Dietmar Schulz zu den Leistungen des „Effizienzteams“

Freitag, 20. März 2015

 

Top 1. A k t u e l l e  S t u n d e

Was bleibt von den Vorschlägen des sogenannten „Effizienzteams“ übrig?
Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU
Drucksache 16/8178
Dietmar Schulz MdL/Foto A.KnipschildUnser Redner:  Dietmar Schulz
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Protokoll der 1. Rede von Dietmar Schulz

Dietmar Schulz (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und daheim! Herr Kollege Abel, vielen Dank für die Sachlichkeit, die Sie an den Tag gelegt haben, mit der Sie sich zumindest ansatzweise mit dem Bericht befasst haben, den Sie hier eigentlich hätten vollständig verteidigen müssen. Das war beim Kollegen Zimkeit leider nicht ganz so. Er sprach von der Schuldenkurve, der Senkung der Neuverschuldung. Eines steht fest, Herr Kollege Zimkeit: Das ist keine Folge der Arbeit des Effizienzteams, sondern, wie der Kollege Abel sagte, eine Folge der Mehreinnahmen, um es ganz klar auf den Punkt zu bringen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Sie haben dem Kollegen Abel scheinbar nicht zugehört!)

Seit Monaten kursiert hier im Landtag der Running Gag: Wo bleibt der Bericht des Effizienzteams? Jetzt ist er da, aber der Gag bleibt. Oder anders formuliert: Auch der Bericht ist nichts anderes als ein eher schlechter Scherz. Als Beispiel zitiere ich einen Satz von Seite 5 des Berichts: „Ein Ergebnis der umfangreichen Untersuchungen des Effizienzteams war, dass es einfache, pauschale Lösungen für die Konsolidierungsherausforderungen nicht gibt.“

Derart tautologische Feststellungen ziehen sich durch den ganzen Bericht. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Die verlangen dem Leser schon eine hohe Fremdschämtoleranz ab.

(Heiterkeit und Beifall von den PIRATEN Vereinzelt Beifall von der FDP)

Vier Jahre nach seiner Einsetzung liegen nun Einsparvorschläge mit Wirkung ab 2018 in Höhe von jährlich 214 Millionen € vor. Das sind Kollege Schmitz hat es bereits gesagt 0,3 % des Landeshaushaltes, geht vom heutigen Stand aus. Das Effizienzteam hat über drei Jahre gearbeitet und Kosten in Höhe von 1,8 Millionen € produziert.

Effizienzteam, Effizienz, effizient oder doch eher ineffizient? Kollege Witzel hat es schon gesagt: Es bleibt ein Ineffizienzteam. Außer Spesen nichts gewesen! Ich sage Ihnen schon jetzt: Im Prinzip, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch liebe Landesregierung, sollten Sie in Ihren Landesverbänden eine Sammelaktion durchführen und dafür Sorge tragen, dass der Steuerzahler in Nordrhein-Westfalen diese 1,8 Millionen € zurückbekommt.

(Beifall von den PIRATEN Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Vieles, was in dem Bericht steht, ist altbekannt, zum Beispiel: keine Zuschüsse für zinsgünstige Darlehen. Andere Bundesländer wie Niedersachsen machen das schon lange. Man hätte einfach mal mit den Nachbarn reden müssen. Man sitzt doch häufig genug zusammen, Herr Finanzminister.

Vieles in dem Bericht ist völlig unkonkret ich nenne das Beispiel BLB , und Vorschläge sind, falls überhaupt vorhanden, nicht durchformuliert und müssten teilweise, so steht es ebenfalls an mehreren Stellen in dem Bericht, „gutachterlich ausgelotet“ werden. Was hat das Effizienzteam denn dreieinhalb Jahre unter Einbeziehung der vielen Spezialisten und Experten, Externen ich weiß gar nicht, woher die alle gekommen sind getan? Wir wissen ja sowieso nicht alles. Das, was im Effizienzteam stattgefunden hat, ist ja ein arkaner Bereich gewesen.

Jetzt sehen wir in dem Bericht, was dort tatsächlich stattgefunden hat, und jetzt wissen wir auch, warum während der Arbeit des Effizienzteams nicht mehr nach außen getragen worden ist, nämlich weil möglicherweise diesem Mummenschanz schon vorher der Garaus gemacht worden wäre, und zwar vonseiten der Opposition.

Im Nachhinein wird man ohnehin noch betrachten müssen und wir werden dazu wohl eine entsprechende gerichtliche Entscheidung bekommen , wie mit der Opposition umgegangen wurde. Und wir werden damit letztendlich auch eine Entscheidung darüber bekommen, Frau Ministerpräsidentin, wie das mit der Politik der Einladung aussieht. Es wäre doch nur sinnvoll und einzig richtig gewesen, alle hier im Landtag vertretenen Fraktionen in die Überlegungen, wo Einsparpotenziale struktureller Natur gegeben sind, mit einzubeziehen.

