Mehrere Tausend Jäger haben heute vor dem Landtag NRW demonstriert. Sie haben ihrem Ärger über das geplante neue Jagdrecht der rot-grünen Landesregierung Luft gemacht. Mit Jagdhörnern haben sie der Landesregierung sprichwörtlich den Marsch geblasen. Unser Fraktionsvorsitzender Joachim Paul war als Gast auf der Bühne und hat zu den Jägern gesprochen.
[Not a valid template]Änderungen in den faktischen Verhältnissen, in der Sicht der Dinge durch die Gesellschaft und der höchstrichterlichen Rechtsprechung machen immer wieder in allen Politikfeldern Reformen nötig. Das gilt auch für Natur und Jagd.
Wir stecken global, kontinental, national und regional in Biodiversitätsproblemen. Die Anzahl der Arten sowie die Biomasse insgesamt, Anzahl und Fläche von Habitaten und Biotopen gehen auch in NRW zurück, teilweise massiv. Der Druck auf die Fläche ist unvermindert hoch. Alle müssen sich darauf einrichten. Auch die Jagd, die an den Rückgängen weder schuld noch für sie verantwortlich ist.
So ist eine Reform, die ein ökologisches Jagdrecht mit nachhaltigem Anspruch schaffen will, zunächst mal zu begrüßen. Die Frage ist, ob der vorliegende Entwurf diesen Anspruch voll erfüllt. Das sehen wir nur teilweise so, es gibt weiteren Änderungsbedarf.
Der schwerwiegendste Fehler ist für uns die geplante Wiedereinführung der Jagdsteuer. Eine Bagatellsteuer, deren Wiedereinführung die Finanzen der kommunalen Körperschaften nicht verbessern, sondern verschlechtern wird, weil im Gegenzug die Jäger – die einzigen, die das wirklich können – sich nicht mehr um das Fallwild kümmern werden, was mehr Kosten verursachen wird, als die Bagatellsteuer einbringt.
Auch die Jagdhundeausbildung an der lebenden Ente muss so beibehalten werden, wie bisher. Die geplante Änderung führt entweder zu einem Hundeausbildungs- und Prüfungstourismus, das zeigen die Erfahrungen aus der Zeit, als das Verbot schon einmal galt, oder zu schlechter ausgebildeten Jagdhunden. Damit ist niemandem geholfen, es ist überhaupt kein Nutzen erkennbar.
Die Einführung bleifreier Munition begrüßen wir, die guten Erfahrungen aus Dänemark seit den 1990ern werden in einer aktuellen dänischen Studie bestätigt. Es gibt dort keine Bestrebungen für eine Wiedereinführung. Die geringere Bleibelastung der Umwelt ist dort gut belegt.
Dass der Abschuss von Katzen beendet werden soll, hat einen juristischen Hintergrund. Die Gesamtzahl der geschossenen Katzen (um die 7.000 im Jahr) ist zu niedrig, um einen regulierenden Einfluss auf den auch unserer Meinung nach zu hohen Bestand freilaufender Katzen (500.000) zu haben. Das liegt daran, dass diese Katzen sich zum großen Teil dicht an menschlicher Bebauung aufhalten, wo nicht geschossen werden darf. So fehlt der im Tierschutzgesetz vorgeschriebene „vernünftige Grund“ zur Tötung von Wirbeltieren, wenn durch diese Maßnahme keine Bestandsreduktion möglich ist.
Die Möglichkeit der Befriedung einzelner Grundstücke durch die Eigentümer aus ethischen Gründen ist durch europäische höchstrichterliche Rechtsprechung vorgegeben und bereits in Bundesgesetz gegossen. Die im ursprünglichen Entwurf vorgesehene umstrittene zusätzliche Möglichkeit der Befriedung durch juristische Personen ist inzwischen herausgenommen.
Wir begrüßen auch die vorgesehene verstärkte Priorität für Schutz in Schutzgebieten. Flora-Fauna-Habitate, Vogelschutzgebiete, Natura-2000-Gebiete sind eben primär Schutzgebiete.
Die vom Landesjagdverband befürchtet Verfassungswidrigkeit des Entwurfs in einigen Punkten kann selbstverständlich gerichtlich überprüft werden. Ein aktuelles Gutachten dazu kommt allerdings zu einer anderen Auffassung.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Landesjagdverband sich so aktiv in die Diskussion einbringt. Das ist ein Beispiel für die von uns gewünschte stärkere direkte Bürgerbeteiligung. Wir bedanken uns ausdrücklich für die vom Verband geschaffene Möglichkeit, unsere Positionen vor einem großen interessierten, betroffenen und sachkundigen Publikum darlegen und in die Diskussion eintreten zu können. Hier auf der Großdemonstration, auf den fünf großen Regionalkonferenzen und den vielen lokalen Veranstaltungen, die der Verband zur Zeit durchführt.
