Mängelverwaltungsinstrumente und laden zu Intransparenz ein. Von Hochschulzukunft kann hier nicht geredet werden. Der vorliegende Entwurf ist ein ´Hochschule-Weiter so-Gesetz´ in der leidigen Tradition des New Public-Management. Mit moderner Bildungspolitik hat das nichts zu tun.


Protokoll der Rede von Joachim Paul

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. Für die Piraten-fraktion spricht Herr Dr. Paul.

Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Vielen Dank. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! „Hochschulentmündigungsgesetz“, „Hochschulentmündigungsgesetz“, „Hochschulentmündigungsgesetz“! Liebe Kollegen von der FDP, die Platte hat einen Sprung. Das erinnert mich an meinen alten Plattenspieler, wenn die Zappa-Platte mal wieder hakte nur hatte der eindeutig die besseren Texte.

(Beifall von den PIRATEN Vereinzelt Beifall von der SPD Zurufe von CDU und FDP: Och!)

Wieder einmal dürfen wir beobachten, dass Ihnen nichts, aber auch gar nichts einfällt, um die NRW-Hochschulen und deren Mitglieder wirklich zu stärken. Auch die ständige Wiederholung macht es nicht besser: Getretener Quark wird breit, nicht stark! Das gilt auch für den Unionsantrag. Ich weiß ehrlich nicht, ob man diese Form der Rhetorik im RCDS oder bei der Jungen Union gelernt hat.

(Heiterkeit von der SPD)

Aber er ist keinen Deut besser, als in K-Gruppen-Manier dogmatische Ideologie zu verspritzen.

(Beifall von den PIRATEN Zurufe von der CDU: Oh!)

Das ist nicht sachgerecht und der Debatte um unsere Hochschulen in Nordrhein-Westfalen wirklich unwürdig. Die Anträge von FDP und CDU reihen sich ein in die Reihe der Anträge, die keinen weiterbringen, weil sie Konflikte befeuern.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Und das schadet unserem Wissenschaftsstandort Nordrhein-Westfalen gewaltig. Eigentlich muss man gar nicht wie eben den Herrn Goethe bemühen, mein Kollege Frank Herrmann von gestern tut es auch. Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn …

Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Ist das ein Antrag, oder kann das weg? Das kann weg, meine Damen und Herren.

 (Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Prof. Dr. Sternberg zulassen?

Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Aber gern.

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Bitte schön.

Prof. Dr. Thomas Sternberg (CDU): Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage genehmigen, Herr Dr. Paul. Sie sprachen gerade vom „Hochschulentmündigungsgesetz“. Wenn ich die Kollegin Freimuth richtig verstanden habe, hat sie vom „Hochschulbevormundungsgesetz“ gesprochen. Ist es richtig, dass der Ausdruck „Hochschulentmündigungsgesetz“ in einem Schreiben des Bonner Juristen Prof. Löwer vorkommt, das mittlerweile von mehr als 800 Hochschullehrern in Nordrhein-Westfalen an die Ministerin gerichtet worden ist? Wenn ich richtig informiert bin, steht da der Ausdruck „Hochschulentmündigungsgesetz“ drin. Das ist also keine Erfindung von irgendwelchen Oppositionsparteien. Meine Frage: Ist Ihnen bekannt, dass über 800 Hochschullehrer diesen Ausdruck gebrauchen?

(Beifall von der CDU und Dr. Joachim Stamp [FDP])

Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Selbstverständlich wissen wir das. Aber 800 Hochschullehrer sind nicht alle Hochschullehrer, Herr Sternberg.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Wenn Sie uns Piraten immer wieder das Credo „Mehr Staat“ vorwerfen, sind Sie absolut schief gewickelt.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Es hilft nicht, Herr Laschet, die große Pyramide mit dem Ministerium an der Spitze durch viele kleine Pyramiden zu ersetzen, die in einem Meer des Wettbewerbs schwimmen. Das bringt nichts. „Netzwerkmanagement“ ist das Zauberwort mit Blick auf die Hochschulen.

Ihre eindimensionale Betrachtung der Dinge teilen wir nicht. Wir sehen die Dinge schon aus mehreren Blickwinkeln; denn die Stimmen der Hochschulen umfassen weit mehr als die Stimmen der Hochschulleitungen.

(Armin Laschet [CDU]: ASten, Studentenwerke usw.!)

Man kann den Eindruck gewinnen, dass Sie die Hochschulleitungen immer pars pro toto nehmen.

(Beifall von den PIRATEN)

Ich weiß, das ist durchaus eine Horizontfrage ist; ich stimme Ihnen da zu. Für die Piraten stehen in erster Linie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und deren Teams im Mittelpunkt. Ja, auch die Studierenden sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und nicht wie heute oftmals erlebt nur lästige Pflicht im Streben nach Drittmitteln und im Ellbogenwettbewerb der Hochschulen untereinander.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Boah! Oh, oh, oh!)

Aber nun zum eigentlich Problem mit dem Referentenentwurf. Auch uns ist dieser erste Entwurf definitiv zu kurz gesprungen. Wir kritisieren, dass wirkliche Autonomie der Wissenschaft mit einem Hochschulrat, der immer noch zu viele Befugnisse hat, nicht erreicht werden kann.

(Beifall von den PIRATEN)

Das haben wir hier schon beantragt. Aber SPD und Grüne wollen die Ausrichtung des Hochschulgesetzes in Richtung einer wirklichen Wissenschaftsautonomie offensichtlich nicht mittragen.

Unser Antrag und die Anhörung zum Beratungsgegenstand der Globalhaushalte und der leistungsorientierten Mittelvergabe haben eindeutig belegbar gezeigt, dass Globalhaushalte Mängelverwaltungsinstrumente sind bzw. geradezu dazu einladen. Der hier jährlich vorgelegte Haushalt für die Hochschulen ist ein Spiegelbild dieser Intransparenz.

In Ihrem Referentenentwurf wollen Sie das zaghaft ändern. Aber auch hierbei verweigern Sie sich nach unserer Auffassung, das Problem wirklich an der Wurzel zu packen.

Des Weiteren fehlen im Referentenentwurf gänzlich Bestrebungen, Open Access im Hochschulgesetz zu verankern, also die Veröffentlichungen von Forschungsergebnissen im Sinne der immer wieder bemühten Informations- und Wissensgesellschaft. Also: Wir machen das jetzt mal mit der Informations- und Wissensgesellschaft nur eben ohne Informationen und ohne Wissen. Man könnte ja die NSA zum Public Access befragen. Ich bin sicher, die bekommen das aus dem Stand hin.

(Heiterkeit und Beifall von den PIRATEN)

Von „Hochschulzukunft“ kann folglich nicht geredet werden. Es handelt sich nach unserer Auffassung vielmehr um ein Hochschule-weiter-so-Gesetz in der leidigen Tradition des New Public Management und der Poesie aus Gütersloh.

(Lachen von Britta Altenkamp [SPD])

Wenn das Ihre Auffassung von Hochschulzukunft ist, dann kann einem nur angst und bange werden. Denn mit moderner Bildungspolitik, geschweige denn mit modernem Management von hochsensiblen Prozessen mit offenem Ausgang an den Rändern unseres Wissens nichts anderes ist Wissenschaft hat das nicht das Geringste zu tun. Wir hatten nach der langen Vorbereitungszeit für den Referentenentwurf doch ein wenig mehr erwartet. Schade! Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Dr. Paul. Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Schulze.

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