Freitag, 20. März 2015
Top 3. Volksfestkultur in Nordrhein-Westfalen bewahren – europäisch gewollten Bestandsschutz für ältere Fahrgeschäfte nicht aushebeln
Antrag der Fraktion der FDP
Drucksache 16/7875
in Verbindung damit
Bestandschutz für ältere Fahrgeschäfte ermöglichen und Attraktivität von Volksfesten mit sicheren Fahrgeschäften erhalten
Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/8105
direkte Abstimmung
Unser Redner: Nico Kern
Abstimmungsempfehlung: Enthaltung
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Protokoll der Rede von Nico Kern
Nicolaus Kern (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Die Tagesordnung des Präsidiums sieht vor, dass ich nun zu Ihnen spreche. Ich werde versuchen, zu verhindern, dass Sie in all dem Einvernehmen, das wir gehört haben, in ein mittägliches Suppenkoma abgleiten. Ich hoffe, das gelingt mir.
(Dietmar Bell [SPD]: Hört sich nicht so an, Herr Kern!)
Zunächst möchte ich vorwegschicken, dass ich mich den Lobeshymnen auf das Schaustellergewerbe gerne anschließe. Auch ich habe meine Kindheit nicht zum großen Teil, aber doch des Öfteren auf Kirmessen verbracht. Natürlich ist das ein wichtiger Teil unserer Kultur. Wer möchte das bestreiten? Der Kollege Dr. Wolf hat darauf hingewiesen, wie viele Millionen Besucher ihren Spaß auf Volksfesten finden. Das soll unserer Meinung nach auch so bleiben.
(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])
Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es sich hier durchaus um ein gefährliches Geschäft handelt. Niemand hat das Bild von einer Kinderkirmes oder einem Holzkarussell vor Augen, sondern wir reden über tonnenschweres Fahrgeschäft, das ziemlich rasante Geschwindigkeiten aufnimmt und daher sauschnell und auch saugefährlich ist.
(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Vor allem auf der Autobahn! Da fahren zu viele Züge!)
Es gibt jetzt, um die Gefahren einzudämmen, sinnvollerweise Sicherheitsvorkehrungen, die in DIN-Normen geregelt sind. Das ist heute das Thema.
Bereits im Jahr 2005 wurde eine neue Sicherheitsrichtlinie, eine neue Norm verabschiedet, die ein höheres Sicherheitsniveau vorschreibt, wohlgemerkt, vor über zehn Jahren. Im Jahr 2012 wurde diese Vorschrift das wurde schon angesprochen von den Landesministern in die entsprechende Bauordnung der Länder aufgenommen. Das führt jetzt zu Mehrkosten. Gerade in der Debatte wurde von sechsstelligen Summen gesprochen. Ich möchte das etwas relativieren; der Antrag ist da auch sehr viel deutlicher. Von mehreren Tausend Euro ist die Rede, die bei regelmäßig wiederkehrenden Sicherheitsprüfungen zu leisten sind. Da kann man sich fragen, ob das tatsächlich, wenn wir von einer milliardenschweren Branche sprechen, so eine Riesenbelastung ist.
Wie dem auch sei, die Schausteller haben Klage erhoben. Ich darf aber darauf hinweisen, dass diese Verfahren noch laufen, sie sind durchaus nicht rechtskräftig. Man könnte jetzt auch einfach abwarten, wie die Verfahren ausgehen, und sich dann ein Bild machen und entscheiden.
Es ist vom Gericht nicht bemängelt worden, dass es generell ein Unding wäre, ein höheres Sicherheitsniveau zu fordern und dass dies nicht auf dem Niveau aus dem letzten Jahrhundert stagniert, sondern es wurde gefordert, dass der Gesetzgeber eine Begründung liefert.
Wir sind auch ansonsten damit konfrontiert, dass sich die Standards in unserem Alltag erhöhen; auch die Sicherheitsstandards in allen anderen Lebensbereichen erhöhen sich. Deshalb denke ich, dass so argumentiert werden kann, auch in diesem Bereich höhere Sicherheitsnormen platzgreifen zu lassen. Unfälle in diesem Gewerbe sind nämlich keine Seltenheit, sondern treten mit einer unschönen Regelmäßigkeit auf.
An dieser Stelle gibt es nun zwei Möglichkeiten; dafür bräuchte es dieses Parlament und diese Debatte eigentlich nicht. Man könnte als Gesetzgeber diese Begründung nachliefern. Damit wäre dem Bedenken des Verwaltungsgerichts Hannover das Gericht ist gar nicht aus unserem Land schon Genüge getan. Oder man könnte offensiv hingehen und von dieser Ausnahmemöglichkeit, die die Norm als Bestandsschutz vorsieht, Gebrauch machen. Da es sich hier um eine Verordnung handelt, ist noch nicht einmal das Landesparlament als Gesetzgeber gefordert. Das könnte Rot-Grün unter sich ausmachen und hätte sofort das gewünschte Ergebnis zu dem Thema, über das wir hier sprechen.
Aber gut, es geht um die Entlastung des Schaustellergewerbes. Ob das unbedingt zulasten des Punktes „Sicherheit“ gehen muss, da bin ich mir nicht sicher. Ich könnte mir vorstellen, wenn man diesem Gewerbe entgegenkommen möchte, etwa über eine andere Strukturierung der Gema-Gebühren zu reden, die für dieses Gewerbe sicherlich genauso belastend sind wie für das Weihnachtsgeschäft. Da ist uns schon aufgefallen, dass da gar keine Musik mehr gespielt wird. Daran könnte man also etwas tun. Außerdem könnte man an den Standmieten etwas machen. Zudem könnte man darüber sprechen, dass ein entsprechendes Sicherheitsniveau von den Besuchern auch mit höheren Preisen bezahlt werden kann. Ich denke, das ist in der Marktwirtschaft kein Ding der Unmöglichkeit.
Für uns ist Folgendes wichtig: Für uns ist Sicherheit an dieser Stelle nicht zu verhandeln. Das tut der Antrag leider, weil er von einem …
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Achten Sie auf die Redezeit, Herr Abgeordneter.
Nicolaus Kern (PIRATEN): Ich komme zum Ende, Herr Präsident, vielen Dank. In ihm wird davon gesprochen, dass die Sicherheit zu einem vertretbaren wirtschaftlichen Aufwand ermöglicht wird. Diese Abwägung machen wir so nicht mit. Wir hätten uns auch gewünscht, darüber noch einmal im Ausschuss in Ruhe diskutieren zu können. Das ist leider nicht der Fall.
Ich werde deshalb meiner Fraktion die Ablehnung des Antrages empfehlen. Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
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