Dietmar Schulz zur Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer

Donnerstag, 18. Dezember 2014

 

Top 8. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer

Drucksache 16/7147

Abstimmungsempfehlung: Ablehnung

Enthaltungsantrag der Piraten
Drucksache 16/7621
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung

Mdl Dietmar Schulz/Foto A.KnipschildUnser Redner: Dietmar Schulz

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Protokoll der Rede von Dietmar Schulz:

Dietmar Schulz (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal! Die Bürgerinnen und Bürger werden möglicherweise heute oder in nächster Zukunft – vielleicht aber auch später; ich sehe Schülerinnen und Schüler dort oben sitzen – von dieser erhöhten Grunderwerbsteuer, die heute hier beschlossen wird – unsozial, wie sie ist –, nicht profitieren, sondern belastet.

(Beifall von den PIRATEN, der CDU und der FDP)

Die Landesregierung wird von den sie tragenden Fraktionen – ich möchte es mal so sagen – vorgeführt. Klar, 400 Millionen € Mehreinnahmen, prognostiziert für 2015 und die folgenden Jahre, helfen. Sie sind ein Tropfen auf den heißen Stein, gleichen aber letztendlich die Verluste aus, die es insbesondere auch durch dieses Desaster um die Beamtenbesoldung gab. Und sie tragen dem hehren Ziel des Herrn Finanzministers Rechnung, der eigentlich 700 Millionen € einsparen wollte. Es sind am Ende nur um die 220 Millionen € pro Jahr geworden. Da muss natürlich eine Steuererhöhung her. Etwas anderes fällt den Regierungsfraktionen von Rot-Grün offenbar nicht mehr ein.

(Beifall von den PIRATEN und der CDU)

Es fällt ihnen – trotz des Votums von 21 von 23 Sachverständigen – insbesondere nicht ein, in sich zu gehen und dieses Gesetz gemeinsam mit ihrem ehemaligen haushalts- und finanzpolitischen Sprecher in die Tonne zu kloppen zurückzuziehen.

(Beifall von den PIRATEN)

Sie hätten über Wochen und Monate die Gelegenheit dazu gehabt. Offensichtlich gibt es in den Reihen der SPD noch einige Kolleginnen und Kollegen, von deren namentlicher Erwähnung wir ja wahrscheinlich gleich, im Rahmen einer Protokollnotiz oder was auch immer es sein mag, überrascht werden, die sagen: Das, was wir hier machen, ist nicht mehr Sozialdemokratie; es entspricht nicht dem Finanzkonzept, welches die Sozialdemokratie im Lande Nordrhein-Westfalen tragen möchte.

Ich habe allerdings noch nicht von Übertritten zur CDU, zur FDP oder zu den Piraten gehört. Dazu wird es wahrscheinlich auch nicht kommen. Zu wenig Gewicht scheint dieser Gesetzentwurf zu haben. Und er hat es auch – wie ich eben sagte, ist es ein Tropfen auf den heißen Stein.

Gleichzeitig stellt sich der Finanzminister immer wieder gerne vor jedes Mikrofon und verdammt die Steuervermeidungsstrategien von großen Unternehmen bzw. Konzernen. Im eigenen Land, vor der eigenen Tür kehrt er aber nicht. Er lässt es, obwohl im Aufsichtsrat von Portigon sitzend, zu, dass Portigon die Herzogterrassen – sprich: die ehemaligen WestLB-Gebäude – an einen amerikanischen Investor, einen der größten, wenn nicht gar den größten Investor weltweit, verkauft mit der Folge, dass dieser in Nordrhein-Westfalen aufgrund der nach dem Grunderwerbsteuergesetz möglichen sogenannten Sharedeals keine Grunderwerbsteuer bezahlen muss.

(Zuruf von der FDP: Nicht nur dort!)

– Nicht nur dort! Auch andere landeseigene Betriebe haben diese durchaus legalen Steuerschlupflöcher genutzt. Allerdings muss man sich fragen, ob man dann, wenn die Landesregierung an Aufsichtsgremien dieser Unternehmungen beteiligt ist, dem, was hier oftmals gesagt wird, noch Glauben schenken kann. Ich sage: Nein, denn bisher ist im Hinblick auf das Stopfen von Steuerschlupflöchern in der Bundesrepublik Deutschland auf Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen nicht viel bis gar nichts passiert.

(Beifall von den PIRATEN)

Auch die im Beratungsverfahren angeklungene, durch die Landesregierung oder durch Rot-Grün nach vorne gebrachte Eliminierung von RETT-Blockern hat eben nicht dazu geführt. Zwar wurde das Grunderwerbsteuergesetz 2013 geändert. Allerdings wurde dann eine andere Variante gewählt, die im Prinzip den gleichen steuerlichen Effekt hat, von dem ich eben berichtet habe.

Die Position der Piratenfraktion in Nordrhein-Westfalen ist eindeutig. Wir lehnen diese Grunderwerbsteuererhöhung ab.

(Beifall von den PIRATEN)

Solange Steuerumgehungsmöglichkeiten nach dem Grunderwerbsteuergesetz – insbesondere nach § 1 Abs. 2a und 6a des Grunderwerbsteuergesetzes – nicht eliminiert worden sind, lehnen wir sie weiterhin ab, und zwar so lange, wie wir nur von Lippenbekenntnissen hören.

Der Entschließungsantrag von Rot-Grün ist insofern bezeichnend, als er in seiner Ziffer 2 immerhin die Eliminierung der sogenannten Sharedeals von der Landesregierung fordert. Diesem Teil des Antrags stimmen wir gerne zu. Insofern hatte ich bereits gestern gesplittete Abstimmung beantragt.

Bei dem anderen Teil werden wir uns enthalten.

Dem heute vorliegenden Entschließungsantrag der FDP werden wir selbstverständlich zustimmen, da er unserem außerordentlich ähnlich ist.

Im Übrigen empfehle ich meiner Fraktion, wie gesagt, die Grunderwerbsteuererhöhung für das Land Nordrhein-Westfalen abzulehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

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