Plenarrede: Monika Pieper zu Sprachstandsfeststellung und Sprachförderung

Mittwoch 25.September.2013

TOP 10. Sprachstandsfeststellung und Sprachförderung im Elementar- und Primarbereich sowie im Übergang zu weiterführenden Schulen in Nordrhein-Westfalen

Große Anfrage 3 der CDU-Fraktion
Drucksache 16/2138
Antwort der Landesregierung
Drucksache 16/3328 (Neudruck)
Block I
Unsere Rednerin: Monika Pieper

 

 

 

 

 

Audiomitschnitt anhören:

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Audiomitschnitt der Rede von Monika Pieper

 

Wortprotokoll zur Rede von Monika Pieper

 

Monika Pieper (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch von uns geht ein herzlicher Dank an alle, die sich mit dieser Anfrage beschäftigt haben, die Landesregierung und die vielen Einrichtungen. Frau Scharre nbach, betrachten wir einmal die von Ihnen geforderte Evaluation. Lassen Sie uns diese Antwort als einen Anfang nehmen. Wir sind uns, glaube ich, alle einig, dass das Beherrschen der deutschen Sprache in unserem  Bildungssystem eine der wichtigsten Voraussetzungen ist, um überhaupt den Zugang zur Bildung zu finden. Weder die soziokulturelle Herkunft noch die wirtschaftlichen Voraussetzungen des Elternhauses dürfen einen Einfluss auf den individuellen Zugang zur Bildung haben. 

(Beifall von Marc Olejak [PIRATEN])

Sprachentwicklungsauffälligkeiten bei Kindern noch vor der Einschulung festzustellen und bei diesen Kindern mit individuellen Maßnahmen Sprachförderung zu betreiben, sind wichtige Aufgaben im Elementarbereich.Seit 2007 testet man vierjährige Kinder mit dem Spiel „Delfin“, und ebenfalls seit 2007 gibt es massive Kritik an diesem Test. Logopäden verziehen mittlerweile das Gesicht, wenn sie das Wort „Delfin“ nur hören. Der Test ist realitätsfern; er berücksichtigt weder kulturelle Voraussetzungen noch die Fähigkeiten von mehrsprachigen Kindern das erwähnte Frau Velte eben, noch erfasst er, ob für das Kind eine allgemeine Sprachförderung ausreichend ist oder ob es vielleicht eine Sprachtherapie benötigt. Das liegt daran, dass dieser Test starr und uns innig ist. Die Kinder werden in Rot und Grün eingeteilt: „kann er“, „kann er nicht“,kann sie“ oder „kann sie nicht“. Die vielfältigen individuellen Ursachen für Sprachentwicklungsauffälligkeiten werden nicht berücksichtigt.Hinzu kommt das wurde gerade auch schon gesagt, dass dieser Test in einer prüfungs ähnlichen Situation stattfindet, die für die Kinder völlig ungewohnt ist. Ein fremder Mensch kommt in die Kindertageseinrichtung. Viele Kinder verweigern sich dieser Situation zu Recht. Eine Sprachstandsfeststellung ist meiner Ansicht nach ein Prozess und kein punktuelles Verfahren. Das heißt, die Erzieherinnen und Erzieher können wochen und monatelang feststellen und beobachten, wo Defizite sind und wo Förderbedarf besteht. Ich glaube, dass ein beobachtendes Verfahren sehr viel mehr als ein punktuelles Prüfen bringt.

Leider haben viele Kindertagesstätten gar nicht die Ressourcen, damit sich Erzieherinnen darum ausgiebig kümmern könnten. Ich schaue mir an, wie groß einige Gruppen und wie überlastet Erzieherinnen sind. Daher muss ich mich nicht wundern, wenn einige Kinder auch durch dieses Raster fallen. Ähnlich stellt sich das in der Schule dar. In den ersten Klassen werden zum Teil bis zu 30 Kinder unterrichtet. Dort ist es unmöglich, bei jedem Kind festzustellen, wie der Sprachstand ist, dementsprechende Förderprogramme aufzustellen und diese durchzuführen. Auf dem Papier liest es sich ganz gut, was Lehrer und Erzieherinnen alles tun und leisten sollen. Leider ist die Situation vor Ort anders. Zusammenfassend ergibt die Beantwortung dieser Großen Anfrage für mich das Bild, dass in NRW seit 2007 eine Sprachstandsfeststellung ohne Sinn und Verstand durchgeführt wird. Das aktuelle Verfahren wird der Rolle der Erzieherinnen und Erzieher nicht gerecht. Es vernachlässigt die Einbeziehung der Eltern, und die Leidtragenden sind die Kinder, die tatsächlich eine individuelle Sprachförderung benötigen. Ich appelliere an die Landesregierung, endlich dort vernünftig zu unterstützen, wo das Kind im Mittelpunkt steht und individuelle Sprachförderung geleistet wird, nämlich bei den Erzieherinnen und Erziehern.

Danke.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Daniel Düngel:

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Pieper.

 

 

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