Es nützt also nichts, liebe SPD, der CDU vorzuwerfen, was sie nicht tut, und umgekehrt nützt es natürlich auch der CDU nicht, den regierungstragenden Fraktionen vorzuwerfen, was sie nicht tun. Das bringt uns alle im Land nicht weiter. Dieser Bericht zeigt, dass auch das Effizienzteam dieses Land keinen Meter vorangebracht hat, sieht man einmal davon ab, dass PwC ein durchaus akzeptables Demografie-Gutachten erstellt hat, was im Wesentlichen den Bericht ausmacht.

Was Rot-Grün im Landtag beschließen wollte, war das kann man dem Bericht entnehmen sowieso tabu. Und wie es scheint, durften politische Wertentscheidungen, wie zum Beispiel der Wegfall der Studiengebühren und sodann die Verteilung der freien Mittel, schon gar nicht infrage gestellt werden.

(Zuruf von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])

Die Landesregierung wollte intelligente Sparvorschläge erarbeiten, fand aber im 65-Milliarden-€-Etat nur Kürzungsmöglichkeiten in Höhe von jährlich 214 Millionen €. 145 Millionen € von den 214 Millionen € sollen bei den Förderprogrammen des Landes wegfallen, die weitgehend auf Darlehen umgestellt wurden. Das Gremium unter Vorsitz von Finanzminister Walter-Borjans empfahl 100 Einzelmaßnahmen, von denen die meisten in den Landesetat eingearbeitet seien. Tiefgreifende Strukturentscheidungen wie eine große Polizeireform oder die Umstellung von Landesbeamten auf Tarifbeschäftigte listete der Finanzminister zwar in der Pressekonferenz als weitergehende Optionen auf, wollte sie sich aber nicht zu Eigen machen.

Das heißt also, das, was das Effizienzteam erarbeitet oder auch nicht erarbeitet hat, ist noch nicht einmal das, was die Landesregierung am Ende aus dem Bericht des Effizienzteams herausziehen möchte. Dann hätte man es auch gleich lassen können. Dann hätten auch die regierungstragenden Fraktionen und die Landesregierung mit den Ministerialapparaten dahinter arbeiten können. Das hätte doch vollkommen ausgereicht. Wofür sitzen denn in der Landesregierung bzw. in den Ministerien die Leute? Das muss man sich hier doch einmal ernsthaft fragen. Ist das nur ein reiner Verwaltungsapparat?

(Beifall von den PIRATEN Zuruf von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])

Effizienz Kollege Schmitz, Sie hatten es eben gesagt , Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit im Bericht ist nichts davon zu erkennen, was der Name und die großspurigen Ankündigungen und Begleiterscheinungen verheißen haben. Das Ergebnis von 24 Sitzungen: im Verhältnis zu den Kosten praktisch nichts.

Hinzu kommt, dass das Effizienzteam für die gewählten Fraktionen des Parlaments mit Ausnahme der Regierungsfraktionen völlig intransparent gearbeitet hat und angeblich an mögliche Sparmaßnahmen herangegangen ist. Nichts davon ist zu sehen, meine Damen und Herren.

Im Prinzip könnte man diesen Bericht im Detail wahrscheinlich stundenlang auseinandernehmen, …

Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Dietmar Schulz (PIRATEN): … um klar und deutlich aufzuzeigen, dass die Landesregierung, aber insbesondere auch die regierungstragenden Fraktionen das muss ich leider sagen hinsichtlich dessen, was das Effizienzteam uns verheißen hat, versagt haben. Vielen Dank.

 

 

Protokoll der 2. Rede von Dietmar Schulz

Dietmar Schulz (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Der Titel dieser Aktuellen Stunde heißt: „Was bleibt von den Vorschlägen des sogenannten ‚Effizienzteams‘ übrig?“ 80 %, vielleicht auch nur 70 % dieser Debatte haben sich mit dem Thema überhaupt nicht befasst um das mal festzuhalten. Der Kollege Wedel hat es eigentlich auf den Punkt gebracht: Es kommt nichts mehr!

(Beifall von Dr. Marcus Optendrenk [CDU])

Es ist alles bereits vollbracht gewesen zu der Zeit, als das Effizienzteam gearbeitet hat.

Was hat es gearbeitet? Die Menschen im Land sollen begreifen und dem dient doch diese Aktuelle Stunde , was da gearbeitet worden ist, was für Ergebnisse herausgekommen sind. Dann könnten wir uns damit auseinandersetzen. Aber hier wird drum herumgeredet. Jeder hier redet drum herum. Ich vielleicht auch. Die Kollegen der regierungstragenden Fraktionen werden sich ja kaum hierhin stellen, sich mit dem Bericht ernsthaft auseinandersetzen und ihn hier rechtfertigen.

