Plenarrede: Hanns-Jörg Rohwedder über den newPark

Donnerstag 26. September 2013

TOP 1. Keine faulen Deals zu Lasten des Industriestandortes – Landesregierung muss Bürgschaft für newPark gewähren!

Antrag der CDU- und FDP-Fraktion, Drucksache 16/4011
Block II
Unser Redner: Hanns-Jörg Rohwedder
Unsere Abstimmungsempfehlung: Ablehnung

 

 

 

 

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Wortprotokoll zur Rede von Hanns-Jörg Rohwedder:

Hanns Jörg Rohwedder

(PIRATEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne und draußen am Stream! Im Dezember letzten Jahres hatte ich bereits begründet, warum wir Piraten dem Projekt newPark ablehnend gegenüberstehen und eine Landesbürgschaft nicht wünschen.

Mit dem Projekt sei die Hoffnung auf bis zu 10.000 Arbeitsplätze verbunden, so wird hier gewunden im Antrag formuliert. Wenn das so ein Selbstläufer ist, wozu braucht man dann überhaupt eine Bürgschaft? Herr Hovenjürgen hat es ja selbst gesagt. Sie brauchen die Bürgschaft gar nicht.

Sie können das alleine wuppen. Sie haben die Grundstücke als Sicherheit. Die vielen Arbeitsplätze, die geschaffen werden, tragen das dann alles selbst. Gewinne werden abgeworfen in Form von Sozialabgaben und Steuern.

Es steht im Antrag leider nicht, wo diese 10.000 Arbeitsplätze herkommen sollen, die fantastisch vielen Arbeitsplätze, wo seit Anbeginn dieses Projektes die Fläche, die zur Verfügung gestellt werden sollte, um 90 % geschrumpft ist und auch für die restlichen 10% jetzt die Interessenten nicht gerade Schlange stehen.Herr Brockes hat kritisiert, dass das Gutachten nicht veröffentlicht wurde. Ich habe gestern kurz mit dem Minister Duin gesprochen. Der sagt, das Gutachten ist schwierig zu veröffentlichen wegen Firmendaten und der Vertraulichkeit von Daten.

Wir Piraten haben ja prinzipiell die Forderung nach der Veröffentlichung derartiger Gutachten, die ja auch durch Steuergelder finanziert sind. Man muss dann einen Weg finden mit ein bisschen gutem Willen wird das auch gehen, die Daten soweit zu anonymisieren, dass keine Rückschlüsse auf die genaue Herkunft gezogen werden können. Dann kann das Gutachten wahrscheinlich doch in irgendeiner veränderten Form veröffentlicht werden. Das hoffe ich jedenfalls. Der Landesrechnungshof rät auch von dieser Bürgschaft ab, vermutlich nicht deshalb, weil er meint, sie sei nicht nötig, weil das Projekt sich ja selber trägt.

Es gibt also zu wenig Interessenten, die sich ansiedeln wollen. Es gibt überall im Lande leer stehende neue und alte Gewerbeflächen. Auch neue Gewerbeflächen, frisch angelegt, stehen leer. Es gibt genug versiegelte Flächen, die recycelt werden können. Zum Teil wird das teuer, weil sie verseucht sind und jetzt saniert werden müssen. Weil derartige Kosten bei uns sozialisiert werden, darf die Allgemeinheit die Kosten dann tragen. Aber das ist jetzt eine andere Baustelle und kann nicht als Vorwand herangezogen werden, um die alten Fehler in dem Bereich, um den es hier geht, jetzt zwanghaft ständig neu zu wiederholen.

Wir sollten in den neuen LEP hineinschreiben, dass Gewerbeflächen nicht dadurch nachhaltig werden, dass wir sie in einem Naturschutzgebiet ansiedeln, und dass FFH Gebiete nicht zu Industrieflächen werden sollen. Ich zitiere mich einmal selbst aus dem letzten Dezember: Diese Rieselfelder, um die es hier geht, sind naturschutzfachlich wertvolle, große Flächen. Teilweise reichen sie bis in die Lippeauen. Die Flächen haben eine wichtige Klimafunktion für den Ballungsraum südliches Ruhrgebiet, weil sie eine Kaltluftschneise sind, die an heißen Sommertagen Kaltluft in das Ruhrgebiet bringen eine immer wichtiger werdende Funktion im Zuge des Klimawandels. Warum steht in Ihrem Antrag nichts zum ursprünglichen rechtswidrigen Verzicht auf eineUmweltverträglichkeitsprüfung? Wurde das inzwischen geheilt? Ich wies im Dezember schon darauf hin. Ohne Umweltprüfung verstößt die Planung gegen europäisches Recht. Das heißt, dem Projekt droht dann bei einer Klage das gleiche Schicksal wie dem E.ON Schwarzbau in Datteln.

(Beifall von den PIRATEN)

Warum äußern Sie sich in Ihrem Antrag nicht zu den Erschließungskosten, darunter die Abwasserkanalisation, die wohl von den Bürgern dann durch Gebühren bezahlt werden sollte? Das war jedenfalls der Stand im Dezember, wo es keine offiziellen Angaben zu den Erschließungskosten gab, die die Bürger für den newPark bezahlen sollen. In Ihrem Antrag sehe ich dazu auch nichts.

Ich habe aber jetzt noch ein paar allgemeine Bemerkungen, die über dieses konkrete Projekt hinausgehen. Ich hatte gedacht, dass vielleicht auch noch andere Redner vor mir schon darauf eingehen. Besonders von den Grünen hätte ich das erwartet. Aber es gibt ja noch einen zweiten Durchgang. Wir leben ja auf einem endlichen Planeten. Insbesondere das dicht besiedelte Nordrhein-Westfalen verfügt nur über eine endliche Fläche. Die muss gesellschaftlich verträglich alle notwendigen Funktionen erfüllen. Ich akzeptiere kein Primat der Wirtschaft mehr vor den anderen Funktionen, darunter auch eben den ökologischen Funktionen. Niemand mehr darf dieses Primat der Wirtschaft akzeptieren angesichts des hohen und ständig wachsenden Anteils bereits versiegelter Flächen. In den letzten Dutzend Jahren entsprach der Flächen verbrauch in Nordrhein-Westfalen etwa der Fläche des Bundeslandes Berlin, zusätzlich zu dem bereits vorhandenen hohen Anteil.

Bedenken Sie auch, dass jedes Mal, wenn Fläche verbraucht wird, Ausgleichsflächen ausgewiesen werden müssen. Wir brauchen ein Flächenrecycling, ein vernünftiges Flächenmanagement und einen guten LEP. Wir müssen endlich anfangen, uns Gedanken über Suffizienz zu machen, auch bei der Flächennutzung. Die knappen Flächen im Lande sind eben ein beredtes Beispiel dafür, wie notwendig das ist. Suffizienz knapp beschrieben ist das Bemühen um einen möglichst geringen Ressourcenverbrauch, Genügsamkeit. Aus den konkreten wie dargelegt und auch allgemeinen Überlegungen heraus können wir diesem Antrag von CDU und FDP nicht zustimmen und empfehlen Ablehnung.

 

Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Rohwedder.

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