Als parlamentarischer Beobachter beim Spiel Dortmund gegen Hannover

Wie im letzten Blogpost „Spielebesuche bei Dortmund“ angekündigt war ich am Samstag mit der Polizei Dortmund unterwegs, um mir aus polizeilicher Sicht den Ablauf eines Spiels der ersten Bundesliga anzuschauen. Das Dortmunder Polizeipräsidium liegt nicht einmal eine Viertelstunde zu Fuß vom Stadion entfernt. Dort traf ich um 12 Uhr meinen Begleiter für den Tag – einen sehr freundlichen Polizeikommissar aus dem Leitungsstab, der jetzt für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Mir wurde seitens der Polizei übrigens nicht angeboten, an der Einsatzbesprechung um 11.30 Uhr teilzunehmen, so dass mir die kurze Erklärung über die Struktur des Einsatzes reichen musste. Mein Begleiter selbst hatte einen Zettel mit einem Organigramm des heutigen Einsatzes und den Handynummern der Verantwortlichen dabei.

Es sollten rund 250 Beamte vor Ort im Stadion und im Stadtgebiet für das Spiel im Einsatz sein – die meisten davon aus Dortmund, allerdings auch Unterstützung aus Wuppertal und von der Bundespolizei. Auf dem Weg Richtung Stadion gab mir unser Begleiter einen kurzen Überblick über die Sammelorte der Fans. So treffen sich beispielsweise die Auswärtsfans am Alten Markt und die BVB-Fans in der Hohen Straße an der Lenzstube. Gegen 12.30 Uhr waren wir an der Westfallenhalle und konnten schon Auswärtsfans kommen sehen, die von der Reiterstaffel der Polizei begleitet wurden. Das war sehr früh, da das Spiel erst drei Stunden später angepfiffen wurde. Meine Frage, ob das Stadion auch früher geöffnet wird, wenn viele Fans früh anreisen – denn verschlossene Türen mit tausenden wartenden Fans davor können natürlich eskalierend wirken – konnten mir erst die drei szenekundigen Beamten aus Dortmund beantworten, die wir am Nordeingang des Stadions trafen. Sie bestätigten, dass es für die Öffnung des Stadions einen gewissen Spielraum gebe. Die drei erzählten, dass sie sehr eng mit den angereisten szenekundigen Beamten aus Hannover in Kontakt stünden, die wir aber nicht mehr trafen.

Ich fragte die Beamten nach ihrem Kontakt zu den Ultra-Gruppen. Die Antwort war etwas ausweichend. Ich hatte den Eindruck, dass es da keine wirklichen Kontakte gibt. Ich muss bei Gelegenheit noch mal nachforschen, woran das liegt. Mit dem Dortmunder Fan-Projekt soll es dagegen einen sehr guten Dialog geben. Im weiteren Gespräch bestätigten mir die drei szenekundigen Beamten meinen Eindruck, dass die Diskussion um das DFL-Papier eher zur Eskalation beigetragen und die Situation im und um das Stadion nicht verbessert hat.

Auf dem Weg zum Südeingang über die Strobelallee trafen wir eine Gruppe von Bundespolizeibeamten in neuer Uniform mit Rückennummern (z. B. STA 3110). Sie erklärten, dass man dadurch den einzelnen Beamten ermitteln könne. STA steht dabei für St. Augustin, die 3 für NRW, 1 für den ersten Zug und die 10 für die Gruppe. Ein Zug besteht aus 30 und eine Gruppe aus zehn Beamten. Auch wenn das ein guter Ansatz ist, so bleibt eine Lücke, da es keine individuellen Nummern gibt. Man muss sich schon fragen, warum es so schwierig ist, ein Erkennungs-Merkmal für einen einzelnen Beamten einzuführen. Ein Namenskennzeichen soll ja nicht Bedingung sein. Aber warum es so schwierig ist, eine eindeutige Nummer einzuführen, erschließt sich mir nicht. Noch unübersichtlicher fand ich die Kennzeichnung bei der Landespolizei: Die Nummern standen auf den Helmen, die lose an der Seite baumelten. Nicht leicht zu erkennen, wenn die Beamten die Helme nicht auf dem Kopf tragen – was es aus Deeskalations-Gründen zu vermeiden gilt. Die Kommunikation zwischen den Beamten läuft übrigens immer noch hauptsächlich über Handy. Denn der digitale Funk wird erst schrittweise eingeführt. In Dortmund bekommen die Beamten jetzt erst langsam Schulungen.

An der Südseite des Stadions beobachteten wir, wie die Ultra-Gruppen aus Hannover an der Ecke Turm- und Schwimmweg an den BVB-Fans vorbeigeschleust wurden. Ein problematisches Gebiet, auf dem es auch beim Revierderby am 22. Oktober 2012 zu Ausschreitungen gekommen war. Die damaligen Vorkommnisse waren der Anlass für den FDP-Antrag „Gegen Randalierer im Zusammenhang mit Fußballspielen konsequent vorgehen“ (http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-1268.pdf) und folglich auch für die Anhörung am Donnerstag, 7. März. Seit diesem Spiel ist von Seiten der Polizei einiges passiert. Es gibt jetzt eine Pufferzone zwischen dem Parkplatz und der Ecke Turm- und Schwimmweg. Dieses neue Konzept ist aber noch nicht erprobt worden, weil noch kein weiteres „Risikospiel“ stattgefunden hat. Das Spiel gegen Hannover war auf der Ampel der Polizei für Spiele auf Gelb gesetzt. Das Revierderby mit Schalke auf Rot. Wenn Dortmund z. B. gegen Freiburg spielt, rechnet niemand mit Problemen.

