Plenarrede: Herrmann zu GEMA-Tarifen

Plenarsitzung 15 vom 29. November 2012

Frank Herrmann zu TOP 3: GEMA-Tarife müssen bezahlbar bleiben

Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 16/1275

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/1561

Redeprotokoll:

Verehrter Herr Präsident! Liebe Menschen im Publikum und am Stream! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Wir sind hier im Parlament! Das ist keine Show!)

Erst einmal muss ich meinen Respekt gegenüber den Fraktionen der CDU, der SPD und der Grünen und auch Herrn Nückel zum Ausdruck bringen: Das ist ein durchaus positives Signal, dass hier über die GEMA nachgedacht wird.

Ich sehe in Ihren Anträgen, dass wir uns im Grunde doch sehr einig sind – einig darin, dass eine kollektive Rechtewahrnehmung künstlerischer Werke über Verwertungsgesellschaften eine sinnvolle Einrichtung ist.

Beide Anträge fordern einerseits faire und bezahlbare Tarife von der GEMA, damit auch in Zukunft die Ausrichtung von Brauchtumsfesten und nichtkommerziellen kulturellen Veranstaltungen ohne große finanzielle Hürden möglich ist.

Andererseits ist von fairem Interessenausgleich zwischen den Nutzern und den Urhebern die Rede. Alle sind sich einig, dass wir für diesen fairen Interessenausgleich Verwertungsgesellschaften brauchen. Aber Sie reden wie selbstverständlich nur von der GEMA und akzeptieren damit ihre Monopolstellung im Bereich der Rechtewahrnehmung für Musikdarbietungen im öffentlichen Raum.

Die Forderungen nach fairem Interessenausgleich sind schon alle umgesetzt und stehen im Urheberrechtswahrnehmungsgesetz. Wir brauchen hierfür keine Gesetzesänderung, sondern wir brauchen etwas ganz anderes. Herr Nückel, Sie haben mir da ein bisschen die Show gestohlen, ich wollte nämlich auch auf eine Konkurrenzsituation zu sprechen kommen.

Dazu eine vergleichende Situation aus dem frühen 20. Jahrhundert in den USA: In den 1930er-Jahren wurde das Radio als Quelle neuer Musik und Unterhaltung immer wichtiger. Das schien den Verkauf von Schallplatten zu schwächen und die Existenz von kommerziell ausgerichteten Liveshows zu bedrohen. Es hat sich dann die Organisation ASCAP, vergleichbar mit der GEMA, gegründet. Die Radiostationen mussten Pauschalgebühren abführen. Diese Einnahmen wurden dann – wie hier von der GEMA – an die Künstler ausgeschüttet.

Dann passierte Folgendes: Im Jahr 1939 war große Depression, die Einnahmen der Künstler waren eingeschränkt, das Geld wurde knapp. Die ASCAP erhöhte die Gebühren um 400 %. Was ist passiert? Die Radiostationen gründeten eine eigene, kostengünstigere Non-Profit-Alternative zu ASCAP, die BMI, und spielten deren Repertoire. Durch diese Konkurrenzsituation hat die ASCAP die Erhöhung dann Stück für Stück zurücknehmen müssen. Mittlerweile gibt es in den USA drei Verwertungsgesellschaften für Musikdarbietungen im öffentlichen Raum.

Ich denke, das ist ein Weg. Die Konkurrenz für die GEMA ist schon lange notwendig. Denn viele Künstler finden sich in den starren Regeln, die die GEMA hier anbietet, nicht wieder. Als Mitglied der GEMA müssen Musikerinnen und Musiker für die Aufführung ihrer eigenen Werke Gebühren bezahlen. Sie dürfen ihrem Publikum eigene Stücke nicht frei im Netz zur Verfügung stellen, um etwa für Liveauftritte zu werben. Die Statuten der GEMA verbieten das. Auch neue Lizenzmodelle wie zum Beispiel Creative Commons, die freie private Nutzung erlauben, werden von der GEMA nicht akzeptiert.

In diesem Jahr – Herr Nückel, Sie haben es erwähnt – wurden die Bemühungen der Initiative C3S großflächig bekannt. Die Cultural Commons Collecting Society wird Anfang nächsten Jahres den Antrag auf Zulassung als Verwertungsgesellschaft beim Deutschen Patent- und Markenamt einreichen. Sie soll als europäische nichtgewinnorientierte Verwertungsgesellschaft gegründet werden.

Gerade im Bereich der nichtkommerziellen musikalischen Aufführungen und Nutzungen ist die C3S-Initiative wegweisend. Hier werden Künstler, die ihre Werke unter freier Lizenz veröffentlichen, akzeptiert und unterstützt. Jedoch handelt es sich nicht um eine reine Umsonst-Kultur. Auch unter freien Lizenzen veröffentlichte und aufgeführte Werke müssen angemessen vergütet werden, wenn sie in einem kommerziellen Rahmen benutzt werden.

Daher möchten wir ausdrücklich betonen, dass das Problem mit der GEMA nicht durch die Verwaltung oder Regierung zu regeln ist, sondern auch durch den Markt. Wir müssen eine langfristige Perspektive schaffen. Es gibt kein Gesetz, welches ein Monopol für nur eine Verwertungsgesellschaft garantiert.

Genauso ist eine Oberbehörde zur Aufsicht über die Kontrollfunktionen des Deutschen Marken- und Patentamts – so wie Sie von den Grünen es vorgeschlagen haben – in unseren Augen wenig sinnvoll. Denn eine solche Einrichtung würde zu einem weiteren Kostenanstieg und weniger Flexibilität führen. Das ist nicht im Sinne der Künstlerinnen und Künstler und auch nicht im Sinne des Publikums und der Fans.

Lassen Sie uns doch im Ausschuss überlegen, wie neue Verwertungsgesellschaften gefördert werden können und somit der kulturellen und musikalischen Vielfalt ein der Zeit angemessener fruchtbarer Boden bereitet werden kann. Wir sind sicher, dass das auch Einfluss auf die Tarife der GEMA haben wird. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

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