Plenarrede: Daniel Schwerd zu Einzelplan 14 des Haushaltsentwurfs (Wirtschaft, Industrie, Mittelstand und Handwerk)

Donnerstag, 28.02.2013

TOP 4/2. Einzelplan 14 – Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk

 

a) Wirtschaft, Industrie, Mittelstand und Handwerk

Unser Redner: Daniel Schwerd

Audiomitschnitt der Rede von Daniel Schwerd

Videomitschnitt der Rede von Daniel Schwerd

Das Wortprotokoll zur Rede von Daniel Schwerd:

Daniel Schwerd (PIRATEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Besucher, seid gegrüßt! – „Mutlosigkeit“ – mit diesem Wort lässt sich der Haushalt 2013 des Wirtschaftsministeriums zusammenfassen. Herr Minister Duin, Sie hatten weder den Mut zu schmerzhaften Einschnitten noch zu einer richtungsweisenden Schwerpunktsetzung. Dieser Etat vermittelt keine Idee davon, welche Ziele Sie verfolgen.

(Stefan Engstfeld [GRÜNE]: Welche Einschnitte wollen Sie?)

Zugegeben, die Förderprogramme haben ihre Berechtigung und stützen die mittelständische Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen. Doch wo sind die neuen Akzente? Wo werden Mittel freigegeben, deren Verwendung nur aus bürokratischen Gründen erfolgt oder die aus Etats kommen, die historisch gewachsen sind? Wo sind die sie ersetzenden neuen Programme, die der Wirtschaft neue Impulse geben und den Menschen in NRW damit langfristig helfen? Hierfür wären mutige Entscheidungen nötig gewesen.

Zu Ihrer Entschuldigung, Herr Minister, muss ich feststellen, dass Sie nicht allzu viel Beinfreiheit haben. Wie viel Gestaltungsspielraum hat ein Wirtschaftsminister heutzutage überhaupt? Den Großteil des Haushalts machen Kohlesubventionen und die Durchleitung von EU-Strukturförderungen aus, welche durch die Vorgaben aus Brüssel thematisch immer enger gefasst werden. Zugleich wird das Budget kleiner. Das ist ein Trend, der durch die angespannte Haushaltslage vermutlich nicht umzukehren ist.

Unsere Antwort aber ist: Gerade wenn der Handlungsspielraum immer kleiner wird, ist es notwendiger denn je, eigene Akzente zu setzen.

Die wirklich entscheidenden Maßnahmen – Investitionen in Verkehrs- und Informationsinfrastruktur etwa, die die Grundlage eines jeden wirtschaftlichen Erfolges sind – werden inzwischen längst in anderen Ministerien getroffen. Nehmen Sie etwa das Breitband-Internet, das für ein modernes Unternehmen heute schon genauso wichtig ist wie der Strom- oder Wasseranschluss. Vom Wirtschaftsministerium kommt da fast gar nichts. Der Breitbandausbau liegt nahezu ausschließlich in der Hand des Landwirtschaftsministeriums.

Zudem erfolgt der Breitbandausbau in NRW viel zu langsam. Zwei Drittel der Haushalte im ländlichen Raum haben keinen Zugang zu Breitbandverbindungen von 50 Mbit pro Sekunde. Selbst eine Verbindung von 6 Mbit pro Sekunde steht jedem fünften Haushalt auf dem Lande nicht zur Verfügung.

Bayern wird in den nächsten drei Jahren 500 Millionen € in den Breitbandausbau stecken. NRW investiert gerade einmal etwa 9 Millionen € im Jahr. Dieses Geld kommt, wie gesagt, größtenteils von Herrn Minister Remmel.

Herr Minister Duin, wissen Sie, wie Ihr Amtskollege darüber denkt? Ich zitiere aus dem Protokoll des Umweltausschusses vom 24.10.2012: Darin heißt es zum Breitbandausbau:

„Er“

– also Minister Remmel –

„würde sich sehr freuen, wenn auch an anderer Stelle Mittel zur Verfügung gestellt werden könnten.“

Herr Duin, lassen Sie den Landwirtschaftsminister nicht alleine diese Aufgabe bewältigen.

Wir haben den Vorschlag gemacht, den Breitbandausbau aus dem Wirtschaftsetat mit weiteren 7 Millionen € pro Jahr zu fördern. Der Antrag wurde im Haushalts- und Finanzausschuss abgelehnt. Kein Wunder, alles andere hätte Mut erfordert.

(Beifall von den PIRATEN)

Sie selbst, Herr Duin, bezeichnen Ihre Aufgabe als Wirtschaftsminister als vor allem rhetorisch. Das ist entschieden zu wenig. Haben Sie irgendwelche Ideen, wie man aus NRW wieder einen Innovationsmotor machen kann? Bisher Fehlanzeige. Haben Sie irgendwelche Erklärungen, warum die Gefahr für eine Firma, Pleite zu gehen, in Nordrhein-Westfalen um 80 % höher ist als im Bundesdurchschnitt? Keine.

