Plenarrede: Daniel Schwerd zu Stärkung der solidarischen Wirtschaft

Donnerstag, 20. Juni 2013

TOP 2. Stärkung der gemeinwohlorientierten und solidarischen Wirtschaft

 

Antrag SPD / GRÜNE

Drucksache 16/3228

Block I
Unsere Redner: Daniel Schwerd
Unsere Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Überweisung   an den Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und   Handwerk – federführend -, an den Ausschusses für Bauen, Wohnen,   Stadtentwicklung und Verkehr sowie an den Ausschuss für Arbeit,   Gesundheit und Soziales; die abschließende Beratung und Abstimmung   sollen im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen.

Audiomitschnitt der Rede von Daniel Schwerd

Wortprotokoll zur Rede von Daniel Schwerd:

Daniel Schwerd (PIRATEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Kooperation und Konkurrenz sind zwei tragende Elemente unseres Wirtschaftens und letztlich unserer gesamten gesellschaftlichen Organisation. Trotzdem steht in der Wirtschaft meist der Konkurrenzgedanke, der viel gerühmte freie Wettbewerb, im Vordergrund. Dabei wird oft vergessen, welche Energie freigesetzt werden kann, wenn sich einzelne Bürger oder Unternehmen zu einem gemeinsamen Zweck zusammenschließen, um gemeinsam etwas zu schaffen, was der oder die Einzelne alleine nicht erreichen kann. Oft verbinden sich dabei eigene ökonomische Ziele mit sozialen und ökologischen Ideen.

Wir Piraten sind der Meinung – nach dem, was ich von den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen gehört habe, sehen viele das ähnlich –, dass die Politik die vielfältigen Formen des gemeinwohlorientierten und solidarischen Wirtschaftens unterstützen sollte, wo sie nur kann.

(Beifall von den PIRATEN)

„Ein Gewinn für alle“ lautete das Motto des Internationalen Jahres der Genossenschaften 2012. Mit weltweit 800 Millionen Genossenschaftsmitgliedern stellt diese Form des gemeinschaftlichen Handelns einen wichtigen Eckpfeiler des menschlichen Wirtschaftens und Lebens dar.

Auch in Deutschland ist das kein #Neuland. Wir können auf eine lange und bedeutsame Geschichte der Genossenschaften zurückblicken. Ein Beispiel sind die Volks- und Raiffeisenbanken, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts mittellosen Bauern die Aufnahme von Investitionskrediten ermöglichten und so vielen Menschen ein besseres Leben bescherten.

Wo stehen wir heute? – Jeder vierte Deutsche ist nach der Statistik Mitglied einer Genossenschaft. Das sind sechsmal mehr Menschen, als es Aktionäre gibt, und es werden immer mehr, ob in Genossenschaftsbanken, Wohnungsbaugenossenschaften oder ländlichen Genossenschaften.

Nicht erst seit der Eurokrise gewinnt diese Idee immer mehr Zulauf. Das solide und gemeinschaftliche Wirtschaften der Genossenschaften ist in den krisengeschüttelten letzten Jahren als wohltuende Alternative wahrgenommen worden, und das zu Recht. Die Genossenschaften weisen die niedrigsten Insolvenzraten aller Rechtsformen auf. Die genossenschaftlichen Banken in Deutschland sind mit am besten durch die Finanzmarktkrise der letzten Jahre gekommen.

Das sogenannte Identitätsprinzip der Genossenschaften überzeugt viele Menschen. Dieses Prinzip bedeutet, dass die Kunden gleichzeitig Eigentümer und Kapitalgeber sind. Zudem steht der genossenschaftliche Förderzweck im Vordergrund. Das können soziale, kulturelle oder wirtschaftliche Ziele sein, nicht bloß eindimensionales Profitstreben. Herr Fehring, gerade hier liegt der wesentliche Unterschied zu vielen Kapitalgesellschaften, bei denen die Haftung einerseits und der Gewinn andererseits so enorm auseinanderklaffen.

Das beste Beispiel für die steigende Attraktivität solcher solidarischer Wirtschaftsformen ist die zunehmende Zahl der Energiegenossenschaften in Deutschland. Darin schließen sich die Bürger zusammen, um den Kauf und den Betrieb von Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien gemeinsam zu stemmen, und das mit Erfolg. Die Hälfte dieser Anlagen wird inzwischen von Privatpersonen und Landwirten betrieben. Die Energiewende ist nicht machbar ohne den direkten Einsatz der Bürger in ihrer Gemeinde.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir Piraten stehen hinter dieser Form des bürgerschaftlichen Engagements und wollen sie unterstützen. Daher haben wir einen Antrag mit dem Titel „Energiewende durch Bürger stärken – Bürgerenergieprojekte fördern statt verhindern“ in das Plenum eingebracht, über den hier gestern diskutiert wurde. Da den Kollegen von SPD und Grünen die Stärkung der gemeinwohlorientierten, solidarischen Wirtschaft offenbar am Herzen liegt, wollen wir sie ermuntern, unseren Antrag zu unterstützen.

Netze in Bürgerhand stellen eine großartige Chance für Partizipation an Entscheidungen und Demokratisierung der Entscheidungen um diese Netze dar. Bürgerbeteiligung ist in diesen Projekten schon eingebaut. Das stärkt Verantwortungsbewusstsein, Identifikation und nachhaltiges Wirtschaften.

(Beifall von den PIRATEN)

Wie kann das Land Nordrhein-Westfalen bessere Rahmenbedingungen für die gemeinwohlorientierte, solidarische Wirtschaft schaffen? – Es ist richtig, die Beratungs- und Förderangebote des Landes konsequent für Genossenschaften zu öffnen, soweit dies bislang nicht der Fall ist. Weitere Hürden bei der Gründung einer Genossenschaft gilt es abzuschaffen, wo dies sinnvoll ist; denn die Zahl der Neugründungen in NRW ist noch sehr überschaubar: gerade 36 im Jahr 2011. Da ist noch Luft nach oben.

Insgesamt haben die Regierungsparteien einen ganzen Blumenstrauß an möglichen Verbesserungsideen eingebracht. Wir Piraten werden den vorliegenden Antrag gerne in den Ausschussberatungen begleiten und nach Kräften dafür Sorge tragen, dass es nicht bei blutleeren Versprechungen bleibt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

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