Donnerstag, 17. Oktober 2013
Top 3. Mehr Transparenz in der Arbeit der Rundfunkkommission – mehr Beteiligung des Landtags und der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung von Staatsverträgen!
Antrag der Fraktion der PIRATEN
in Verbindung damit
Jugendmedienschutz und Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV)
Große Anfrage 6 der Fraktion der PIRATEN
Antwort der Landesregierung
Block I
Wir fordern die Landesregierung auf, sich für mehr Transparenz in der Arbeit der Rundfunkkommission einzusetzen. Wir verlangen u. a. Öffentlichkeit der Sitzungen, Livestreaming und die Veröffentlichung von Protokollen. Darüber hinaus soll ein Online-Konsultationsportal zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag eingerichtet werden, um Experten und Öffentlichkeit verstärkt über dessen Entstehung zu informieren und daran zu beteiligen. Die Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags scheiterte 2010 unter anderem an fehlenden Partizipationsmöglichkeiten der Bürger, dem Fehlen der technischen Voraussetzungen und unverständlichen Regelungen.
Daniel Schwerd, Netz- und Medienpolitischer Sprecher der Piratenfraktion: „Die Rundfunkkommission tagt weiter hinter verschlossenen Türen. Die Landesregierung darf uns nicht über Zwischenergebnisse oder Verhandlungspositionen informieren. Irgendwann bekommen wir dann – sicherlich fristgerecht vier Wochen vor der geplanten Unterzeichnung des Staatsvertrags – den Entwurf vor die Füße geworfen. Konstruktive Beteiligung der Parlamentarier sieht anders aus. Von Beteiligung der Bevölkerung sprechen wir hier besser gar nicht.“
Abstimmungsergebnis: Der Antrag wurde einstimmig an den Ausschuss für Kultur und Medien (federführend) sowie an den Hauptausschuss überwiesen.
Audiomitschnitt der kompletten Debatte als Download
Protokoll der Rede von Daniel Schwerd
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf den Rängen und im Stream! Als der Landtag den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, der schon von den Ministerpräsidenten der Länder unterschrieben war, im Dezember 2010 einstimmig ablehnte, hätte man eigentlich die Hoffnung haben können, dass alle Beteiligten aus diesem Debakel etwas gelernt haben. Schließlich waren die Gründe für die Ablehnung sehr klar. Man hatte vergessen oder vielleicht auch nicht gewollt, die Netzbürger in den Prozess der Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages einzubeziehen.
Das war allein deswegen schon keine besonders gute Idee, weil mit dem neuen JMStV den Entwicklungen der modernen Zeitrechnung getragen werden sollte. Und mit wem redete man nicht? Mit denen, die sich am besten in diesem Internet auskennen – mit diesen Bürgern von #Neuland, den Nutzern. Außerdem fehlten noch die technischen Voraussetzungen, um die Regelungen, die in diesem Entwurf vorgesehen waren, überhaupt umzusetzen. Insofern wären diese Regelungen im Einzelfall sinnlos gewesen. Zu guter Letzt: Einige dieser Regeln waren so komplex, dass sie viele Nutzer überfordert und einen unglaublichen bürokratischen Aufwand erfordert hätten.
Am Ende – einige von Ihnen waren damals dabei – fiel der 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, mit dem der Jugendmedienschutz novelliert werden sollte, krachend durch. Das war auch gut so.
(Beifall von den PIRATEN)
Allerdings bleibt damit auch die alte Fassung des JMStV aus dem Jahre 2002 in Kraft. Der Jugendmedienschutz ist damit auf dem Stand der 1990er-Jahre – einer Zeit, als das Internet tatsächlich noch Neuland war. Verstehen Sie mich nicht falsch: Wir Piraten sind keinesfalls gegen Jugendschutz, ganz im Gegenteil. Kinder zu behüten, ist eine uns allen auferlegte essenzielle Aufgabe. Der Schutz von Kindern vor entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten ist im Internet vor ganz neue Herausforderungen gestellt. Gerade deswegen brauchen wir realistische, zeitgemäße und technisch angemessene Lösungen, die einen funktionierenden Jugendschutz im Internet überhaupt erst ermöglichen.
Mittlerweile wurde seitens der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten ein neuer Anlauf gestartet. Die Rundfunkkommission der Länder wurde aufgefordert, einen Entwurf zu einem neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag zu entwickeln. Wer jetzt aber denkt, man hätte aus dem Scheitern der letzten Novelle etwas gelernt, wird enttäuscht. Das hat die Antwort auf die Große Anfrage zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag deutlich gemacht.
Die Rundfunkkommission tagt weiter hinter verschlossenen Türen. Die Regierung darf uns nicht über irgendwelche Zwischenergebnisse oder Verhandlungspositionen informieren. Irgendwann bekommen wir dann –sicherlich fristgerecht vier Wochen vor der geplanten Unterzeichnung des Staatsvertrags den Entwurf vor die Füße geknallt und dürfen dann entscheiden, ob wir das jetzt gut finden oder nicht. Konstruktive Beteiligung von Parlamentariern sieht anders aus. Von Beteiligung der Bevölkerung will ich gar nicht erst reden.
(Beifall von den PIRATEN)
Wenn ich mir die Antworten auf unsere Fragen anschaue, muss ich feststellen, dass alle Ankündigungen der Landesregierung, mehr Transparenz in die Arbeit der Rundfunkkommission zu bringen, genauso verpuffen wie das Versprechen, uns Parlamentariern und die Bürgerinnen und Bürger besser zu beteiligen. So laufen Sie sehenden Auges in das neue Scheitern eines JMStV hinein.
Deswegen fordern wir die Landesregierung auf, endlich dafür zu sorgen, dass Transparenz in die Rundfunkkommission einzieht. Veröffentlichen Sie alle Unterlagen, die Auskunft über den aktuellen Sachstand geben! Machen Sie die Sitzungen öffentlich! Wieso auch nicht? Was gibt es denn zu verbergen?
(Beifall von den PIRATEN)
Beteiligen Sie uns hier im Landtag so, wie es der Begriff „Beteiligung“ verdient! Informieren Sie uns rechtzeitig und regelmäßig auch über Zwischenergebnisse der Verhandlungen. Ermöglichen Sie uns, Ihnen Positionen mit auf den Weg zu geben, mit denen Sie die Haltung NRWs im Verhandlungsprozess deutlich machen können. Wenn der Entwurf vorliegt, ist es dafür zu spät. Ändern Sie die entsprechenden Vereinbarungen, die das verhindern!
Sorgen Sie schließlich – damit komme ich zum Schluss – dafür, dass die Rundfunkkommission ein Online-Konsultationsportal einrichtet, in dem Experten und die interessierte Öffentlichkeit dauerhaft die Möglichkeit haben, sich und ihre Ideen in den Verhandlungsprozess einzubringen. Falls die Rundfunkkommission sich weigert, machen Sie es eben bitte selbst. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
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