Olaf Wegner zur finanziellen Unterstützung der Ausbildung von Altenpflegerinnen und Altenpflegern

Donnerstag, 3. Juli 2014

Top 14. Gesetz zur finanziellen Beteiligung an den Schulkosten für die Ausbildung von Altenpflegerinnen und Altenpflegern und über die Berufsausübung der Gesundheitsfachberufe

Gesetzentwurf der Landesregierung
Drucksache 16/6092
Unser Redner: Olaf Wegner
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Überweisung

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Protokoll der Rede von Olaf Wegner

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Frau Kollegin.  Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Wegner.

Olaf Wegner (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Menschen im Stream und auf der Tribüne! Und vor allem: Liebe Altenpflegerinnen und Altenpfleger! Liebe Landesregierung, liebe Frau Steffens, ich kann ja viele Ihrer Sachzwänge verstehen, nur finde ich Ihre Überlegungen manchmal doch etwas zu einfach. Ich habe das Gefühl, Sie sind gar nicht auf die wirklich bestehenden Probleme eingegangen.

Ja, die 280 € sind nicht von Ihnen, sondern die sind damals von der CDU eingeführt worden. Sie tragen die aber seit vier Jahren mit. Also sind Sie für mich die Hauptverantwortliche und nicht die CDU. Ich rege mich nämlich nicht über Sachen auf, die so lange zurückliegen.

Aber unter Umständen könnte es auch daran liegen, dass Sie gar nicht wissen, worum es hier eigentlich geht. Altenpflege, wie sie von Altenpflegefachkräften ambulant und stationär geleistet wird, ist intensive Krankenpflege und kein Halmaspielen, wie die meisten Menschen annehmen. Die meisten Menschen sind in den letzten zwei Jahren ihres Lebens abhängig von intensiver medizinischer Versorgung. Bei Luftnot, zunehmender Schwäche und drohendem Organversagen ist die Pflege nur von solchen Menschen zu leisten, die eine gute medizinische Ausbildung genossen haben.

In den letzten Jahren wurde sehr viel diskutiert über freiheitsentziehende Maßnahmen, Gewalt in der Pflege, die tägliche Überforderung der Mitarbeiter sowohl in der stationären Pflege als auch im häuslichen Umfeld.

Die Auszubildenden in der Krankenpflege müssen eine Examensarbeit abgeben, die mit der Prüfung zum Erreichen eines Abschlusses bei der Handwerkskammer vergleichbar ist. Vergleichbare strukturelle Voraussetzungen für die Prüfung von Altenpflegern waren zwar mal geplant, sind aber zurückgenommen worden, weil die Finanzierung im Jahre 2008 verringert worden ist.  Frau Steffens, ich weiß, das war die CDU, das waren nicht Sie; aber Sie haben es die ganzen Jahre danach mitgetragen.

Somit ist es verdammt schwer, zu erklären, wieso Krankenpfleger in der Ausbildung mit 500 € monatlich gefördert werden, während Altenpflegeseminare je Platz mit 280 € auskommen müssen. Ob freiwillig oder gesetzlich verbrieft ist dabei egal, 280 € sind zu wenig. Viel besser wäre es, die Summe hochzusetzen und auf die Verbriefung zu verzichten. Ich empfinde es als Hohn, zu sagen, sie respektierten die Arbeit der Altenpfleger. Die hätten viel mehr Respekt verdient, und zwar mit einer höheren Summe, ohne das in das Gesetz aufzunehmen.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Sie schreiben jetzt 280 € ins Gesetz. Was sagen Sie dazu?

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Ja, die Pflege liegt am Boden, das wissen Sie auch.

(Zuruf von Ministerin Barbara Steffens)  Es geht um die Qualität der Ausbildung. Natürlich! Die kann bei der Förderung aber nur halb so gut sein. Sie haben vorhin gesagt, dass die Klassen vergrößert worden sind. Das erweitert natürlich unheimlich die Qualität: Je größer die Klasse, desto größer die Qualität. Kann ich völlig nachvollziehen. Ich frage mich an der Stelle wirklich  das frage ich alle hier im Raum, vor allem alle Leute, die älter sind als 50, 60 : Wollen Sie in den letzten Lebensjahren nur halb so gut gepflegt werden wie zurzeit im Krankenhaus? Das wird Ihre längste Zeit sein, die Sie mit Pflege verbringen müssen! Und die wollen Sie nur halb so gut haben?

