Plenarrede: Dietmar Schulz zu Sicherungsverwahrung in NRW

Mittwoch, 24. April 2013

 

TOP 12. Gesetz zur Regelung des Vollzuges der Sicherungsverwahrung in Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf der Landesregierung
Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses
2. Lesung 3. Lesung wird beantragt
Unser Redner : Dietmar Schulz

Das Wortprotokoll zur Rede von Dietmar Schulz:

Dietmar Schulz (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren Kollegen! Liebe Zuschauer hier oben und natürlich gerne auch am Stream!

Das uns zur Beratung und zur Beschlussfassung vorliegende Sicherungsverwahrungsvollzugsregelungsgesetz – ich habe es mal in ein Wort gefasst, das ist sehr juristentypisch – ist von uns, wie schon von den anderen Vorrednern betont, im Ausschuss, in den Obleuterunden und in sonstigen Gesprächsrunden sehr intensiv diskutiert worden. Es besteht grundsätzlicher Konsens, dass dieser Gesetzentwurf, welcher hier von der Landesregierung vorgelegt wurde, gelungen ist.

Gleichwohl ist vielfach in Einzelpunkten Kritik geäußert worden, was man noch hätte anders machen können. Ja, auch wir haben einen Änderungsantrag vorgelegt, den wir im Rechtsausschuss aufgrund der zeitlichen Enge aber leider nur kurz beraten konnten. Das lag an der Notwendigkeit der baldigen Verabschiedung des Gesetzes. Wir hätten den Änderungsantrag gerne noch weiter diskutiert. Wir hatten in Erwägung gezogen, eine dritte Lesung zu beantragen. Allerdings wurde uns vom Kollegen Wolf, vom Kollegen Kamieth und vom Kollegen Wedel leider nicht die Möglichkeit zugesagt, das noch einmal vernünftig in den Ausschuss zu bringen. Daher wäre eine dritte Lesung reine Formsache gewesen. Denn das bis morgen durchzuziehen wäre unseriös. Daher müssten wir zumindest momentan damit leben.

Gleichwohl gibt es unseren Änderungsantrag. Er ist, Herr Kollege Wolf, natürlich nicht nur mit Marginalien befasst. Wir dürfen eines nämlich nicht vergessen: Die Hervorhebung, die Betonung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist deswegen nicht falsch, weil es in sehr vielen Gesetzen in Deutschland ganz besonders betont wird und ein das gesamte deutsche Recht durchziehender, beherrschender Grundsatz ist, der natürlich ganz besonders dort zur Anwendung kommen muss, wo, wie Sie es beschrieben haben, in die Freiheitsrechte von Menschen, die bereits eine Strafe verbüßt haben, eingegriffen wird. Auch das hätten wir selbstverständlich sehr gerne in weiterer Beratung erörtert. Sei’s drum!

Es gibt noch zahlreiche andere Punkte. Ich erwähne an dieser Stelle nur den § 70. Da geht es um die Einzelunterbringung von Sicherungsverwahrten aufgrund besonderer Erkenntnisse, die sich ohne die Möglichkeit der Überprüfung vorab ergeben, also alleine durch die Anstaltsleitung verordnet. Wir hätten es für besser gehalten, das zu verkürzen, also die Pflicht zur Überprüfung von drei Monaten auf lediglich 30 Tage vorzuziehen. – So weit diese beiden Beispiele.

Ob man das Gesetz in Gänze kritisiert, auch unter dem Gesichtspunkt, den der Kollege Wedel erwähnt hat, auch in Bezug auf das Ultima-Ratio-Prinzip, darüber kann man trefflich diskutieren. Auch das hätten wir gerne getan. Nur, wir dürfen eines bei der ganzen Sache nicht vergessen: Viele Regelungen dieses Vollzugsgesetzes sind gefasst worden, weil in Nordrhein-Westfalen ein Strafvollzugsgesetz noch – muss ich sagen – fehlt. In anderen Bundesländern gibt es ein solches bereits. Es gibt, was Doppelungen oder Parallelitäten angeht, natürlich Entlehnungen aus dem Bundesstrafvollzugsgesetz.

Ein nordrhein-westfälisches Strafvollzugsgesetz ist wünschenswert. Der Minister hat mir letztens gesagt, es sei in Arbeit. Dann müssen wir gucken, wie die Lücken, die hier möglicherweise tatsächlich noch bestehen, in kürzerer Zeit geschlossen werden können. Wir werden uns wahrscheinlich auch in kürzerer Zeit noch mal mit diesem Gesetz befassen müssen, denn es wird einiges rückgängig zu machen sein, um beispielsweise Doppelungen zu vermeiden. Auch in dem Zusammenhang gibt es möglicherweise die Chance auf ergänzende Änderungen oder Änderungen überhaupt.

Gleichwohl muss man sagen: Viele Normen sind solche des Strafvollzugsgesetzes. Es wäre daher begrüßenswert gewesen, wenn NRW bei der Regelung der Sicherungsverwahrung auf ein eigenes grundrechtsfreundliches Strafvollzugsgesetz hätte zugreifen können. Dem ist leider nicht so. Wir bedauern insofern auch, dass – womit wir rechnen müssen – unser Änderungsantrag heute wohl abgelehnt.

Die Empfehlung an meine Fraktion in dem Kontext lautet, sich bei der Abstimmung über das Gesetz, das vom Grundsatz her gut und sauber ist, allerdings – leider Gottes – Lücken hat, die wir gemäß unserem Änderungsantrag gerne geschlossen hätten, zu enthalten. Selbstverständlich bitte ich alle um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Schulz. – Bevor wir zur Abstimmung kommen, spricht für die Landesregierung der zuständige Minister, Herr Kutschaty.

Veröffentlicht unter Rechtsausschuss (A14), Reden

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