Plenarrede: Nico Kern über das „eCall“-Notrufsystem”

Donnerstag, 26. September 2013

TOP 13. Zwingende Ausstattung aller Kraftfahrzeuge in der EU mit dem „eCall“-Notrufsystem unterläuft Bemühungen zur Verbesserung des Datenschutzes – Freiwilligkeit und informationelle Selbstbestimmung der Kraftfahrer nicht aufgeben

Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 16/4028

Änderungsantrag der Piratenfraktion, Drucksache 16/4110
Block I
Unser Redner: Nico Kern
Unsere Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung

 

 

 

 

Audiomitschnitt der kompletten Debatte anhören: (Die Rede von Nico Kern ab 22:02 Min)

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Wortprotokoll zur Rede von Nico Kern

Nicolaus Kern(PIRATEN):
Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Die Kollegen Rehbaum und Schlömer sind hinsichtlich der Vorzüge dieses eCall Systems sehr ins Detail gegangen. Lassen Sie mich ein etwas größeres Bild zeichnen und einen etwas weiteren Bogen spannen, um Ihnen darzulegen, warum wir Piraten dieses Projekt eher kritisch begleiten. Hier sind wir grundsätzlich auf einer Linie mit der FDP, wenn ich den Antrag richtig verstanden habe. Die Liste von EU Vorhaben, welche die Überwachungsinfrastruktur in Europa ausbauen und dabei persönliche Freiheiten massiv einschränken , ist lang. Es geht von der Überwachung aller Reisenden durch Smart Borders bis zur Forcierung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs mit SEPA, und nun soll die verpflichtende Einführung eines Notrufsystems namens eCall erfolgen. Dabei werden die Vorhaben meist mit durchaus begrüßenswerten Absichten verkauft. Der wahre Grund für die Vorstöße der Kommission ist aber oftmals schlicht und ergreifend das Fortschreiben des Irrwegs der europäischen Zentralisierungs und Überwachungspolitik.
(Beifall von den PIRATEN)
Eben dieses Vorgehen des europäischen Gesetzgebers lässt aber die Menschen in Europa zurück und ihren Glauben an die Sinnhaftigkeit des europäischen Projekts erlöschen. Mit dem im Antrag behandelten Verordnungsvorschlag liegt wieder einmal so ein Fall vor. Die Kommission schreibt, sie wolle mit der verpflichtenden Ein führung eines eCall – Systems eine Reduzierung der Zahl der Verkehrstoten und verletzten und der Folgekosten erreichen. Dagegen kann grundsätzlich niemand etwas haben. Gleichzeitig werden im Entwurf datenschutzrechtliche Regelungen vollkommen vernachlässigt. Das hat der Kollege Wolf schon angesprochen, und auch die anderen sind auch darauf eingegangen. Übrig bleibt die potenzielle Totalüberwachung aller Kfz- Fahrer in Europa im Namen der Verkehrssicherheit. Somit könnten zum Beispiel Versicherungsunternehmen auf Basis detaillierter Risikoprofile höhere Prämien durchsetzen. Wir begrüßen, dass die FDP in ihrem Antrag auf diese eklatanten Datenschutzmängel hinweist.
Doch der durchaus ehrbare FDP Vorstoß ist zu ungenau und uns nicht weitgehend genug . Wir brauchen konkrete datenschutzrechtliche Forderungen, um unser Gewicht in Brüssel geltend zu machen. So bedarf es unter anderem der expliziten Verankerung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Kraftfahrer im Verordnungstext. Ein eCall System muss man deaktvieren können das hat Herr Wolf schon richtig angemerkt, und darüber hinaus muss der Zugriff von außen ausgeschlossen werden. Zudem muss die Hoheit über die gesammelten Daten bei den Fahrern selbst liegen. Insbesondere gilt es, auszuschließen, dass externe Anbieter, zum Beispiel von Zusatzdiensten, ohne ausdrückliche Zustimmung der Fahrer Zugriff auf die Daten erlangen können. Wir wissen, dass sich viele Fahrer nicht in die Tiefen der AGBs und Bedienungsanleitungen des eCall Systems verlieren werden. Daher brauchen wir eine kurze Speicherfrist der erhobenen Daten „per default“, also voreingestellt. Danach sind alle erhobenen Datensätze zu löschen.
(Beifall von den PIRATEN)
Alle diese Punkte fordern wir in unserem Änderungsantrag, über den wir im Ausschuss gerne mit Ihnen beraten wollen. Wir Piraten bleiben dabei: Den konstanten Ausbau der europäischen Überwachungsinfrastruktur bekämpfen wir entschieden. Der Grundsatz des Vorrangs des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre ist für uns politische Maßgabe. Zumindest hat dieser Verordnungsvorschlag für ein Notrufsystem bei mir ein Notsignal ausgelöst. Ich bin in punkto Bürgerrechte alarmiert, denke aber, dass wir auf einem guten Weg sind, und hoffe, dass wir im Ausschuss gemeinsam etwas erreichen können. Wir Piraten
stehen für die Beratung bereit und hoffen, dass wir uns einigen. Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kern
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