(Beifall von den PIRATEN)

Die Experten der Fachseminare der Diakonie und vor allem der Caritas melden schon lange zurück, dass seit den Kürzungen im Jahr 2008 der Unterricht nicht mehr durch pädagogisch geschulte Dozenten sichergestellt werden kann. Eine tolle Qualität, die dort erbracht wird!

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Kollege, entschuldigen Sie, würden Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Howe zulassen?

Olaf Wegner (PIRATEN): Ja, bitte.

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Bitte schön, Frau Kollegin Howe.

Inge Howe (SPD): Vielen Dank, Herr Wegner. Ich habe folgende Frage an Sie: Können Sie mir erklären, woher Sie die Information haben, dass in der Krankenpflege 500 € vom Land zugezahlt werden? Ich kann das nicht vollziehen.

Olaf Wegner (PIRATEN): Ich habe nicht gesagt, dass diese 500 € vom Land kommen, sondern: Das Land muss, wenn es die Altenpflege auch als etwas Gutes ansieht, den Qualitätsunterschied bezogen auf die 500 €, die vom Bund kommen, erklären.

(Ministerin Barbara Steffens: Die kommen nicht vom Bund!  Inge Howe [SPD]: Die werden über den Pflegesatz abgerechnet! Das ist eine ganz andere Finanzierung!  Weitere Zurufe)

Okay. Die Frage, die sich an der Stelle stellt, ist weniger die, woher das Geld kommt, und mehr die, dass mit diesem Geld eine bestimmte Qualität erreicht werden soll.

(Vereinzelt Beifall von der CDU  Zurufe)

Entschuldigung! Lassen Sie mich bitte ausreden!  Das heißt, bei der Krankenpflege wird eine bestimmte Qualität gesehen. Die finde ich auch gut, die finde ich auch richtig. Sie wird ungefähr 500 € betragen. Genau sind es 495,75 € pro Monat.

(Ministerin Barbara Steffens: Das stimmt nicht!)

Wenn ich diesen Betrag für in Ordnung halte, dann können die 280 € für Krankenpfleger nicht gut sein  egal, aus welchem Topf das Geld kommt; das Geld reicht nicht aus. Das ist der Fakt, den ich hier gerade dargestellt habe. (Beifall von den PIRATEN)

Dabei muss man sich auch mal vor Augen führen, dass die Krankenhäuser seit der Einführung der Fallpauschalen bei älteren Menschen, die in Altenheimen leben, nach medizinischen Eingriffen keine Pflege mehr leisten, sondern die Leute so schnell wie möglich ins Altenheim zurückgeben, weil dort die Pflege gemacht wird. Die intensive Pflege mit Ernährungssonden und Beatmungsgeräten sowie die Grundversorgung werden dort von den Altenpflegefachkräften geleistet. Das ist teilweise eine höher qualifizierte Arbeit als die Arbeit, die im Krankenhaus geleistet werden muss;

(Zuruf von Inge Howe [SPD])

denn diese Fachkräfte haben nicht die Möglichkeit, mal eben zum Telefon zu greifen und einen Arzt herbeizurufen. Bis der Notarzt kommt, müssen sie die Entscheidungen treffen und den Patienten stabilisieren. Sie können nicht auf einen Arzt zurückgreifen.

(Inge Howe [SPD]: Ich würde Ihnen empfehlen: Machen Sie mal ein Praktikum!)

Für diese Herausforderungen müssen die Menschen ausgebildet und ausgerüstet werden. Deshalb ist dieser Gesetzentwurf zur finanziellen Beteiligung von Altenpflegefachkräften bestenfalls ahnungslos, schlimmstenfalls ist er zynisch und fast schon sarkastisch. Mit 280 € ist eine qualifizierte Ausbildung in der Altenpflege nicht zu realisieren. Ehrlich gesagt: Es lohnt es sich überhaupt nicht, über diesen Gesetzentwurf zu reden, solange Sie nicht bereit sind, die Beteiligung an der Ausbildung der Altenpflegefachkräfte deutlich zu erhöhen.  Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Danke, Herr Kollege Wegner.  Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe deshalb die Aussprache.

Veröffentlicht unter Arbeit, Gesundheit, Soziales (A01), Olaf Wegner, Reden

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