Top 6. Torsten Sommer zur Förderung eines sozialen Arbeitsmarktes

Mittwoch, 20. Mai 2015

 

Top 6. Förderung eines dauerhaften sozialen Arbeitsmarktes „Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren“

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN
Drucksache 16/8655

Torsten Sommer MdL | Foto Tobias M. EckrichUnser Redner: Torsten Sommer
Abstimmung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung
Audiomitschnitt der Rede von Torsten Sommer anhören

Audiomitschnitt der Rede von Torsten Sommer als Download

Protokoll der Rede von Torsten Sommer

Torsten Sommer (PIRATEN): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schöne Antwort danke, lieber Uli. Gleichwohl ist es sicher so, dass die Bundesebene hier nicht ganz ungeschoren davonkommen wird.

Fangen wir erst einmal mit dem Antrag auf Länderebene an. Ich finde es gut, dass Sie den Antrag eingebracht haben. Ich glaube schon, dass es Sinn macht, einen dauerhaften sozialen Arbeitsmarkt auszubilden, vor allem, wenn dies mit Integration der privatgewerblichen Unternehmungen geschieht. So, wie wir es bis jetzt hatten dass nämlich gGmbHs, Integrationsunternehmen usw. damit „belastet“ wurden , hat es nicht zu dem Ziel geführt, das wir gerne gehabt hätten.

Wir müssen das Ganze auf mehr Schultern verteilen. In Gesprächen mit allen Trägern sowohl der gGmbHs wie auch mit der freien Wirtschaft ist immer klar geworden: Die Unternehmen stehen dafür bereit. Auch die Unternehmen in diesem Land wollen ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden. Und das können wir auf diese Weise schaffen. Deshalb finde ich es gut, dass Sie diesen Antrag so einbringen.

Zurzeit ist es so das haben die Kollegen alle einhellig gesagt, das ist nun einmal die Faktenlage , dass NRW mit am schlechtesten im Bund dasteht, was die Langzeitarbeitslosen betrifft. In NRW leben die Menschen, die am längsten arbeitslos sind. Hier leben die meisten Menschen, die länger als ein Jahr, sogar länger als zwei Jahre arbeitslos sind. Das alles wurde bereits benannt. Bis jetzt haben keine Projekte und keine strukturellen Maßnahmen dazu geführt, dass dem begegnet worden wäre, dass den Menschen eine Chance gegeben worden wäre, wieder in Arbeit zu kommen.

Wir haben eben gehört, welche Menschen das überhaupt betrifft, nämlich Menschen mit sogenannten multiplen Vermittlungshemmnissen. Da ist alles Mögliche dabei: Migrationshintergrund der letzten Generation, familiäre Verhältnisse, Menschen, die in der Familie andere Familienangehörige pflegen usw. Manche Menschen aus dieser Gruppe haben ob der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit verlernt, ihren Tagesablauf zu gestalten.

Alles das soll man ich denke, das ist Ziel des Antrages demnächst nicht nur im Rahmen eines Integrationsunternehmen oder nur alleine, auf die Jobcenter abgeschoben, wieder erlernen, sondern auch mit einem privatwirtschaftlichen Unternehmen als Partner. Das finde ich das Gute an dem Antrag; das möchte ich hier herausstreichen.

Wie brauchen diese Menschen jeweils individuell, um wieder in Arbeit kommen? Das Arbeitsumfeld habe ich gerade angesprochen; dann sind da die Unternehmen. Dann brauchen sie natürlich Qualifizierung. Da finde ich an Ihrem Antrag besonders gut, dass Sie nicht nur sagen: „Wir brauchen für die Menschen einen Eingang in dauerhafte duale Ausbildung“, sondern Uli Alda hat es eben auch schon gesagt, Kollege Preuß auch dass Sie auch davon ausgehen, dass der modulare Anteil wahrscheinlich erhöht werden muss.

Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass es Menschen gibt, die es nicht schaffen werden, eine komplette duale Ausbildung durchzuziehen. Da hilft dann einfach die Überlegung: Wenn es jemand nicht schafft, eine komplette Lehre zum Werkzeugmacher zu absolvieren, dann wird er vielleicht mit einem Schweißerschein glücklich und kann so am Arbeitsmarkt wieder Fuß fassen. Ich denke, eines ist sehr wichtig: Wir müssen uns davon frei machen, dass wir alle Betroffenen übertrieben formuliert zu Nobelpreisgewinnern ausbilden werden.

Das alles schaffen wir aber nicht nur durch die Bereitstellung von Angeboten, sondern auch durch eine entsprechende Betreuung. Zurzeit gibt es bei den Jobcentern absolut unterirdische Betreuungsraten. Wir reden von folgenden Betreuungsraten: Auf einen Jobcentermitarbeiter kommen 150 bis 200 zu betreuende Menschen. Das ist keine Betreuung, das ist nicht mal Verwaltung das ist Notstand!

