Frank Herrmann zur Unterbringung von Flüchtlingen

Mittwoch, 18. März 2015

 

Top 3. Städte und Gemeinden bei der Unterbringung von Flüchtlingen unterstützen!

Antrag der Fraktion der CDU
Drucksache 16/8122
Frank Herrmann MdL / Foto A.KnipschildUnser Redner: Frank Herrmann
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Überweisung
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Protokoll der Rede von Frank Herrmann

Frank Herrmann (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger im Saal und im Stream! Wir Piraten finden es immer richtig, wenn sich die Landespolitik der finanziellen Probleme der Kommunen und der prekären Situation der Geflüchteten in unserem Land annimmt. Daher ist der CDU/FDP-Antrag, über den wir hier sprechen, auch nicht überflüssig. Wie Sie sich aber sicher denken können, sind wir mit der Intention, der Intonation und Teilen Ihrer Forderungen ganz und gar nicht einverstanden. Auch empfinde ich Ihren Antrag als Rückschritt in der Diskussion. Ich dachte, wir wären mittlerweile schon viel weiter. Immerhin diskutieren wir seit 2012 über die zusammengebrochene Erstaufnahme des Landes und spätestens seit 2013 über die massiven Unterbringungsprobleme der Kommunen.

Es gab zum Thema „Neukonzeption der Flüchtlingsaufnahme“ eine große Anhörung mit richtig guten Vorschlägen der Experten und weitere verschiedene Initiativen der Opposition. Trotz allem das darf man nicht vergessen kam es zu einem Misshandlungsskandal, der international Schlagzeilen verursachte. Dazu fehlen immer noch die großen Schritte und die Entscheidung, dass das nicht wieder passiert. uch wenn wir auf Landesebene ein paar Überprüfungen mehr haben, so fehlen auf kommunaler Ebene bis heute Vorgaben und Standards. Dazu findet sich leider in Ihrem Antrag gar nichts, was sehr bedauerlich ist. Aber wir müssen jetzt nach vorne schauen und uns an die Arbeit machen. Parallel zur leidigen Notaufnahme in Turnhallen, Schulen, Baumärkten, stillgelegten Supermärkten und schäbigen Hotels muss ein menschenwürdiges und stabiles Aufnahmesystem in ganz Nordrhein-Westfalen aufgebaut werden. Notaufnahmen in Turnhallen dürfen nicht Standard in Nordrhein-Westfalen werden.

Ich werde Ihnen jetzt keine Vorschläge der Piraten für dieses System unterbreiten und verweise dafür auf die Anhörung zu unserem Antrag „Flüchtlinge in NRW brauchen einen Flüchtlingsbeauftragten und verbindliche Standards“ im Landtag am 15. April. Weiter zu Ihrem Antrag, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Sie behaupten, dass wir in Deutschland das modernste und liberalste Asylrecht der Welt hätten. Das finde ich angesichts der Resettlement-Programme in anderen Staaten, zum Beispiel in Schweden, ziemlich anmaßend.

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Auch gibt es diverse Länder, die Papierlosen in regelmäßigen Abständen eine Amnestie und damit eine Zukunft gewähren.

Wir brauchen in Deutschland und in Europa endlich neue Modelle der Schutzfindung für Flüchtlinge. Dazu gehört auch eine Neubewertung der humanitären Aufnahmegründe.

(Beifall von den PIRATEN)

Liebe Kollegen von CDU und FDP, die massive kumulative Diskriminierung von Minderheiten in den Ländern des Westbalkans dürfen wir nicht ignorieren. Ein für alle Mal: Es gibt keine guten oder schlechten Flüchtlinge! Wir wollen übrigens genau wie Sie auch, dass die Flüchtlinge sechs Wochen bis drei Monate in den Landesaufnahmeeinrichtungen bleiben, unter anderem damit sie dort zur Ruhe kommen und sich ordentlich auf ihre Verfahren vorbereiten können. Wir wollen aber keine Flexibilisierung der Zuweisungsquote, denn das hätte zur Folge, dass Flüchtlinge in ländlichen Gegenden ohne Anbindung gettoisiert werden können. Wir wollen keine Banlieues rund um unsere Großstädte. „Anpacken statt jammern“, so lautete die Überschrift eines Berichts im „Spiegel“ vor einiger Zeit über das ehrenamtliche Engagement Tausender Flüchtlingshelfer in Deutschland. Dawurden Beispiele von couragierten Menschen aufgezeigt, die Flüchtlingen direkt und aktiv helfen.

Umso trauriger stimmt es mich, wenn ich von der Politik lese und höre, dass die Personen in Verantwortung nicht anpacken und dieselben Fehler immer und immer wieder machen. Beispielsweise führte Frau Reker, Oberbürgermeisterkandidatin in Köln, zurzeit die Devise zur Flüchtlingsunterbringung aus: „Tempo geht vor Qualität“. Genau davor haben wir immer wieder gewarnt. Wenn das Land verantwortungslose Politik vormacht, nehmen sich die Kommunen ein Beispiel daran. Es ist ein Trauerspiel, dass fast alle Kommunen in Nordrhein-Westfalen zurzeit auf Unterbringung in Schulen und Turnhallen zurückgreifen. Deshalb schlagen wir vor, dass das Land einen Leitfaden für die Unterbringung von Flüchtlingen entwickelt. Das Ziel muss dabei die generelle Unterbringung in Wohnungen und ein Prüfverfahren für die Qualität der verbleibenden Übergangseinrichtungen sein. Das Konzept soll dann von der Landesregierung beworben und an alle Kommunen verteilt werden. Liebe Abgeordnete, gehen Sie jetzt in Ihre Wahlkreise und Kommunen. Sorgen Sie dort für dezentrale Unterbringungen in Wohnungen. Standards in den Landesaufnahmeeinrichtungen sind wichtig; Standards für die Unterbringung in den Kommunen sind noch viel wichtiger. Denn dort bleiben die Menschen lange und auf Dauer.

Lieber Herr Laschet er ist gerade nicht da , lieber Herr Kuper, ich finde es gut, dass Sie im neuen Grundsatzprogramm der West-CDU den Integrationsgedanken hervorheben wollen. Ihre Partei muss diesen Gedanken aber auch leben. Deshalb lassen Sie uns gemeinsam mit Hochdruck am Ausbau eines humanen und nachhaltigen Flüchtlingsaufnahmesystems in ganz Nordrhein-Westfalen arbeiten. Dabei muss die Perspektive der Geflüchteten und der Schutzsuchenden endlich in den Vordergrund gestellt werden.

Das sehe ich in Ihrem Antrag leider nicht. Aber dazu werden wir im Ausschuss weiter sprechen. Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

 

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