Wir hoffen, dass in der weiteren Beratung die Jagdsteuer und das Verbot der Jagdhundeausbildung an lebenden Enten herausgenommen werden. Dadurch würde das Gesetz dann im Großen und Ganzen für uns zustimmungsfähig.
Joachim Paul, Fraktionsvorsitzender
Hanns-Jörg Rohwedder, Sprecher für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft
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Der Verfasser wollte zu unserer internen Diskussion in der Fraktion beitragen, ihm war nicht klar, dass solche Kommentare im Internet veröffentlicht werden. Das wünscht er nicht.
Hanns-Jörg Rohwedder
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Ich bezweifle die Angabe von 100.000 geschossenen Katzen pro Jahr. Mag sein, dass die Zahl etwas höher ist als die angegebenen unter 10.000/a in den letzten Jahren, dass also nicht jede Katze angegeben wird, obwohl ich dafür keinen Grund sehen kann.
100.000 würden bei einem geschätzten Gesamtbestand von 500.000 tatsächlich eine Bestandsabnahme verursachen, die jedoch nicht nachweisbar ist. Eine solche Zahl wäre dann auch ein valides Argument für die Beibehaltung des Abschusses, weil der vernünftige Grund für die Tötung eines Wirbeltieres, den das Tierschutzgesetz fordert, dann gegeben wäre: Eine tatsächliche Bestandsreduktion.
Das ist auch ein Argument gegen die Annahme, die Jäger würden verkehrte Angaben um mehr als den Faktor 10 machen.
Die meisten Katzen halten sich so dicht an menschlicher Bebauung auf, dass ein Abschuss dort nicht statthaft ist. Das ist auch der Grund dafür, dass eine Bestandsreduktion auf diesem Weg nicht möglich ist. Eine Bestandsreduktion halte ich auch für wünschenswert, bei der Beibehaltung des Abschusses laufen wir aber in das oben skizzierte juristische Problem.
Freundlicher Gruß
Hanns-Jörg Rohwedder, umweltpolitischer Sprecher Piratenfraktion NRW
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Ich empfehle das umfangreiche Positionspapier des VSfK, der sich ausführlich zum Katzenabschuss äußert und die Positionen der Piraten zum Katzenabschussverbot stützt:
http://www.katzen-verein.de/141031_Positionspapier_VSfK.pdf
Info zu Bleifreier Munition in anderen Europäischen Ländern:
Am 3. Februar 2015 beschloss das norwegische Parlament mit 79 zu 16 Gegenstimmen die Aufhebung des 2005 eingeführten Verbotes von Bleischrotmunition.
Hallo Herr Pasch,
das ist mir bekannt. Das Storting führte die Gesetzesänderung gegen den ausdrücklichen Rat von Experten und der Umweltbehörde durch, wie in diesem Artikel der „VG nyheter“ beschrieben (norwegisch).
http://www.vg.no/nyheter/innenriks/jakt-og-fiske/vil-oppheve-forbudet-mot-blyhagl/a/23288459/
Zwei kurze Zitate aus dem Artikel in meiner Übersetzung:
„Wir meinen, dass es mehr als genug Dokumentation dafür gibt, wie gefährlich Blei ist, und wir wissen, dass Blei aus Bleischrot in die Nahrungskette gelangen kann“, sagt Cecilie Kristiansen, Abteilungsleiterin beim Miljødirektoratet, der VG.
Das Miljødirektorat meint, dass neue Erkenntnisse die Besorgnis wegen Gesundheits- und Umwelteffekten von Blei bestätigen und stärken.
„Die Schadwirkungen von Blei gebieten, dass man gewaltig vorsichtig sein muss. Es gibt keine sichere untere Bleikonzentration im Blut“, sagt Kristiansen.
Der Bericht des Direktorats verweist auf mehrere Studien über den Effekt von Blei auf Menschen und die Verbreitung in der Natur.
Soweit die übersetzten Zitate. Für mich hat das Storting eine Fehlentscheidung getroffen, diese Gesetzesänderung ist für mich kein Argument gegen die hier geplante Reform.
Freundlicher Gruß
Hanns-Jörg Rohwedder, umweltpolitischer Sprecher der Piratenfraktion NRW