Kai Schmalenbach zu „Greenwashing“ bei der Umstellung der Stromversorgung

Donnerstag, 30. Januar 2014

 

Top 10. Vermeidung von „Greenwashing“ bei der Umstellung der Stromversorgung der Gebäude bzw. Liegenschaften des Landes Nordrhein-Westfalen auf elektrische Energie aus regenerativen Quellen

Antrag der Fraktion der PIRATEN

Drucksache 16/4810

Unser Redner: Kai Schmalenbach

Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Überweisung

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Wer Zertifikate statt echtem Ökostrom kauft, der betreibt Greenwashing. Grauer Strom wird grün gewaschen. Für das Klima bringt das nichts. Der Kauf von Herkunftsnachweisen für Strom leistet keinen Beitrag zur Änderung des Angebots auf dem Strommarkt, da er aus Altanlagen kommt und keinen positiven Effekt auf die Emission von Treibhausgasen hat. Die Landesregierung taugt mit diesem Verhalten nur als schlechtes Vorbild in Sachen Umwelt.


Protokoll der Rede von Kai Schmalenbach

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion der Piraten dem Kollegen Schmalenbach das Wort.

Kai Schmalenbach (PIRATEN): Vielen Dank. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Zuschauer! Am 16. Oktober 2013 wurde hier auf unseren Antrag hin beschlossen, dass Landesgebäude künftig das heißt, so schnell wie möglich mit Ökostrom versorgt werden sollen. Frau Brems sagte in der Debatte dazu unter anderem Folgendes ich zitiere :

„Einer der Aspekte ist: Woher kommt in Zukunft unser Strom? Da können wir schon jetzt und möglichst schnell aktiv werden und die Nachfrage nach Ökostrom deutlich erhöhen.“

Genau darum geht es: Woher kommt der Strom? Nun, die Antwort ist einfach und kompliziert zugleich: Unser Strom kommt, so wir ihn nicht selbst erzeugen und direkt verbrauchen, aus dem Netz, aus dem großen Stromsee, in den alle Kraftwerke einspeisen und aus dem alle Verbraucher versorgt werden. Wer also etwas ändern will, der muss dafür sorgen, dass neue Kraftwerke ans Netz gehen und sauberer Strom in den großen See fließt.

Das Gute daran ist: Es ist tatsächlich möglich, als Stromkunde eine Änderung herbeizuführen. Viele Ökostromkunden nutzen diese Möglichkeit schon heute. Sie kaufen zertifizierten Ökostrom, bei dem die Anbieter garantieren, dass der verkaufte Ökostrom innerhalb einer definierten Frist aus neuen Anlagen kommt. Neben der Direktvermarktung von grünem Strom ist das der Weg, der den gewünschten Effekt auf der Angebotsseite hat.

Das Schlechte dabei ist: Man kann sich als Kunde leicht ein gutes Gewissen kaufen und muss sich nicht darum kümmern, was man tatsächlich bewirkt. Die einfachste Möglichkeit für Anbieter von Ökostrom ist es, REX-Zertifikate zu kaufen und damit schmutzigen Strom zu veredeln. Die Herkunftsnachweise sind billig, und selbst Strom aus Braunkohlenkraftwerken wird so auf wundersame Weise zu Ökostrom. Rein formal betrachtet stimmt alles. Keiner wird belogen oder betrogen. Nur, erreicht wird gar nichts. Erst dann, wenn die Nachfrage nach sauberem Strom das Angebot im Markt übersteigt, funktioniert es nicht mehr mit den billigen Zertifikaten, und die gewünschte Änderung tritt ein.

(Beifall von den PIRATEN)

Davon aber sind wir heute weit entfernt. Wer Vorbild für andere sein will, der darf so nicht handeln, denn das Vorbild wäre ein schlechtes Beispiel für Nachahmer. Die Landesregierung verspricht aber genau das. Sie will bei der Versorgung der Landesgebäude Vorbild sein. Wir wissen, es ist für die öffentliche Hand nicht einfach. Sie muss Ausschreibungen nach europäischem Recht machen, und sie kann darin nicht einfach irgendein nationales Ökostromsiegel zur Bedingung machen.

Das Umweltbundesamt hat aber genau dafür einen Leitfaden entwickelt. Er ist natürlich im Netz verfügbar, und die passende Musterausschreibung ist direkt dabei. Sie ermöglicht es, konkrete Vorgaben zu machen, wie groß der tatsächliche Effekt bei der Minderung der CO2-Emissionen sein soll und worauf dabei zu achten ist. Wir glauben da an den guten Willen der Landesregierung und wollen nicht, dass der Kollege Brockes am Ende recht behält; denn der wunderte sich bei der damaligen Debatte und sagte in Bezug auf die geforderte Umstellung auf Ökostrom ich zitiere :

„Komischerweise habe ich da den Finanzminister an meiner Seite, der sagt: Hier allein auf Ökostrom zu setzen, wäre zu teuer; das kann das Land sich nicht leisten.“

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Insofern ist es schon bemerkenswert, wenn die Koalitionsfraktionen mit ihrem Entschließungsantrag heute einen anderen Kurs vorgeben als den, den die Landesregierung bisher gefahren hat. Konsequent hat die FDP damals gegen den Antrag gestimmt.

(Dietmar Brockes [FDP]: Genau! Wie heute!)

 Ja, das war mir klar, Herr Brockes. Wir denken, dass sich das Land NRW auch den Kauf von Ökostrom leisten kann, der tatsächlich zur Verringerung der Emissionen führt.

(Ralf Witzel [FDP]: Alles schuldenfinanziert!)

 Ja, ja. Schrei Du! Wir sind uns sicher, dass sich das Land das leisten muss, wenn es tatsächlich Vorbild sein will.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ellerbrock zulassen?

Kai Schmalenbach (PIRATEN): Nein, jetzt nicht. Vielleicht gerne hinterher. Denn wie sollte es sonst noch ernsthaft dem privaten Kunden, dem normalen Bürger erklärt werden, worin die Unterschiede zwischen echtem grünen Strom und umetikettiertem grauen Strom bestehen? Fragen Sie Verbraucherberater, fragen Sie die Umweltverbände, oder fragen Sie den TÜV den ADAC fragen Sie vielleicht besser nicht , was Ökostrom ist. Die können es erklären.

Lassen Sie uns gemeinsam im Ausschuss darüber beraten, was vorbildlich ist und was nicht. Dabei können wir auch darüber reden, was sich das Land leisten kann. Etikettenschwindel und Greenwashing jedenfalls kann sich das Land nicht leisten, wenn die Bürger Vertrauen in die Politik haben sollen. Danke.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege. Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Müller Witt.

Veröffentlicht unter Kai Schmalenbach, Reden, Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk (A18)

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