Dann müssten Sie nämlich in die Einzelaspekte gehen, zum Beispiel in den Aspekt „Schulaufsicht“. Die Menschen im Lande müssen einfach mal erfahren, was in diesem Effizienzteam gemacht worden ist und wie das mit der Landesregierung, den regierungstragenden Fraktionen und der Opposition zusammenhängt.

Im Mai 2014 hat das Ministerium für Schule und Weiterbildung unter anderem dem zuständigen Landtagsausschuss einen explizit auf die Schulaufsicht ausgerichteten Bericht über die Auswirkungen des Schulkonsenses vorgelegt.

Jetzt kommt das Effizienzteam. Und was macht das Effizienzteam? Es regt an, ein Gutachten zu Aspekten der Effizienzaufgabenwahrnehmung und Rollenklärung der Schulaufsicht zu vergeben. Hört, hört! Das Effizienzteam will ein Gutachten über Effizienz haben. Und welche Erkenntnis ziehen wir noch daraus? Die Landesregierung der Finanzminister ist immerhin Vorsitzender dieses Effizienzteams gewesen traut sich selbst nicht über den Weg. Das ist die Erkenntnis des Effizienzteams. Das hat im Prinzip festgestellt, dass die Landesregierung nicht effizient ist. Die Landesregierung, wohlgemerkt! Es geht gar nicht um die Frage der Kosten oder der strukturellen Einsparungen. Es geht scheinbar auch um die Feststellung, ob die anderen Ministerien überhaupt wissen, was sie tun. Aber hier weiß die Linke offenbar nicht, was die Rechte tut oder umgekehrt.

Nächster Punkt: Förderprogramme und sonstige Landesleistungen. Das Effizienzteam hat zwei unterschiedliche Sparmaßnahmen bei Förderprogrammen initiiert. Es geht um die Umstellung der Förderung von einem anteiligen Zuschuss des Landes auf ein Darlehen der NRW.BANK. Oh, was für eine Wahnsinnserkenntnis! Das wird schon lange getan, immer wieder! Das ist mir seit dem Tag bekannt, als ich zum ersten Mal im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags war. Das heißt, drei Jahre später gibt es immer noch keine neue Erkenntnis. Vielmehr wird dadurch die Förderung von Unternehmen, von Kultur, von Wirtschaft und so weiter und so fort, die eigentlich Aufgabe des Landes und des Landeshaushalts ist, in die NRW.BANK verschoben. Diese hat einen Schattenhaushalt mit einer Bilanzsumme von, ich glaube, 180 Milliarden € das Dreifache des Landeshaushalts. Das ist natürlich einfach. Dann sagt man eben: Wir machen es nicht mehr selber, sondern es macht ein anderer. Ganz großartig! Und das ist selbstverständlich ein Landesunternehmen. Die NRW.BANK gehört dem Land Nordrhein-Westfalen.

Kürzung von Zuschüssen, Streichung von Doppelförderungen, Anpassung der Fördermittel an Vorjahresniveaus, sukzessives Auslaufen der Förderung: Ich glaube, Herr Wedel sprach davon. Selbstverständlichkeiten sind in dem Bericht enthalten.

Das Effizienzteam empfiehlt, die Übertragung weiterer Förderprogramme und Beratungsleistungen auf die NRW.BANK zu prüfen. Zu prüfen! Es wird gemacht! Es ist Praxis! Was soll das?

Nächster Punkt: Demografiegewinne. An einigen Stellen im Abschlussbericht ist davon zu Recht die Rede. Immerhin 50 Seiten Demografiegutachten von PricewaterhouseCoopers erfordern das sicherlich. Auf Seite 52 des Berichts steht sinngemäß die Erkenntnis: Wenn weniger Kinder geboren werden, gehen weniger Kinder zur Schule. Dann braucht man weniger Lehrer. Solche Feststellungen ziehen sich durch den gesamten Bericht.

Liebe regierungstragenden Fraktionen, lieber Herr Finanzminister, ich hätte erwartet, dass Sie sich hierhin stellen, es mal etwas kleiner machen, als es hier mit dem Effizienzteamabschlussbericht verkauft wird, und sagen: Wir haben wesentlich mehr erwartet von uns selbst, von dem Effizienzteam, von den Experten. Es ist am Ende leider nicht so ausgegangen.

Als ein Vertreter der Menschen in diesem Lande erwarte ich gar nicht, dass Sie sich hier dafür entschuldigen. Aber gestehen Sie doch zumindest mal ein, dass das Effizienzteam dreieinhalb Jahre lang nichts anderes getan hat, als zu tagen und keine Effizienz hervorzubringen. Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN Vereinzelt Beifall von der CDU)

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