Es ist das Ideal eines jeden Herzblutdemokraten, dass bei Wahlen jede Stimme zählt. Dies zu erreichen muss unser vorrangiges Ziel bleiben. Leider gibt es zur Zeit ausreichend praktische Hindernisse, die dieses Ziel in die Zukunft verschieben. Aber es bleibt das vorrangige Ziel meiner Partei, meiner Fraktion, mein Ziel.
Unsere repräsentative Demokratie ist davon leider noch weit entfernt.
Daher sehe ich es als Demokratiegewinn, dass es in NRW (und außer in den Stadtstaaten in allen Bundesländern) keine Sperrklauseln bei den Kommunalwahlen gibt. So ist garantiert, dass alle abgegebenen Stimmen in unser demokratisches System eingerechnet werden. Und selbst bei dieser Regelung fallen immer noch Stimmen aus den Berechnungen heraus, falls z.B. die Stimmen nicht mal für einen Sitz reichen. Das ist eine systembedingte Schwäche, die wir zur Zeit hinnehmen müssen.
Was wir hingegen nicht hinnehmen müssen sind zusätzliche Sperren, um gültig abgegebene Stimmen zu entwerten und für nichtig zu erklären. Bei der letzten Bundestagswahl sind fast 15 Prozent aller abgegebenen Stimmen unter den Tisch gefallen. Das Ergebnis war eine fast handlungsunfähige Miniopposition. Und anschließend jammert die große Politik nach jeder Wahl über die sinkende Wahlbeteiligung.
Lernen wir etwas daraus? Nein, denn es steht nicht zu erwarten, dass die Parteien, die über Politikverdrossenheit lamentieren, es dem Bürger leichter machen Gehör zu finden. Diese verfilzten Volksparteien haben Angst vor jeder Form von demokratischem Engagement. Angst davor, dass Andere vielleicht bessere Lösungen haben. Angst vor Neuem. Angst davor, dass ihre Hinterzimmermachenschaften zu früh ans Licht kommen könnten. Wie dies aktuell z.B. bei der „Kommission zur Stärkung des Ehrenamtes“ im Landtag NRW geschieht. Ich würde gerne die Arbeit dieser Kommission verlinken und so allen Bürgerinnen und Bürgern Einblicke gewähren. Leider tagt die Kommission nicht öffentlich und es gibt auch keine öffentlichen Protokolle in der Landtagsdatenbank. Diese Arbeitsweise ist symptomatisch für die große schwarz-rot-grüne Filz- und Vertuschungskoalition. Bei diesem Demokratie- und Politikverständnis kann man als Bürger nicht erwarten, dass Engagement in unserem System, aber außerhalb der genannten Parteien, gewürdigt wird. Nein, es drängt sich der Verdacht auf, dass hier eine politische Mitarbeit verhindert werden soll.
Oder es wird, wie derzeit bei den Grünen sehr beliebt, einfach ein Verbot beschlossen. Alle Ergebnisse unter 2,5% oder 3,0% oder 5,0% oder wie viel auch immer sind für diese Partei bedeutungslos, hier zählt der Wählerwille nicht. Genauso wie die Menschen, die hinter ihren Stimmabgaben stehen.
Das gerade nach der letzten Kommunalwahl viele der kleinen Parteien frischen Wind, neue Ideen, andere Blickwinkel und unverbrauchte Lösungsvorschläge einbrachten, wird gerne ignoriert. Dass die Altparteienvertreter vor Ort in den Kommunen inzwischen viele der neuen Ideen aufgenommen haben und gerne umsetzen, wird dabei ebenso ausgeblendet wie die Tatsache, dass es bis dato genau KEINE Behinderung der Kreistags- oder Ratsarbeit gegeben hat. Weder haben irgendwelche Sitzungen länger gedauert, noch sind irgendwo exorbitante Kosten entstanden.