Wir bitten Sie, Herr Duin, uns endlich zu verraten, welchen Plan der Wirtschaftsminister für NRW hat. Für die ideen- und mutlose Fortschreibung des immer gleichen Wirtschaftshaushaltes braucht man keinen Minister.

Damit wären wir bei den Zahlen des Haushalts. Unter der rot-grünen Landesregierung sinkt der Betrag der zur Verfügung stehenden Mittel um ca. 3 % auf 811,8 Millionen €.

Herr Minister Duin stellt fest, dass im Haushaltsjahr 2013 strukturell 6,1 Millionen € eingespart werden sollen. Tatsächlich halten wir es für einen wichtigen politischen Auftrag, in Zeiten der Schuldenbremse Einsparpotenziale im Haushalt zu heben. Doch wir glauben, dass Sie im Wirtschaftsbereich an der falschen Stelle sparen; denn unter die Einsparungen fällt beispielsweise das Programm „Forschung, Innovation und Technologie“. Mit Bauchschmerzen haben wir registriert, dass die Mittel um fast 3 Millionen € gekürzt wurden, womit das Programm quasi eingestellt wurde. Ihre Begründung, das Programm sei einfach ausgelaufen, lassen wir nicht gelten. Ich kann nicht glauben, dass wir keine Förderung von Innovationen mehr nötig haben.

Statt ein wirklich innovatives Programm zu konzipieren, von dem auch gerade junge Unternehmen in NRW profitieren, haben Sie das Programm bewusst ins Leere laufen lassen. Sie sagen, dass die hier stattfindende Reduktion der Innovationsförderung im Forschungshaushalt kompensiert würde. Doch das stimmt so nicht. Dazu kommt, dass es sich bei dem Programm „Forschung, Innovation und Technologie“ um eine der wenigen Maßnahmen handelt, mit denen das Land bzw. das Wirtschaftsministerium überhaupt noch eigene Impulse hätten setzen können. Sie scheinen sich stattdessen fortan ganz auf die Durchleitung von EU-Mitteln konzentrieren zu wollen. Wirtschaftspolitische Weichenstellungen sehen anders aus. Auch hier lautet unser Fazit: Mutlosigkeit.

Wie könnte eine mutige Wirtschaftspolitik für NRW stattdessen aussehen? Ich möchte hier drei Punkte nennen, die wir Piraten zum Schwerpunkt unserer Wirtschaftspolitik machen würden und die man quasi sofort umsetzen könnte.

Erstens. Förderung des Breitbandausbaus: Ich habe schon erwähnt, dass eine schnelle Internetverbindung für viele Unternehmen unverzichtbar ist. Trotzdem gibt es in NRW immer noch erschreckend viele Orte, an denen gerade einmal eine Bandbreite von 2 Mbit/s gewährleistet ist. Das Ziel von Rot-Grün, bis 2018 alle Haushalte in NRW mit 50 Mbit/s zu versorgen, werden Sie mit dem bisherigen Ausbautempo deutlich verfehlen. Darum unsere Forderung: Stellen Sie sich der Herausforderung und setzen Sie neue Impulse in der Breitbandförderung!

Zweitens. Erarbeitung eines Masterplans Kreativwirtschaft: Die digitale Medien- und Kreativwirtschaft ist einer der Hoffnungsträger für nachhaltiges Wachstum in NRW. Anders als im produzierenden Gewerbe ist es in diesem Bereich viel leichter, eine Firma zu gründen. Ein Internetanschluss und eine gute Idee reichen fast schon aus. Zumeist wird nur noch ein im Vergleich sehr geringes Startkapital benötigt. Wir sollten uns daher viel stärker als zuvor darauf konzentrieren, Gründer in diesem Bereich zu unterstützen.

Drittens. Aufbrechen verkrusteter Strukturen: In Nordrhein-Westfalen gibt es 16 verschiedene Industrie- und Handelskammern; in Bayern gibt es neun. Jede dieser IHKs hat eigene Geschäftsführer und eine eigene Bürokratie. Das sind Doppelstrukturen in Reinform. Bezahlt werden diese durch Pflichtbeiträge der Unternehmen. Herr Minister, auch wenn Sie sich damit nicht beliebt machen, wir brauchen eine Reform der IHKen in NRW.

Das sind nur drei Vorschläge von vielen. Alle drei ließen sich sofort in die Wege leiten. Allerdings wäre hierfür ein politischer Wille vonnöten. Den kann ich bei Ihnen, Herr Minister Duin, bisher nicht erkennen, stattdessen: Mutlosigkeit. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Schwerd.

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