Simone Brand zur Wahrnehmung der Verantwortung für Integration von Migranten und Flüchtlingen

Mittwoch, 03. Dezember 2014

 

Einzelplan 11 – Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales

Verantwortung für Integration von Migrantinnen und Migranten sowie Flüchtlingen gerecht werden – Verdopplung des Integrationshaushaltes, um Aufnahmegesellschaft zu sensibilisieren und flächendeckend kostenlose Deutschsprachkurse anzubieten!
Antrag der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/7407
MdL Simone Brand/Foto A.KnipschildUnsere 2. Rednerin: Simone Brand
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Protokoll der Rede von Simone Brand

Simone Brand (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer! Deutschland ist ein Einwanderungsland das ist bei Spitzenpolitikern fast aller Parteien die gängige Meinung und wurde schon vielfach wiederholt, auch von unserer Kanzlerin. Die Menschen, die zu uns kommen, bereichern uns nicht nur kulturell, sondern sogar auch finanziell.

Einer aktuellen Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung zufolge entlasten sie auch noch den Sozialstaat in Milliardenhöhe. Umgerechnet bezahlt jeder Ausländer demnach pro Jahr 3.300 € mehr Steuern und Sozialabgaben, als er an staatlichen Leistungen erhält. Die FDP würde es anders ausdrücken: Mit jedem Ausländer machen wir aktuell 3.300 € Gewinn. Also ist doch alles gut.

Eigentlich müssten sich jetzt alle freuen. Doch was passiert gerade in unserer Gesellschaft? Prominente Politiker spielen mit verbalen Streichhölzern, während sie auf dem Pulverfass gefüllt mit Fremdenangst, Sozialneid und Panikmache stehen. Sie reden völlig unverblümt von Sozialtourismus und Überfremdung. Und auf den Straßen marschiert der Nazi, und vor den Asylbewerberunterkünften trifft sich der Mob. Die Zahl der Anschläge auf Asylbewerberheime ist dieses Jahr bereits doppelt so hoch wie in den letzten beiden Jahren zusammen. In einem „Monitor“-Bericht konnte man sehen, wie in Ausländerbehörden mit den Menschen umgegangen wird. Ich sage denen, die das nicht gesehen haben: Das ist nicht schön.

Rechtsextremismus und Islamfeindlichkeit sind aber auch in der gesellschaftlichen Mitte Deutschlands tief verankert. Auch der normale, auf der Straße befragte Mensch, trägt diese diffuse Fremdenfeindlichkeit in sich, wenn er sagt: Ja, ja, da muss man helfen, aber doch bitte jetzt nicht direkt bei uns. Und überhaupt: Das reicht doch langsam. Wie viele sollen denn jetzt noch kommen?

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Damit es auch ein Integrationsland wird, müssen wir den Worten auch Taten folgen lassen. Integration heißt nicht nur, sich um die Menschen zu kümmern, die zu uns kommen. Integration heißt auch, sich um die Aufnahmegesellschaft zu kümmern und diese zu sensibilisieren. Und dafür wird es allerhöchste Zeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Aber wo sollen wir anfangen? Laut einer Untersuchung der Friedrich-Ebert-Stiftung gibt es noch nicht einmal Indikatoren zur Messung der Aufnahmebereitschaft. Unser Antrag hält die Möglichkeiten für die Landesregierung bewusst offen; denn wir wollen keine Idee oder Maßnahme von vornherein ausklammern. Doch wo könnte man ansetzen? Ich möchte Ihnen drei Möglichkeiten aufzeigen, für die unsere 30 Millionen € im Sinne der Sensibilisierung der Aufnahmegesellschaft eingesetzt werden sollen:

Als Beispiel nenne ich großen öffentlichen Veranstaltungen, wie die Kölner den Mantel teilen. Diese Veranstaltung ist ein positives Beispiel zur Schaffung von mehr Toleranz. Ich denke, dass den meisten diese Veranstaltung bekannt ist. Daneben müssen aber auch kleinere Veranstaltungen vor Ort flächendeckend unterstützt werden. Wir müssen die Quartiere bespielen mit Nachbarschaftsfesten, Mitmachaktionen und Begegnungsmöglichkeiten, um das Miteinander fördern und den kulturellen Austausch offen und spielerisch zu gestalten.

Erinnern Sie sich, Herr Römer oder Herr von Grünberg? Genau diese Dinge haben die Experten am vergangenen Freitag bei der Ausschusssitzung des EKW auch als Lösungsansätze gesehen. Uns ist natürlich bekannt, dass es in einigen Orten Bemühungen gibt, aber das ist immer von der Eigeninitiative und dem Engagement einzelner vor Ort abhängig. Hingegen sollte unser Anspruch sein, dass wir diese Maßnahmen professionalisieren und institutionalisieren. So ist unser Antrag zu verstehen. Als Drittes möchte ich noch einmal auf den unfassbaren Bericht in der Sendung „Monitor“ eingehen. Dort wird deutlich, dass wir die interkulturelle Öffnung der Verwaltung noch viel stärker in den Fokus rücken müssen. Im Grunde sollte ein Kompetenzteam auf Landesebene allen 396 Ausländerbehörden einen Besuch abstatten und mit den Amtsleitern und Mitarbeitern Gespräche führen.

Nicht nur ich stelle mir die Frage, ob alle Mitarbeiter in den Ausländerbehörden den Anforderungen im humanitären Umgang mit den Menschen gewachsen sind. Viele Möglichkeiten, viele Wege, und daher brauchen wir einen viel größeren Etat. Es reicht eben nicht, Flyer und Broschüren zu drucken. Daher fordern wir die Verdopplung auf 60 Millionen €.

(Beifall von den PIRATEN)

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Lassen Sie uns diesen Paradigmenwechsel jetzt aktiv begleiten. Deutschland soll ein Integrationsland werden, und zwar jetzt.

(Beifall von den PIRATEN)

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