Die einzigen Einschränkungen, die es bisher gab, waren mehr Teilhabe, mehr Transparenz, mehr Bürgerbeteiligung (sorry, Ironie). Aber das sehen die Altparteien anscheinend wirklich als Problem. Meine Partei sieht es als einen wichtigen Schritt auf dem Weg in ein demokratischeres System.
Wir werden jede Anstrengung im Landtag NRW unternehmen, eine Sperrklausel in den Kommunalen Vertretungen zu verhindern. Und wenn das nicht reicht, dann sehen wir uns in Münster beim Landesverfassungsgericht wieder! Dort zu verlieren hat die rot-grüne Koalition in den letzten Jahren ja bereits mehrfach geübt.
Von daher: Make my day!
Mehr Vielfalt bedeutet mehr Demokratie
Insbesondere die SPD NRW scheint dieses Thema mit Nachdruck zu verfolgen, denn gerade Sie musste in den letzten Jahren massive Stimmenverluste in den NRW-Kommunen hinnehmen. Hinter dem Versuch eine 3% Hürde einzubauen steckt tatsächlich der Versuch Demokratie einzuschränken um verlorengegangene Macht und liebgewonnene Pfründe zurückzugewinnen. In vielen Räten und Kreistagen haben sich die Kräfteverhältnisse in den letzten Jahren so verändert, dass neue funktionsfähige politische Bündnisse viele ehemalige festgefahrene oder sogar absolutistische Mehrheiten von SPD oder CDU in ungeliebte aber arbeitsfähige Koalitionen gezwungen haben. Doch überall haben CDU, SPD, GRÜNE, und FDP deutlich mehr als zwei Drittel der Stimmen in den Kommunen und können die Funktionsfähigkeit leicht erhalten. Diese Parteien haben lange beweisen, dass sie untereinander koalitionsfähig und austauschbar sind. Davon zu sprechen, dass die kleinen neuen und häufig unabhängigen Parteien oder Wählervereinigungen die Kommunalvertretungen „funktionsunfähig“ machen würden, ist frei erfunden und wie selbst SPD-Gutachten feststellen „nicht nachweisbar“.
Tatsächlich ist es immer nur das Agieren oder Fehlverhalten der Verwaltungen oder der großen Parteien, die zu „Blockaden“, Sitzungswiederholungen oder Problemen führen und die Funktionsfähigkeit der Räte und Kreistage beeinträchtigen und nie das Verschulden der kleinen Parteien oder Einzelratsmitglieder. Diese kleinen Gruppierungen regen zwar die Diskussion an, legen interessante Vorschläge vor und stellen nervige aber durchaus notwendige Fragen, aber ihnen fehlen immer und fast überall die nötigen Rechte, um wirksam die Räte zu blockieren. Sowohl die Gemeindeordnung NRW als auch die Geschäftsordnungen vor Ort schränken diese so stark ein, dass sie eigentlich zu kritischen Beobachtern mit Rederecht degradiert sind. Viele haben nicht mal Antragsrecht, werden schlecht oder garnicht informiert und werden oft einfach übergangen.
Richtig ist, dass das gewohnte Durchstimmen und Kungeln von SPD und CDU nicht mehr so einfach möglich ist wie früher. Denn jetzt wird man dabei beobachtet oder es werden „intelligente“ Fragen gestellt, die dann auch über das Internet mit einer breiten und informierten Öffentlichkeit diskutiert werden.
Auch wenn uns viele dieser neuen Kleinstparteien, Wählervereinigungen und Einzelkämpfer politisch missfallen, tragen sie zu deutlich mehr Demokratie und Transparenz bei, denn auch die neuen Koalitionen führen zu mehr inhaltlicher und demokratischer Diskussion in den Räten. Offenbar ist es genau diese erhöhte Transparenz und das Mehr an Demokratie was die SPD und die CDU nerven, denn es gibt plötzlich eine Menge neuer Ratsvertreter, die ihnen in die Speise- und Pfründekammer gucken und in die Suppe spucken, um zu verhindern wenn sie in die Zuckerdose greifen wollen.