Plenarrede: Oliver Bayer zu Landesplanung

Donnerstag, 20. Juni 2013

 

TOP 17. Unser Land braucht Entwicklung – Anforderungen an die Novelle der Landesplanung

 

Antrag CDU

Drucksache 16/2131
Beschlussempfehlung
Drucksache 16/3195
Block I
Unser Redner: Oliver Bayer
Unsere Abstimmungsempfehlung: Ablehnung

Wortprotokoll zur Rede von Oliver Bayer:

Oliver Bayer (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Haartelijke groeten naar Nederland! Verehrte Landsleute! „Das Land Nordrhein-Westfalen steht am Ende des 20. Jahrhunderts vor neuen und großen Herausforderungen.“ Mit diesen Worten beginnt der derzeitige Landesentwicklungsplan NRW. Wir befinden uns aber inzwischen weit im 21. Jahrhundert. Die Herausforderungen allerdings bestehen weiter.

Der Erhalt unserer Lebensgrundlagen muss zugleich lokal und global gedacht werden. Landesplanung ist nicht isoliert zu betreiben. Die Nutzung von Flächen und Räumen und die Verfügungsgewalt über diese Ressourcen stehen im Zentrum gesellschaftlicher Auseinandersetzungen, in denen sich die sehr unterschiedlichen Interessen widerspiegeln.

Es ist an der Zeit, hier ein zusammenhängendes Konzept neu auszuarbeiten, nicht nur punktuelle Einzellösungen. Endlich läuft wohl auch der dafür notwendige Prozess; er hat den Antrag vielleicht ein wenig eingeholt. Ich habe es allerdings – das muss ich Herrn Ellerbrock zugestehen – im Netz an entsprechender Stelle auch noch nicht gefunden. Gestern wäre natürlich ein schöner Tag dafür gewesen.

Ich stimme der CDU zu, was die Notwendigkeit einer aktualisierten Landesplanung angeht. Diese Debatte ist wichtig und überfällig. Allerdings ist der Antrag in sich widersprüchlich, und die aufgestellten Forderungen sind nicht akzeptabel.

Das beginnt mit einem äußerst verengten Begriff der natürlichen Lebensgrundlagen, die mir nichts dir nichts zu einem Produktionsfaktor gemacht werden. Das kann nicht ernst gemeint sein. Die Monokulturen der Landwirtschaftsindustrie sind keine natürlichen Lebensgrundlagen.

(Beifall von den PIRATEN)

Der Antrag bringt Energiewende, nachhaltige Landesentwicklung und den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gegeneinander in Stellung. Die natürlichen Ressourcen sollen dem Ausbau der erneuerbaren Energien geopfert werden. Die CDU fordert hier also nichts weiter als Umweltzerstörung zur Rettung der Umwelt. Da wundert es kaum noch, dass die CDU kein Problem damit hat, den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zu fordern und für den Erhalt der Braunkohle zu plädieren.

Ich stelle mir dieses CDU-NRW folgendermaßen vor: Da befinden sich Braunkohletagebau, ausgedehnte Maisfelder, Datteln 4, Industrieflächen im Naturschutzgebiet und achtspurige Autobahnen einträchtig nebeneinander – auch sehr schön. Mein Nordrhein-Westfalen sieht anders aus.

In Nordrhein-Westfalen gibt es große Chancen bei der Revitalisierung von riesigen Flächen. Flächenrecycling sollte ein entscheidendes Thema der Landesplanung sein. Die im Antrag geforderten flexiblen Lösungen für Industrieerweiterungen lassen dagegen erahnen, welchen Stellenwert natürliche Lebensgrundlagen und demokratische Prinzipien bei der CDU haben. Der Antrag atmet gerade hier Gestrigkeit.

Wer heute noch die weitere Ausweisung von Flächen zum Ziel von Landesplanung machen will und wer die weitere Zerstörung von Naturraum billigend in Kauf nimmt, um den vermeintlichen Standortnachteil zu kompensieren, vergeht sich am Recht der Menschen von heute und der Menschen von morgen, in einer halbwegs unversehrten Welt zu leben.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir Piraten sind der Meinung, dass die Planungsgrundlagen insbesondere für großflächige Vorhaben geändert werden müssen. Wir brauchen dabei aber mehr Partizipation statt – wie es im CDU-Antrag steht – „entscheidungsorientierte Verfahren“. Ernst gemeinte Beteiligungen von Bürgerinnen und Bürgern müssen zunächst entscheidungsoffen sein. Dafür müssen Ressourcen und genügend Zeit eingeplant werden.

(Beifall von den PIRATEN)

Fast jede im Antrag enthaltene Forderung birgt Probleme. Übrig bleibt die Forderung nach dem Vorrang von Innenentwicklung vor Außenentwicklung, der man vorbehaltlos zustimmen wollte. Herr Thiel überzeugte mich allerdings gerade, dass das als Ziel natürlich besser ist als als Grundsatz.

Wir brauchen also Naturschutz statt Monokulturen als Lebensgrundlage und einen verminderten Flächenverbrauch statt flexibler Industrieerweiterungen, und wir brauchen Bürgerbeteiligung statt entscheidungsorientierter Top-down-Mentalität. Landesplanung kann eben nicht bedeuten, Interessen der Wirtschaft gegen Interessen der Menschen in Stellung zu bringen. Nur mit den Menschen – nie gegen sie – kann eine nachhaltige Landesplanung formuliert werden.

Positiv betrachtet: Ich sehe den Antrag der CDU als Absichtserklärung, sich in das Verfahren konstruktiv einzubringen. Das werden auch wir tun. Ansonsten folgen wir heute der Beschlussempfehlung. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

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