Mittwoch, 28. Janu 2015
TOP 1. NRW steht ein für Demokratie und Vielfalt
Antrag der Fraktion der SPD / der Fraktion der CDU / der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN / der Fraktion der FDP und der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/7799
direkte Abstimmung
Unser Redner: Joachim Paul
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung
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Protokoll der Rede von Joachim Paul
Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Aus innerer Überzeugung und aus kritischem Bewusstsein heraus sind wir Piraten gern Teil dieser gemeinsamen Resolution des Landtages von Nordrhein-Westfalen. Unseren französischen Freunden möchte ich ganz ausdrücklich und von Herzen sagen, dass wir uns mit euch und der ebenfalls um Weltoffenheit ringenden französischen Gesellschaft solidarisch erklären.
(Beifall von allen Fraktionen und von der Regierungsbank)
Ihr gelten unsere Anteilnahme, unsere Unterstützung und unser höchster Respekt. Wir trauern mit euch. Das Signal Herr Römer hat es schon gesagt, das von den in Paris und anderswo demonstrierenden Menschen ausging, steht eindeutig in der Tradition der Erklärung der Menschenrechte vom 26. August 1789. In einer solchen Stunde das klang in anderen Reden auch schon an , in der wir uns über unsere Werte und unsere europäische Solidarität verständigen und uns ihrer versichern, ist es geboten, einmal klarzustellen, über was für ein Europa wir reden.
Europa ist ein Kontinent, der gerade heute das galt aber auch schon in den Jahrhunderten interner Kriege, blutiger Konflikte und mit dem Schreckgespenst des Kolonialismus, das über andere gebracht wurde mehr denn je angewiesen ist auf Menschen und Impulse von außen. So würden wir ohne den arabisch-islamischen Kulturkreis und seine Leistungen beispielsweise die alten griechischen Philosophen nicht mehr kennen, vielleicht immer noch mit römischen Zahlen und ohne Null rechnen. Die daraus allmählich erwachende Weltoffenheit, gepaart mit kritischer Toleranz und der Bereitschaft zum konstruktiven demokratisch moderierten Dialog zwischen Menschen und Kulturen, zwischen Überzeugungen und Differenzen, ist ein, wenn nicht der zentrale, lebensnotwendige Wert Europas.
(Beifall von allen Fraktionen und von der Regierungsbank)
Daran mahnen uns auch die dunkelsten Erfahrungen des 20. Jahrhunderts, derer wir erst gestern hier gedacht haben. 2003 veröffentlichten die Philosophen Jacques Derrida und Jürgen Habermas fachlich gesehen eher Konkurrenten denn Freunde einen gemeinsamen Aufruf, in dem sie sich für eine gemeinsame europäische Außenpolitik und gegen jedwede Spielart des Eurozentrismus aussprechen. Das war eine selten klare Absage an die Festung Europa ein weiches Ziel.
Bemerkenswert daran ist: Derrida, der als der vielleicht wirkmächtigste französische Philosoph der letzten 50 Jahre gilt, ist geboren als sephardischer Jude in El Biar, einem Vorort von Algier. Als Kind antisemitischen Diskriminierungen ausgesetzt, spielen die Figur des Ankommenden und der Vorgang des Ankommens eine prägende Rolle in seinem Denken. Ihn nenne ich hier stellvertretend für viele andere in Europa angekommene Menschen, die auf ein dialogisches und dem friedvollen konstruktiven Streit verpflichtetes offenes Europa hoffen und gemeinsam mit uns dafür einstehen. Das Ziel jedweder terroristischer Aktivität ist es, zu spalten und zu trennen, und mit jedem Opfer stirbt auch ein Stück Wahrheit. Geben wir dem keine Chance.
(Beifall von allen Fraktionen und von der Regierungsbank)
Weltanschauliche Differenzen gehören ausgehalten, offen diskutiert und Grenzen nicht gebaut; denn das Allerletzte, was wir wollen, ist ein Kampf der Kulturen. Eine wesentliche Aufgabe europäischer Politik muss es daher sein, über die Besinnung auf gemeinsame Werte hinaus jeder Form von Terrorismus offensiv entgegenzutreten, gegen den Terrorismus von religiös oder ideologisch motivierten Fanatikern, aber auch gegen den Terrorismus von Staaten. Heute bleibt uns abschließend nur noch, einander zuzurufen: „Kulanu bney adam!“ „Kulna bashar!“ „Nous sommes tous des hommes!“ Vielen Dank.
(Beifall von allen Fraktionen und der Regierungsbank)
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