Dietmar Schulz zum Solidaritätszuschlag im Westen

Freitag, 5. Dezember 2014

 

Top 3. Steuerzahler in Zeiten von Rekordeinnahmen entlasten statt immer mehr schröpfen – Keine weitere Steuererhöhung durch Verlängerung des Solidarpakts und Ausweitung des Solidaritätszuschlags zum Soli-West

Antrag der Fraktion der FDP
Drucksache 16/7403

direkte Abstimmung

Dietmar Schulz, Foto: Tobias EckrichUnser Redner: Dietmar Schulz
Abstimmungsempfehlung: Enthaltung
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Protokoll der Rede von Dietmar Schulz

Dietmar Schulz (PIRATEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer in Saal und daheim! Herr Mostofizadeh, es war sehr geschickt, wie Sie hier argumentiert haben. Sie haben sich nämlich nicht zur Frage positioniert, wie sie allgemein diskutiert wird und wie sie auch der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalens sieht. Es geht dabei darum, ob es vielleicht sinnvoll erscheint, den Solidaritätszuschlag über 2019 hinaus gelten zu lassen bzw. in die Einkommensteuer fließen zu lassen. Daraus würde resultieren, dass aufgrund der Berechnungssituation und der Zuweisungen vom Bund 50 % bei den Ländern und Gemeinden landen würden. Sie wollen es über den Bund-Länder-Finanzausgleich geregelt wissen. Dazu habe ich von der Regierungsbank bisher aber anderes gehört.

Herr Mostofizadeh, die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage Ihrer Kollegin Lisa Paus hat nämlich hervorgebracht hat, dass es zu einer Belastung insbesondere von Familien mit Kindern im breiten Bevölkerungsmittel kommen würde. Bei Familien mit zwei Kindern wären es monatliche Mehrbelastungen von etwa 526 €, bei Familien mit einem Kind etwa 203 €, wenn der Solidaritätszuschlag eins zu eins in die Einkommensteuer überführt würde.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Fakt ist auch, dass breite Bevölkerungsschichten betroffen wären. Deutlich mehr als 25 Millionen Steuerzahler wären davon erfasst. Daher sollten wir die Frage in den Raum stellen, ob nicht das hat Herr Kollege Witzel hier schon angesprochen ein massiver Glaubwürdigkeitsverlust der Politik in Rede steht.

(Beifall von der FDP Ralf Witzel [FDP]: So ist es!)

Richtig ist auch, dass diese Diskussion in der Breite der Gesellschaft und nicht ausschließlich von der finanzpolitischen Seite zu führen ist.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Sie müssen sich schon für eine Richtung entscheiden!)

Die Landesregierung sorgt mit ihrer Forderung letztendlich dafür, dass egal, wie man das Kind nun nennt mit dieser Zusatzbelastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler über 2019 hinaus ein weiteres unrühmliches Beispiel für fehlende Verlässlichkeit im Verhältnis zwischen Politik und Bürgern, für die diese Politik schließlich gemacht werden soll, kreiert wird. Das können wir als Piratenfraktion so nicht ohne Weiteres unterstreichen.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Wir sind eher dafür, der Auffassung von Herrn Kollegen Optendrenk zu folgen, der sagt, alles hänge mit allem zusammen. Das ist erst einmal richtig. Darüber hinaus bedürfe es der breiten Diskussion in sämtlichen steuerlichen Angelegenheiten, mit denen die Bürgerinnen und Bürger unseres Staates und damit meine ich nicht nur die Bürgerinnen und Bürger Nordrhein-Westfalens das Gemeinwohl des Staates finanzieren.

Dann bedarf es einer Klärung in Sachen Vermögensteuer. Dann bedarf es einer Klärung in Sachen Abhängigkeit zwischen Vermögen- und Erbschaftsteuer. Dann bedarf es einer Klärung in Sachen Besteuerung von Konzernen und Unternehmen. Dann bedarf es einer Klärung in Sachen Stopfen von Steuerschlupflöchern. Schließlich haben SPD und Grüne gemäß ihrem Entschließungsantrag von Anfang dieses Jahres ich glaube, er stammt aus dem April festgestellt, dass der Bund 160 Milliarden € Mehreinnahmen generieren würde, wenn diese Steuerschlupflöcher geschlossen würden; das wiederum würde in Nordrhein-Westfalen auf Landesebene zu Mehreinnahmen von round about 30 Milliarden € führen.

Dann brauchen wir nicht mehr irgendwelchen Versuchen hinterherzurennen, um über den Bund-Länder-Finanzausgleich oder die Einbeziehung des Solidaritätszuschlags in die Einkommensteuer oder über eine Grunderwerbsteuererhöhung im Land Nordrhein-Westfalen Brosamen zu verteilen. Dann geht es wirklich an die dicken Bretter das wissen Sie, Herr Finanzminister, und alle hier im Hohen Hause , und dann muss man auch die Boxhandschuhe auspacken. Dann muss man im Sinne der Bürgerinnen und Bürger des Landes nicht gegen die Unternehmen, sondern mit den Unternehmen versuchen, einen Konsens herbeizuführen, um eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger zu erreichen.

Dann brauchen wir auch nicht die Diskussion, die wir hier leider Gottes nicht in der Breite führen können, Herr Kollege Witzel. Denn jetzt gehe ich kurz auf den Antrag ein ich hätte es für besser gehalten, wenn man diesen Antrag in die Ausschüsse gespielt hätte und hier keine direkte Abstimmung durchführen würde. Schließlich steht die Diskussion noch am Anfang. Ich sehe allerdings die aktuellen Umfragen aus Oktober des Jahres von YouGov, in denen 82 % der Befragten eine Überführung des Solidaritätszuschlags in die Einkommensteuer schlichtweg ablehnen.

(Jochen Ott [SPD]: YouGov! Das ist ein ganz seriöses Unternehmen!)

Das ist eine Steigerung gegenüber Juli um mehr als 30 %. Wir sehen daran, dass die Diskussion in Fahrt kommt. Lassen Sie uns diese Diskussion möglicherwiese auch hier im Hause und in den Ausschüssen weiter führen.

Was den Antrag angeht, so werden wir uns an dieser Stelle aufgrund dieses Umstands und auch wegen Ziffer 2, die wir so nicht ganz mittragen können, enthalten.

Im Übrigen hoffe ich, Frau Ministerpräsidentin, dass wir hier eine breite Debatte führen können und auch zukünftig führen sollten, wie denn mit den Geldern der Bürgerinnen und Bürgern des Landes Nordrhein-Westfalen demnächst umzugehen sein wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Veröffentlicht unter Dietmar Schulz, Rechtsausschuss (A14), Reden

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