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Von den sogenannten Kunden abgesehen, lassen wir die Menschen, die im Jobcenter nach ihrer Kurzausbildung von sechs Wochen tätig sind, und die das Ganze bewältigen müssen, damit komplett alleine. Diesen Betreuungsschlüssel müssen wir ändern.

(Beifall von den PIRATEN Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Ich hoffe, dass wir in den Beratungen im Ausschuss dazu kommen werden.

Übrigens, Herr Kollege Preuß, hoffe ich auch, dass wir nicht nur ein Expertengespräch, sondern eine große Anhörung dazu durchführen. Selbst meiner kleinen Fraktion fällt direkt ein halbes Dutzend Namen ein. Die Anhörung relativ groß aufzuziehen, würde auch der Einbringung dieses Antrags entsprechen.

Um den Betreuungsschlüssel zu ändern, braucht man natürlich Geld frisches Steuergeld. Es wird nicht reichen, Geld umzuschichten, so wie es Frau Nahles angekündigt hat. Kollege Garbrecht hat völlig recht: Es ist keine Kürzung, es ist eine Umschichtung. Das bringt die Jobcenter zwar völlig durcheinander, weil sie nicht mit ihnen abgesprochen ist; aber es ist eine Umschichtung. Gleichwohl erinnert mich diese Umschichtung von einer Gruppe Arbeitsloser vielleicht zu der nächsten Gruppe Arbeitsloser ein bisschen an Münchhausen. Der hat sich auch am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen. Das erwarten wir jetzt auch von den Arbeitslosen.

(Nadja Lüders [SPD] schüttelt den Kopf.)

Das wird nicht funktionieren. Das hat schon bei Münchhausen nicht funktioniert.

Wenn ich mir anschaue, wie die geschätzten Steuermehreinnahmen auf Bundesebene in den nächsten Jahren aussehen sollen, sagen die Wirtschaftsinstitute, ganz konservativ gerechnet, mindestens 10 Milliarden € Nettosteuermehreinnahmen für die Bundesebene im Jahr voraus. Wenn es da nicht gelingt, 250 Millionen € für unsere Ärmsten der Armen zu erübrigen, die wirkliche Hemmnisse haben, in den Arbeitsmarkt zu gelangen, dann ist die Politik dieser Bundesregierung absolut verfehlt.

(Beifall von den PIRATEN Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Anders ausgedrückt: Vielleicht kaufen wir ein oder zwei A400M weniger. An dieser Stelle wäre das durchaus angebracht.

Wichtig ist mir auch noch der Passiv-Aktiv-Transfer, auf den vielfach abgehoben worden ist. Der alleine wird es aber nicht richten. Der Passiv-Aktiv-Transfer ist notwendig das sehe ich ganz klar so , aber selbstverständlich muss es etwas on top geben. Für Menschen, die sich aktiv für ihre Zukunft einsetzen, muss es auch ein Ziel geben, damit sie nicht das, was sie vorher sowieso als SGB-II-Leistung bekommen haben, jetzt als Entlohnungszuschuss erhalten. Das muss meiner Meinung nach mehr werden. Darüber werden wir im Ausschuss sprechen.

Sehr wichtig ist mir auch das ist eben ein bisschen untergegangen; vieles ist aber auch schon gesagt worden, das wiederhole ich extra nicht Folgendes: Diese Aufgabe ist selbstverständlich für die betroffenen Menschen extrem bedeutsam, aber auch für unsere Unternehmen. Schauen wir uns den Demografiefaktor an: Aktuell gibt es in Deutschland insgesamt 43 Millionen Arbeitsplätze. Wenn man die demografische Entwicklung fortschreibt mit einem Plus von 100.000 Menschen im Jahr als Wanderungsüberschuss , kommt man bis 2050 auf vielleicht 25 Millionen Menschen, die Vollzeit arbeiten können. Das sind die aktuellen statistischen Zahlen.

Das heißt: Diese Menschen, die zurzeit nicht am Arbeitsmarkt teilnehmen, werden von unserer Wirtschaft dringend gebraucht. Entweder wir aktivieren sie jetzt, oder sie werden uns im Zuge unserer wirtschaftlichen Entwicklung bitter fehlen. Deshalb muss dieses Geld, das ich von der Bundesebene eingefordert habe frisches Steuergeld , nicht nur als Hilfe für die Menschen zur Verfügung stehen, sondern es dient auch zusätzlich unserer Wirtschaft. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam dafür kämpfen, dass das von der Bundesebene aus geregelt wird!

Ich freue mich auf die Anhörung im Ausschuss, die bitte groß sein möge, und die hoffentlich die Einheitlichkeit, die wir als Fachpolitiker gezeigt haben, widerspiegelt. Lassen Sie uns bitte zu guten Ergebnissen kommen! Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

 

 

Veröffentlicht unter Arbeit, Gesundheit, Soziales (A01), Reden, Torsten Sommer

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*

*