Plenarrede: Kern zu Drogenhandel

Plenarsitzung 16 am 30. November 2012

Nico Kern zu TOP: 6 Drogenhandel und -konsum in Justizvollzugsanstalten effektiv eindämmen – Jeder JVA ein eigener Drogenspürhund

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/1273

Mitschnitt der Rede von Nico Kern 

Redeprotokoll:

Danke. – Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Zuschauer im Saal und zu Hause! Ich will nicht alles wiederholen, was meine Vorredner schon gesagt haben, und konzentriere mich auf einige wenige Punkte. Die Quintessenz hat der Kollege Wedel auch schon selbst vorweggenommen. Die Quintessenz lautet nämlich: Die Justizvollzugsanstalten werden Sie mit Ihrem Antrag nicht drogenfrei kriegen. Der Antrag ist ungeeignet.

Die FDP hat mal wieder im Archiv gekramt und einen alten Antrag aus dem Hut gezaubert. Was in anderen Bundesländern keine Zustimmung gefunden hat, soll in NRW noch mal probiert werden. In Berlin wurde der Antrag bereits abgelehnt. Auch in Rheinland-Pfalz scheint man beim stichprobenartigen Einsatz von Spürhunden bleiben zu wollen, wie man aus einer Antwort auf eine Große Anfrage schließen kann. Viel Hartnäckigkeit für eine falsche Politik!

(Beifall von den PIRATEN)

Dabei haben Sie diesen Antrag unter vollkommen unterschiedlichen Rahmenbedingungen eingebracht. In Berlin sagten Ihre Parteikollegen, die große Mehrheit der Inhaftierten sei nicht süchtig oder konsumiere nicht. Es solle verhindert werden, dass die Insassen zu Erstkonsumenten würden.

In NRW stellen Sie hingegen darauf ab, dass es rund 40 % Drogensüchtige in den JVAs gibt. Das macht Ihr Anliegen nicht glaubwürdiger.

(Beifall von den PIRATEN)

Der Einsatz von Spürhunden ist aber auch aus anderen Gründen für uns nicht unproblematisch. Oft wird der Spürhundeeinsatz mit dem Einsatz von Hunden an Flughäfen verglichen und damit bagatellisiert. Aber bei Ihrem Antrag geht es doch darum, dass sich Menschen in JVAs beschnüffeln lassen müssen. Davon wären nicht nur die Häftlinge, sondern auch und gerade die Besucher, die Rechtsanwälte und die JVA-Bediensteten betroffen.

Meine Damen und Herren, der anlassunabhängige Einsatz von Hunden direkt am Menschen erweckt bei mir unangenehme Assoziationen.

(Beifall von den PIRATEN und Arif Ünal [GRÜNE])

In Ihrem Antrag sind zudem scheinbar überhaupt nicht die Gefahren bedacht worden, die bei dem Einsatz von Spürhunden entstehen. So kam es in Baden-Württemberg laut Presseberichten zu mehreren Beißvorfällen. Und durch Fehlalarme der Hunde – die gibt es auch – werden Besucher stigmatisiert, und es kommt zu unrechtmäßigen Besucherbeschränkungen für die betroffenen Inhaftierten.

Sie von der FDP gehen mit diesem Antrag weiter den Weg einer Law-and-Order-Partei. Das überrascht mich etwas. Symptombehandlung statt Ursachenbekämpfung, Repression statt Therapie, Show statt Hilfe – das ist dieser Antrag.

(Beifall von den PIRATEN und den GRÜNEN)

Herr Alda, vorhin sagten Sie zum Sozialbericht sinngemäß, die von Armut Betroffenen, die Schwächsten der Gesellschaft, bräuchten unsere Solidarität, darüber bestünde kein Dissens in diesem Haus. – Okay. Aber wenn es um konkrete Politik geht, ist von dieser Solidarität nichts mehr zu sehen. Auch die Schwächsten in den JVAs brauchen unsere Solidarität und keine weiteren Repressionen.

(Beifall von den PIRATEN und den GRÜNEN)

Es greift nämlich zu kurz, zu fordern: Die JVAs müssen drogenfrei werden. – Wir sagen: Die Süchtigen müssen drogenfrei werden. Stellen Sie doch einmal die Menschen in den Mittelpunkt Ihrer Politik. Denn was an Mitteln für zusätzliche Spürhunde und deren Ausbildung gesteckt wird, kann nicht mehr für Drogenpräventionsmaßnahmen, Therapien und Hilfe für die Betroffenen verwendet werden. Hier haben wir aber den wirklichen Nachholbedarf.

Gerne wollen wir mit Ihnen im Ausschuss über die effektive Bekämpfung von Sucht in Gefängnissen diskutieren. Wir werden daher der Überweisung an den Ausschuss zustimmen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Wir Piraten bleiben dabei: Prävention und Hilfe ist besser als pure Repression.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Da wir zurzeit scheinbar die inoffiziellen Lateinwochen im Landtag haben, möchte ich schließen mit: Cave canem! – Hüte dich vor dem Hund! -Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Heiterkeit und Beifall von den PIRATEN und den GRÜNEN)

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