Freitag, 20. März 2015
Top 7. Dämmwahn bremsen – Kosten und Nutzen bei der Energiesparverordnung ins Gleichgewicht bringen
Antrag der Fraktion der CDU
Drucksache 16/8129
Unser Redner: Oliver Bayer
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Überweisung
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Protokoll der Rede von Oliver Bayer
Oliver Bayer (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der berühmte klingonische Naturphilosoph und Architekt Kargan sagte einmal in seinem legendären Disput mit den Vertretern Hypochondriens – ich übersetze das für Sie aus dem Klingonischen:
Nur ein kalter Winter ist ein guter Winter. Nur ein heißer Sommer ist ein guter Sommer. Wir wollen die Natur draußen und drinnen spüren.
Präsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege Bayer, Entschuldigung! Herr Kollege Ellerbrock würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.
Holger Ellerbrock (FDP): Herr Kollege Bayer, der Name des Philosophen war mir nicht sofort geläufig. Aus welcher Gegend kommt er? Könnten Sie das bitte noch einmal wiederholen?
(Heiterkeit)
Oliver Bayer (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Ellerbrock, natürlich kann ich das, selbstverständlich. Er kam vom Planeten Kronos, und zwar noch bevor die ökologische Katastrophe diesen Planeten heimsuchte. Das heißt, er hat dieses Zitat lange vor dieser Zeit von sich gegeben. Dort hat er auf der nördlichen Halbkugel gewohnt. Kronos ist ein Planet der Klasse M, der ungefähr solche Klimazonen hat wie wir auf der Erde.
(Beifall von den PIRATEN)
Insofern ist das Zitat durchaus angebracht. Ich nenne es noch einmal:
Nur ein kalter Winter ist ein guter Winter. Nur ein heißer Sommer ist ein guter Sommer. Wir wollen die Natur draußen und drinnen spüren. Häuser sind Orte der Tapferkeit, die unsere Kinder auf die Härten des klimatischen Lebens vorbereiten. Die Sonne scheint, oder sie scheint nicht. Verdampft unsere Welt, nehmen wir uns eine andere. Wir sind Krieger.
(Beifall von den PIRATEN)
Soweit dieses Zitat, vor dem ich mich verbeuge.
Die CDU outet sich mit ihrem vorliegenden Antrag wider das Dämmen als Klingonen im Geiste. Auch vor dem Geist dieses Antrages sollte ich mich also verbeugen, zumal er ja wirklich vernünftig klingt. Wieso Probleme zu Problemen machen, wenn man sie doch viel praxistauglicher machen kann, indem man sie ignoriert?
Im Antrag steht – Herr Hausmann hat das schon zitiert –, dass sich ein deutlich flexiblerer Umgang, der in der EnEv schon angelegt ist, für die Umweltziele kurzfristig positiver auswirken würde. Bei Umweltschutz und Klimaschutz geht es jedoch nicht um kurzfristige Verbesserungen, sondern darum, über Jahrzehnte übergeordnete Ziele im Blick zu behalten und zu erreichen. Langfristig verfolgt die Bundesregierung das Ziel, den Primärenergiebedarf von Gebäuden bis 2050 um ca. 80 % zu reduzieren. Lange Sanierungszyklen erlauben bis 2050 voraussichtlich nur eine einzige vollständige Sanierung des Bestandes.
Sie sollten darauf achten, wo und wie viele unserer Ziele Sie einer vermeintlichen Praxistauglichkeit oder Bequemlichkeit opfern. Sonst prokrastinieren Sie jedwedes Ziel.
Die Energieeinsparverordnung ist nicht – jedenfalls nicht primär – ein Wirtschaftsförderungsprogramm. Sie ist vor allen Dingen ein wichtiger Baustein der Energiewende, also des Versuchs, klimapolitische Ziele umzusetzen.
Neben Verkehr und Industrie sind es in erster Linie Gebäude, die für den Energiebedarf und den Schadstoffausstoß verantwortlich sind. Da ist es vollkommen richtig, politische Signale zu setzen. Dazu gehört bei aller Kritik auch die EnEv.
Das Problem ist also wesentlich komplexer, als es im Antrag der CDU beschrieben ist. Eine Lösung, die auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner basiert, wird dem übergeordneten Ziel nicht gerecht. Da müssen die CDU und die Grünen in Hessen noch einmal nachdenken.
Politisch gestalten heißt, nach Wegen zu suchen und Lösungen anzubieten, um ein als richtig erkanntes Ziel auch zu erreichen. Noch im vergangenen Monat gingen wir fest davon aus, dass Maßnahmen der energetischen Ertüchtigung von Gebäuden steuerlich begünstigt würden. Dieser Initiative hätte die breite Mehrheit hier sicherlich applaudiert. Diese Hoffnung aber, wirtschaftspolitische Erfordernisse und klimapolitische Zielsetzungen zu versöhnen, hat sich in Rauch aufgelöst. Der bayerische Koalitionspartner im Bund, die CSU, hat sich darin gefallen, destruktiv zu sein. Da schließe ich mich Herrn Tüttenberg an.
Wir wissen, dass heutzutage mit bedenklichen Baustoffen gedämmt wird. Auch wissen wir, dass die Energiesparpotenziale in den Modellen strukturell überschätzt werden. Wir wissen, dass das Dämmen – auch das richtige Dämmen – von Gebäuden noch nichts löst, wenn nicht gleichzeitig auch Wohn- und Siedlungsformen auf die politische Agenda gesetzt werden.
Niemand will, dass Gebäude gedämmt werden, deren Effekt nicht nachweisbar ist. Jedenfalls ich will nicht, dass Dämmstoffe verwendet werden, zu deren Herstellung und Entsorgung mehr Energie aufgewendet werden muss, als im Betrieb des Hauses gespart werden kann. Ich lehne auch solche Stoffe ab, die bedenkliche Stoffe an ihre Umwelt abgeben.
Über all diese Aspekte können und sollten wir schleunigst in den politischen Diskurs treten. Dazu überweisen wir den Antrag sehr gerne in den Ausschuss. Allein nur vom Dämmwahn zu sprechen, reicht nicht. Das verstellt den Blick auf die gesellschaftliche Aufgabe. Wir müssen zumindest Alternativen zur Erreichung der übergeordneten Ziele nennen. Dazu haben wir jetzt die Gelegenheit. Herr Ellerbrock hat sogar von einer Anhörung gesprochen.
Ich sage für uns an dieser Stelle: „Qapla! – Viel Erfolg!“ – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
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