Mittwoch, 27. November 2013
Rede im Rahmen der Haushaltsdebatte 2013
III. Einzelplan 02
Protokoll der Rede von Oliver Bayer:
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dr.Bergmann nannte die Landesplanung im Februar eine der oft verkannten Königsdisziplinen der Landespolitik. Herr Ellerbrock bezeichnet sie als Steuerinstrument der Staatskanzlei. Das ist richtig. Daher ist die aktuelle Novelle des LEP auch so wichtig und dort auch richtig aufgehoben.
Jeder im Stream und hier im Saal oder beim Mittagessen – auch Sie, die Gäste auf der Tribüne – sollte sich einmal mit dem Landesentwicklungsplan, dem LEP NRW, beschäftigen. Googeln Sie danach. Es gibt gerade das Beteiligungsverfahren, wie wir gehört haben. Das heißt, Sie können sich beteiligen.
Im Landesentwicklungsplan wird grob festgelegt, wie sich NRW im Raum entwickeln soll. Es gibt also Aspekte für Geografen, für Raumplaner, zur Stadtentwicklung und zur landwirtschaftlichen Entwicklung, zur Infrastruktur, zum Umweltschutz und auch zu Standortfaktoren und zur wirtschaftlichen Entwicklung der Regionen.
Leider wird die Landesplanung in der Politik allzu häufig und vor allem auch in der Rede von Herrn Bergmann auf die Förderung der Wirtschaft durch raumplanerische Maßnahmen beschränkt. Das ist schade. Vielleicht überwiegen dabei die wirtschaftlichen Interessen bei den Mitwirkenden.
Dabei betrifft die Landesplanung das ganze Leben in NRW und nicht nur das wirtschaftliche Dasein. Das Ziel ist ein gutes NRW in der Zukunft in Raum und Infrastruktur, langfristig und verantwortungsvoll geplant, unter Beachtung der unterschiedlichsten gesellschaftlichen Interessen und am besten als zusammenhängendes Konzept, in dem es keine Gegensätze, sondern ein Zusammenspiel der Interessen und Aspekte gibt. Dazu gehören dann auch ein guter Wirtschaftsstandort NRW und auch eine gute Infrastruktur als dessen Basis.
Dabei ist es übrigens tatsächlich fast nebensächlich, welcher Flughafen jetzt von besonderem Landesinteresse ist. Flughäfen sind Wachstumskerne, aber große Entwicklungen finden woanders statt. Ich verweise dazu auf TOP 5 der heutigen Tagesordnung.
Bedenken Sie bei allen Zukunftsplänen bitte, dass zum Beispiel die Logistikbranche, auf der viele Hoffnungen ruhen, nicht die Antwort auf den Strukturwandel ist, sondern im Wesentlichen neue Fragen stellt: zur Infrastruktur – vor allem zur Rolle der Verkehrsträger Schiene, Wasserwege, Straße und natürlich des ÖPNV für die Mitarbeiter – sowie zum Flächenbedarf, der natürlich auf der anderen Seite ein Flächenverbrauch ist.
Innovationen brauchen übrigens erst einmal gar keine Fläche, sondern vor allem einen kreativen Nährboden. Aber wenn es die Logistik sein soll:
In NRW gibt es, auch ohne dass man die Tagebauflächen mitzählt, große Chancen bei der Revitalisierung von riesigen Flächen. Das Flächenrecycling ist also ein entscheidendes Thema der Landesplanung. An die derzeit nicht erschlossenen Flächen brauchen wir also gar nicht zu denken, wenn wir neuen Industrien Ansiedlungsmöglichkeiten bieten wollen.
Verabschieden Sie sich also vom newPark und vom Schwarzbau Datteln 4 gleich mit. Dann brauchen Sie auch keine Synergieeffekte mehr zwischen den beiden Dingern heranzuziehen. Eine langfristige Planung setzt auch nicht mehr auf Braunkohle, sondern lässt die Vergangenheit hinter sich und schafft Möglichkeiten für eine dezentrale Energieversorgung.
(Beifall von den PIRATEN)
Änderungen erwarten wir auch als Reaktion auf die aktuellen prognostizierten demografischen Entwicklungen, die unter anderem die Chance bieten, die Fehler, die mit der Zersiedlungspolitik gemacht wurden, zu korrigieren und die Innenstädte zu stärken. „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ ist ein zentraler Grundsatz bei der Landesplanung. Wir brauchen natürlich auch planerische Anpassungen an Bevölkerungsrückgänge und dürfen derart benachteiligte Regionen nicht zusätzlich mit planerischer Ignoranz strafen.
Apropos Ignoranz: Zur Planung zählt natürlich auch immer eine ernst gemeinte Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, die nicht vermeintlicher Entbürokratisierung zum Opfer fallen darf, sondern von Anfang an entscheidungsoffen ist.
Zu den Ausgaben: Die Ausgaben für diesen Teil des Einzelplans steigen 2014 um 8,3 %. In Anbetracht dessen, dass wir den LEP gerade überarbeiten, scheinen mir die Mehrausgaben verwaltungsbedingt gerechtfertigt, zumal man dem Haushalt auch schön ansieht, welche Arbeiten bereits 2013 erledigt wurden.
An Herrn Bergmann gerichtet: Die Höhe der Ausgaben dieses Einzelplans hat natürlich nichts mit dem Inhalt des LEP zu tun. Ob jetzt Windkraftanlagen gefördert werden oder nicht, ist dem Haushalt egal. Interessanterweise beziehen sich die großen Mehrausgaben 2014 auch gar nicht auf den neuen LEP: Die Ausgaben für Sachverständige dienen der gutachterlichen Klärung vom bereits verabschiedeten Teilplan Einzelhandel. Beim Bezug von GIS-Lizenzen können und müssen wir auch einmal über langfristige Open-Source- und Open-Data-Stra-tegien sprechen. Und über den Regionalverband Ruhr, dessen höhere Personal- und Sachausgaben ich hier erst mal nicht bestreiten möchte, sprechen wir sicherlich auch noch einmal, aber dann an einer anderen Stelle. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
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