Plenarrede: Stefan Fricke zu Einführung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge

Mittwoch, 20. März 2013

 

TOP 3. Gesetz zur Einführung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge
Gesetzentwurf der Fraktion der CDU Drucksache 16/2124
1. Lesung
Block I
Überweisung an den Ausschuss für Kommunalpolitik – federführend – sowie an den Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr
Unser Redner: Stefan Fricke

Das Wortprotokoll zur Rede von Stefan Fricke: 

Stefan Fricke (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem hier vorliegenden Gesetzentwurf fällt mir aus dem Stehgreif und quasi als Titel nur ei-nes ein: Löcher in den Straßen sollen durch löchrige Gesetze geflickt werden. Denn das, was die werten Kollegen der CDU hier vorgelegt haben, ist nichts anderes als legislative Flickschusterei. Es ist Flickschusterei mit dem Zweck, die Anzahl der möglichen Prozesse nach vielleicht fragwürdigen Entscheidungen kommunaler Baubehörden zulasten von Grundstückseigentümern zu verringern. Und es ist auch wieder einmal Augenwischerei, Verpackungspolitik mit dem Zweck, den Wähler einzulullen. Vorgezogener Bundestags-wahlkampf auf Landesparkett!

Sehen wir uns doch mal genauer an, was dem Bürger hier zugemutet wird: eine Vorabab-gabe auf Gebühren, die vielleicht erhoben werden, um Straßen instand zu halten, die an einem Grundstück liegen. Abgesehen davon, dass das Verursacherprinzip – wer Schäden verursacht, wird auch für diese haftbar gemacht – wieder einmal außen vor bleibt – genau wie dies bei der gesamten Bankendiskussion der Fall war, wenn ich daran erinnern darf –, wird das extrem ungerechte kommunale System mit diesem Gesetzentwurf um kein Komma geändert, sondern nur anders etikettiert.
Als plakatives Beispiel möchte ich die Kölner Severinstraße erwähnen. Das ist die Straße, in der die U-Bahn gebaut wird und in der unglücklicherweise das Kölner Stadtarchiv wie ein Kartenhaus zusammengefallen ist. Als ob der U-Bahn-Bau nicht schon gereicht hätte, muss auf dieser Straße natürlich auch der entsprechende Baustellenverkehr fließen, was zwangsläufig schon zu enormen Sanierungskosten führte. Nun zeigte die Stadt Köln für eine kommunale Verwaltung ungewohnte Einsicht und wollte die Anlieger von den Sanierungskosten entlasten. Fehlanzeige! Die Regierungspräsidentin pfiff das Ganze aufgrund der Gesetzes-lage zurück. Die Anrainer dürfen nun für etwas blechen, was sie nicht verursacht haben und worunter sie auch noch seit Jahren leiden.

Vizepräsident Daniel Düngel: Herr Kollege Fricke, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ott von der SPD-Fraktion zulassen?

Stefan Fricke (PIRATEN): Ja.

Vizepräsident Daniel Düngel: Herr Ott, Sie haben das Wort.

Jochen Ott (SPD): Vielen Dank, Herr Fricke. Der Kölner CDU-Abgeordnete Möbius hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das gegen das Gesetz verstößt. In verschiedenen Beiträgen wurde darauf hingewiesen: Wo kein Kläger, da kein Richter. – Vonseiten der CDU wurde aber ausdrücklich gefordert, dass diese Beiträge erhoben werden müssen. Deshalb musste die Regierung handeln. Ist Ihnen bewusst, dass die Überprüfung durch die Landesregierung dadurch veranlasst wurde?

Stefan Fricke (PIRATEN): Das ist mir bewusst. Deswegen fordere ich ja auch die Änderung des entsprechenden Gesetzes.

Vor allem die kleinen Eigenheimbesitzer werden es Ihnen danken, immer wieder und für sie oftmals überraschend von der kommunalen Verwaltung vielfach Jahre später in keinem Zusammenhang mehr mit den durchgeführten Arbeiten satte Rechnungen im fünfstelligen Be-reich präsentiert zu bekommen. Die werden dann häufig nicht wissen, wo sie so schnell das Geld zum Bezahlen herzaubern sollen.

Natürlich: Wären die Bürger eine Bank, dann würde unsere Regierung ja … Aber ich schweife ab.
Sie, werte Kollegen, wollen diese Menschen entlasten, indem Sie ihnen das Geld für die Sanierung von Schäden, die sie selbst gar nicht mitverursacht haben, schon vorab aus der Tasche ziehen. Eine wahrhaft geniale Idee!
Denken wir aber mal an einen durchschnittlichen Besitzer einer Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus. Dort ist die Bildung von Rücklagen durch die Eigentümergemein-schaften bereits gesetzlich vorgeschrieben. Das ist in Ordnung. Aber: Diese Rücklagen werden verzinst. Jetzt kommen Sie an und wollen diese Rücklagen abgreifen. Nur: Diese Darlehen an die Kommunen werden natürlich nicht verzinst. Das mutet an wie des Geniestreiches zweiter Teil.

Und bei derartigen Eingebungen, die fast anmuten wie jene, auf die die bayerische Staatsregierung aufgrund des anderweitig beschäftigen Dienstmannes Josef Hinger bis heute ver-geblich wartet, besitzen Sie auch noch die Chuzpe, von größerer Abgabengerechtigkeit zu sprechen. Bleibt zu wünschen, dass die betroffenen Bürger Ihnen direkt per Wahlzettel die passende Antwort geben! – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Herr Kollege Fricke.

Veröffentlicht unter Bauen, Wohnen und Verkehr (A02), Reden

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