Oliver Bayer zu Forschung im Auftrag des US Militärs an den Hochschulen in NRW

Freitag, 29. November 2013

TOP 1. Aktuelle Stunde: US-Militärforschung an NRW-Hochschulen aufklären

Unser 2. Redner: Oliver Bayer

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Videomitschnitt der kompletten Debatte (Direkt zur Rede von Oliver Bayer)


Protokoll der Rede von Oliver Bayer:
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Dr. Berger, ich ergänze noch: Ohne Atomkraftwerke gäbe es keine Grünen und ohne soziale Ungerechtigkeit keine SPD.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir alle wollen erfolgreiche Universitäten und dafür entschlossen an der Forschungsfreiheit festhalten. Hochschulen sollen sich dabei heute spezialisieren und ein bestimmtes Profil ausbilden. Bochum, Aachen und Wuppertal haben es auf eine traurige Art und Weise geschafft, innerhalb einer Woche ein ganz bestimmtes Profil auszubilden.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Bell, Herr Haardt, es geht vor allem um die weiterhin verheimlichten Projekte in Aachen und das zweite US-Projekt, auch verheimlicht in Wuppertal. Es geht nicht um die Konferenz.

Es ist bedauerlich, wenn der Ruf der Hochschulen aufgrund von Intransparenz und Misstrauen Schaden nimmt. Nur steckt dahinter keine demokratisch legitimierte Strategie einer Hochschulmehrheit, sondern das Vorgehen einzelner Forscher oder Fachbereiche. Herr Schultheis, Frau Seidl, Frau Ministerin, gerade wenn es um kleinere Beträge geht, wird die Tragik deutlich, die diese Drittmittel verursacht haben.

Meine Sorge ist, dass die Legitimität öffentlicher Forschungsförderung insgesamt leidet. Die Forschung ist aber von der Akzeptanz der Bürger in besonderem Maße abhängig.

Ein Beispiel: Ich habe schon Forderungen von Bürgern gehört, man müsse wegen des EU-For-schungsprogramms INDECT an der Universität Wuppertal die gesamten Mittel dieser Uni streichen.

(Beifall von den PIRATEN)

INDECT steht für Totalüberwachung der EU-Bürger. Als Pirat setze ich mich dafür ein, dass solche Forschungsvorhaben nicht mehr mit öffentlichen Geldern finanziert werden.

(Zurufe von Dr. Stefan Berger [CDU] und Marcel Hafke [FDP])

Wegen des hohen Gutes der Forschungsfreiheit würde ich aber niemals ein Verbot aussprechen, an der neutralen Technik selbst zu forschen.

Im März, als wir schon einmal über die Zivilklausel debattiert haben, hatten wir noch ganz andere Beispiele vor Augen, bei denen es darum ging, dass eine spätere militärische Nutzung nicht immer auszuschließen sei.

Herr Berger, Frau Freimuth, Herr Haardt und Herr Schultheis, das Militär ist nicht der Vater aller Dinge. Denn Geld, das während des Kalten Krieges in Militärforschung gesteckt wurde, hätte man viel erfolgreicher für die zivile Forschung verwenden können.

(Karl Schultheis [SPD]: Hat das jemand von uns behauptet?)

Aber, wenn wie in den aktuellen Fällen, das amerikanische Militär Auftraggeber ist, darf man auch nicht so naiv sein. Das ist ja so, als ob Sie die Panzerknacker-Bande fragt, ob Sie ein stabiles Brecheisen entwickeln können, und Sie sich am Ende darüber wundern, dass eine Bank ausgeraubt wurde.

(Beifall von den PIRATEN)

Wenn das amerikanische Militär Geld ausgibt, ist der Einsatzzweck völlig klar. Hier helfen aber keine Verbote. Hier hilft richtigerweise nur Transparenz.

(Beifall von den PIRATEN)

Sie sagen jedoch nichts darüber, wie dieser Weg aussehen soll oder wie ein offener Dialog oder Forschung in Zukunft gestaltet werden soll. Darüber, wer diskutieren kann und wo diskutiert wird, wollen Sie jetzt diskutieren, Frau Ministerin Schulze. So habe ich das eben verstanden.

Vor allem ist aber der Zeitpunkt entscheidend, zu dem Öffentlichkeit hergestellt wird. Im Moment läuft es doch so, wie Frau Seidl das eben beschrieben hat. Ich interpretiere das aber etwas anders. Erst im Nachhinein erfährt die Öffentlichkeit, dass eine ihrer Universitäten eine neue Spionage-App entwickelt hat, damit Frau Angela Merkel und alle anderen auch weiterhin ausspioniert werden können. Wenn es so ist, dann muss die Öffentlichkeit vorher ergebnisoffen mitdiskutieren können.

Ich frage Sie daher: Wie wollen Sie die Wissenschaft und auch die verfasste Studierendenschaft an dem Diskurs beteiligen? Bremen hat gezeigt, dass Beliebigkeit nicht funktioniert, Frau Seidl. Vor der dortigen Debatte um die Zivilklausel, während der dortigen Debatte um die Zivilklausel und nach der dortigen Debatte um die Zivilklausel hat ein Bremer Forscher munter im Geheimen weitergeforscht, ohne auch nur an Offenheit zu denken – weil er die Moral der Befürworter nicht teilt oder um seiner persönlichen Vorteile willen. Was empfiehlt die Regierung im Umgang mit solchen Forschern? Frau Ministerin, das müssen Sie gleich auch noch erklären.

Was geschieht, wenn sich die Vertragspartner einfach auf § 8 des Informationsfreiheitsgesetzes berufen, das den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen regelt? Ihr Referentenentwurf nennt die Transparenz in einem Atemzug mit dem Schutz der Betriebsgeheimnisse. Wie stellen Sie sicher, dass Geheimniskrämerei beendet wird, wenn öffentliche Gelder im Spiel sind?

Ich komme zum Ende und betone, dass Sie, Frau Ministerin, mit der Ankündigung, mehr Transparenz zu schaffen, einer zentralen Forderung der Piraten nachkommen. Wir gehen davon aus, dass die Formulierung am Ende auch so ins Gesetz kommt. Da nehmen wir Sie beim Wort.

Es ist so, wie Herr Dr. Paul anfangs gesagt hat: Wenn Forschung im Verborgenen betrieben wird, wird dadurch Misstrauen geschürt, das eigentlich gar nicht nötig wäre. Transparenz hingegen stützt Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Nur dies sichert auf Dauer die Legitimation der Forschung. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

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