Das Tor zum Biergarten am Freibad Volkspark wurde kurz geschlossen, als die Ultras aus Hannover vorbeigeführt wurden. Wir hatten die Gelegenheit, mit dem Besitzer des Biergartens zu sprechen. Er erzählte, dass es oft zu Randale komme, was natürlich seinem Geschäft schade. Den Schwimmweg bezeichnet er als Nadelöhr. Hier sollten gar keine Auswärtsfans mehr vorbeigeschleust werden. Bemerkenswert fand ich, das der Besitzer meinte, das er erst seit wenigen Wochen Gesprächspartner findet, denen er seine Erfahrungen mitteilen kann. In den letzten Jahren hat sich niemand darum gekümmert…

Durch den Biergarten hindurch machten wir uns auf den Weg zum Nordeingang, um die Befehlsstelle der Polizei im Stadion und die Gefangenensammelstelle zu sehen. In der Befehlsstelle erzählte uns der Einsatzleiter, dass es in der Stadt zu Schwierigkeiten gekommen war, weil Ultras eine Sitzblockade gemacht hatten. Ich konnte nicht herausfinden, was der Grund für „The Unity – Supporters Dortmund e.V.“ war, zu protestieren. Die Sitzblockade war aber wohl nach rund 15 Minuten beendet. Für mich war die Befehlsstelle natürlich vor allem aufgrund der Videotechnik interessant, weil ich seit Jahren gegen die Allgegenwart und den Missbrauch von Überwachungstechnologie politisch aktiv und leidenschaftlicher Daten- und Privatsphärenschützer bin. Neben ca. 34 sogenannten Dome-Kameras, die im und um das ganze Stadion verteilt sind, hat man in Dortmund auch drei Panomera-Kameras installiert. Zwei Kameras haben die ganze Südtribüne im Blick, eine zeichnet den Gästeblock auf. Diese Panomera-Kameras bestehen eigentlich aus zwölf einzelnen hochauflösenden Kameras, die neben und übereinander in einem einzigen Gehäuse verbaut sind.

So bekommt man auf dem Computer ein sehr hoch auflösendes Bild, in das man im Nachhinein noch zoomen und so einzelne Fans einigermaßen erkennen kann. Die Fotos von Einzelnen sollen auch auf die Handys der Beamten im Stadion geleitet werden können. Der Einsatzleiter konnte uns nicht genau erklären, wann die Aufzeichnungen gelöscht werden. Er meinte dann aber, dass spätestens zum nächsten Spiel die Festplatten, auf denen aufgezeichnet würde, überspielt würden.

An dieser Stelle vielen Dank an den Einsatzleiter dafür, dass wir die Möglichkeit hatten, uns die Befehlsstelle anzuschauen. Als letzten Punkt schauten wir uns dann noch die Gefangenensammelstelle an. Es gab zwei Zellen für Fans, die aus „polizeilichen Gründen“ das Spiel nicht mehr besuchen dürfen. Sie sind ausgestattet mit einer harten Bank, Kacheln und Kameras.

Später während des Spiels zündeten Hannoveraner Fans Pyrotechnik. Die Polizei und auch die Ordner holten aber niemanden aus der Kurve. Auch nach dem Spiel wurde niemand festgehalten. In der Polizeipresse Dortmund hieß es aber später, dass „16 Strafanzeigen, insbesondere wegen Pyrotechnik, aufgenommen wurden“. Wir hatten noch gefragt, ob wir uns die Bilder der Kameras zu den Pyro-Technik-Vorfällen angucken könnten, aber soweit wollte man dann doch nicht gehen 😉 Nach dem Spiel sind wir gemeinsam mit den Fans aus Hannover völlig friedlich zur U-Bahn-Haltestelle gegangen. Dortmund hat übrigens schön gespielt und solide gewonnen, so wie beim Spiel gegen Frankfurt auch schon. Ich frage mich, ob ich jetzt als Glücksbringer zu jedem Spiel anreisen sollte.

Bei Herrn Baffa-Scenilli möchte ich mich sehr herzlich dafür  bedanken, dass er so geduldig alle Fragen beantwortet und meine Mitarbeiterin und mich sehr gut durch den Tag geführt hat. Die Gespräche und Diskussion mit ihm waren sehr anregend. Natürlich auch ein Dankeschön an die Dortmunder Polizei und den Einsatzleiter, die uns diesen Besuch ermöglicht haben.

Kurz möchte ich jetzt noch mal an unser Fanhearing morgen, 6. März, um 18 Uhr und die Anhörung am Donnerstag, 7. März, um 10 Uhr (http://bit.ly/YFCGFp) erinnern. Ich freue mich, wenn ihr an beidem teilnehmt. Für die Fanhearing-Anmeldung ist meine persönliche Mitarbeiterin Marie Kuster zuständig. Schreibt ihr bitte eine E-Mail an marie.kuster@landtag.nrw.de, wenn ihr kommen wollt.

Die Anhörung des Landtags am Donnerstag wird live im Stream auf www.landtag.nrw.de übertragen. Hier habe ich die Links zu den Stellungnahmen zusammengestellt:

DFLhttp://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST16-575.pdf

KOS http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST16-573.pdf

ZIS http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST16-571.pdf

1. FC Köln (Herr Mendel) http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST16-569.pdf

Prof. Feltes’ Stellungnahme http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST16-551.pdf

Dr. Kleier http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST16-567.pdf

Bierholz http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST16-564.pdf

DPolG http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST16-555.pdf

 

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