Zur heutigen Debatte über ein neues Abgeordnetengesetz für mehr Transparenz bei Nebentätigkeiten von Abgeordneten sagt Michele Marsching, Mitglied der Piratenfraktion im Landtag NRW:
„Dass künftig mehr Transparenz bei den Nebentätigkeiten existiert, haben die Bürger im Land den Piraten zu verdanken. Wir haben mit unserem Gesetzentwurf die Landesregierung unter Zugzwang gesetzt. Mehrere Monate lang hatte Rot/Grün versucht, eine Debatte zu verhindern, die Diskussionen in die Länge zu ziehen und am liebsten das ganze Thema im Sande verlaufen zu lassen. Und plötzlich kamen wir Piraten da mit einem eigenen Gesetzentwurf um die Ecke – völlig überraschend für alle anderen Fraktionen die laut der Politik-Strategie ‚Die Ideen der anderen sind blöd‘ unserem Gesetzentwurf partout nicht zustimmen können.
Kein Wunder, dass die anderen vier Fraktionen so sauer auf uns waren, dass sie einen gemeinsamen Gesetzentwurf eingebracht haben – und eine Beteiligung von uns, ja, sogar die Gespräche mit uns, verweigert haben.
Uns gehen die heute beschlossenen Regelungen nicht weit genug, deswegen lehnen wir den rot-grün-schwarz-gelben-Gesetzentwurf ab.
Die vollständige Rede von Michele Marsching MdL:
Sehr geehrte(r) Frau/Herr Präsident/in,
werte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Zuschauer auf der Tribüne und zu Hause,
wir diskutieren hier also erstmal abschließend die Änderungen am Abgeordnetengesetz, um mehr Transparenz in die Nebeneinkünfte von Abgeordneten zu bekommen. Schon seit längerem haben wir in den Gängen und den kleinen Treffen in diesem ehrenwerten Haus darüber geredet, wie eine Regelung aussehen könnte.
Man kann sich aussuchen, als Abgeordneter seine Nebeneinkünfte frei heraus offen zu legen. Man kann aber auch weiterhin versuchen, seine Einkünfte zu verschleiern und zu verstecken…
Ausgelöst durch die Kapriolen in der Berichterstattung um den 25.000 EUR-Talk des SPD-Kanzlerkandidaten Steinbrück haben wir uns sogar einmal hier getroffen und intern darüber geredet, was wir wie ändern könnten. Im Oktober 2012.
Danach gab es ein Hearing der Präsidentin zu dem Thema. Im Januar 2013.
Dann passierte 16 Monate lang gornüscht mehr… bis auf immer wiederkehrende Pressemitteilungen vor allem der Kollegin Beer, dass eine Änderung total dringend sei und ultra wichtig! Bald – ja bald – kommt da was, seien sie sich sicher.
Im Mai haben wir PIRATEN dann einen Gesetzentwurf vorgelegt. Holland in Not! Was bilden sich diese PIRATEN eigentlich ein, hier so sehr auf das Gaspedal zu treten!? Da stellt sich dieser Marsching doch tatsächlich hier hin und sagt, sein Entwurf soll eine Lokomotive werden. Un – glaub – lich!
Jetzt haben wir also statt der Entschließungsanträge vom letzten Mal einen Entwurf der vier anderen Fraktionen in diesem Haus vorliegen. Mein Angebot zu gemeinsamen Erarbeitung haben sie rundheraus ausgeschlagen und nicht einmal das Gespräch gesucht, was ich außerordentlich schade finde.
Aber ich kann sie verstehen. Man darf diesen PIRATEN bei dem Thema Transparenz einfach keinen Fußbreit Boden geben. Was sie – wenn ich die heutige Presseschau durchgehe auch geschafft haben. Meinen Glückwunsch dazu.
Wir hatten also im August eine Anhörung zu dem Thema im Hauptausschuss und alle Experten haben noch einmal betont, dass es keine verfassungsrechtlichen Bedenken gäbe zu unserem – und natürlich auch zu ihrem Entwurf.
Wir stehen also hier vor einer politischen Entscheidung. Wir können unsere Nebeneinkünfte transparent machen – oder transparenter!
Wollen Sie eine Bagatellgrenze, die sich an den Hinzuverdienstgrenzen aus dem SGB orientiert oder nur eine fünfmal höhere?
Wollen Sie eine kurze Anzeigefrist von einem Monat nach Verdienst oder nur eine Frist, die bis zu anderthalb Jahre Zeit gibt, eine Nebentätigkeit anzuzeigen?
Wollen Sie eine Veröffentlichung auf Heller und Pfennig für jeden Hinzuverdienst oder wollen Sie nur eine Stufenlösung, die nicht nur ein Zurückrechnen von Ihren Einkünften erfordert, sondern den Verdienst mit dem Wischfinger zeichnet und vor einem schnellen Einblick verschleiert?
Wollen Sie eine Auflistung der aufgewendeten Zeit und dass die Landtagsarbeit des Abgeordneten im Mittelpunkt steht oder ist Ihnen völlig egal, was ein Abgeordneter mit seiner steuerbezahlten Zeit so anstellt?
Das ist die Entscheidung, die hier heute gefällt wird! Transparent, oder transparenter?
Am Ende freuen wir uns, dass wir das Thema in die Hand nehmen durften. Mit dem Ergebnis aber sind wir immer noch nicht zufrieden. Die Menschen wollen wissen, was wir mit unserer Zeit anfangen, sie wollen uns wieder vertrauen, dass Politik nicht nur ein Selbstbedienungsladen und ein Sprungbrett zu großen Vortragshonoraren ist, sondern die Probleme der Menschen löst.
Wir lehnen ein Stufenmodell ab. Wir lehnen hohe Bagatellgrenzen ab. Wir lehnen eine fehlende Mittelpunktregelung ab.
Ich wiederhole noch einmal: Man kann sich aussuchen, als Abgeordneter seine Nebeneinkünfte frei heraus offen zu legen. Man kann aber auch weiterhin versuchen, seine Einkünfte zu verschleiern und zu verstecken…
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